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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Geruch der feuchten Erde, den trockenen, herben Atem der Bäume, die bleibende salzige Wärme des Windes, der nach Westen hin über die Ebene strich und kleine, flache Wellenkämme auf die ansonsten glatte Wasseroberfläche zeichnete. Sie erhob sich auf Hände und Knie, versuchte sich im Wasser zu sehen, doch der Wind und die Strömung und das Glitzern des Sonnenlichts verhinderten dies. Sie lachte wieder, ein übermütiges Kichern, so lebendig und plätschernd wie das Wasser, das an ihr vor
    überzog. Sie griff hinab, wischte mit den Fingern durch das Wasser, schöpfte eine Handvoll hoch, ließ es in einer silbernen Kaskade wieder fallen, wieder und immer wieder; schließlich wischte sie die Hand an ihren Beinkleidern trocken, hob den Jackenrand an, und zog die Augenbrauen zusammen, als sie das ordentlich geflochtene Lendentuch sah. Der obere Teil der Beinkleider war mit flachen, glatten Knoten am Ledergürtel befestigt, der auch das Lendentuch hielt. Sie strich die Jacke wieder glatt, krümmte das rechte Bein, inspizierte die Sandale, befühlte die Verschnürung und streckte das Bein wieder aus. Dann kratzte sie mit einem Fingernagel über die dünne Moosschicht auf dem Felsen, schnupperte an ihrem Finger, zog einen Grashalm heran und stocherte die grüne Schmierschicht unter dem Nagel hervor. Sie lächelte. Warf den Kopf zurück. Lachte beim Klappern der Perlen. Schüttelte den Kopf, bis die dünnen Zöpfe tanzten und die Holzperlen wie Regentropfen auf einem Dach prasselten, wobei ihr Kichern zu kleinen Dreiklängen von Glucksen abnahm. Sie fuhr herum, zog die Beine an und schlang die dünnen Arme darum. „Oh, ich bin wie betrunken davon, Lee. Betrunken. So betrunken. All diese Düfte und Klänge und Gefühle und - oh, so viel von allem. Es ist ein wunderbarer, ein herrlicher Körper. Er singt.”
    Und sie schüttelte wieder den Kopf und mußte beim Klang der Perlen abermals lachen. Dann hob sie die Hände und preßte die Fingerrücken auf die Augen. „Ich bin müde.”
    „Ereignisreicher Tag. Wie geht’s dir jetzt?”
    Shadith gähnte und wirkte plötzlich verblüfft. „Ich habe Hunger.”
    Aleytys stieß sich von dem Baum weg. „Hab’ nichts gejagt, wie du weißt. Wir werden uns ein paar Fische fangen müssen. Übernimmst du das, während ich das Feuer in Gang bringe?”
    Shadith gähnte und nickte.
    Aleytys befaßte sich mit dem Bündel. „Ich glaube, ich werde alle diese Sachen auf die Satteltaschen verteilen. Die Waffen und alles, was wir sonst noch nicht brauchen, können wir ja aussondern. Aber das später.” Sie holte die zerlegte Angelrute heraus, kramte nach der Schnur und dem Päckchen mit den Haken. „Überhaupt nichts übriggeblieben von dem Mädchen?”
    „Das hast du schon Swardheld gefragt. Ziemlich ähnlich. Ich erinnere mich noch gut daran.” Shadiths Stimme klang schläfrig, ein wenig schleppend, manche Worte wie nachgezogen. Aleytys musterte sie besorgt, runzelte die Stirn. Sie hatte die Arme über den Knien verschränkt, ihre Augenlider flatterten, als sie auf das Geflecht aus Licht und Schatten starrte, das rings um die Baumstämme des Hains gezeichnet war. „Ein paar Gewohnheiten… glaube ich… weiß nicht… habe ihre Sprache von dir übernommen …
    bevor du mich transferiert hast… Ich glaube… keine Erinnerungen
    … keine …”
    „Shadith?” Aleytys ließ die Rute fallen und lief zu ihr. Shadith kippte einfach zur Seite weg. „Harskari, hilf mir!”
    Die bernsteinfarbenen Augen öffneten sich, und Aleytys hob Shadiths Kopf, preßte beide Handflächen fest gegen die zarten Vertiefungen an ihren Schläfen. Sie spürte das unbehagliche Le-bensflackern in der Körperhülle unter ihren Fingern und griff voller Angst nach der Kraft, um dieses Leben abzudämmen. Harskari unterstützte sie, half, diese Energie zu bilden, und sie schüttelte Shadith, riß sie in eine Art Wachsein zurück und kanalisierte ihre Lebenskraft in ihren Körper.
    Allmählich erwachte das Shadith-Ego aus der Lethargie und gewann wieder die Oberhand. Der Körper schien sie zu bekämpfen, sie und Aleytys, versuchte, den neuen Bewohner abzustoßen.
    Jähe Schmerzstöße blitzten auf, die junge Haut glänzte schweißnaß, wie im Fieber - ein Fieber, das Aleytys’ Hände verbrannte der Körper verkrümmte sich, und obgleich Aleytys bei weitem die Stärkere war, konnte sie von Glück reden, daß sie nicht verletzt wurde. Ringsum wurden die Schatten tiefer; die Nacht kam.
    Der Wind versiegte. Die

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