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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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eingesperrt und betäubt gehalten wurden. „Siehst du es auch?” murmelte sie und zuckte zusammen, als die junge Juli sie kniff.
    „Ja!” erwiderte Harskari, und ihre goldenen Augen waren verengt. „Der einzige Weg, wenn es brenzlig wird.”
    „Ich halte mich bereit, die Ranke zu betäuben. Deckst du meinen Rückzug?”
    „Wenn ich kann. Dieses Kind hat eine erstaunliche Wahrnehmung. Noch nie bin ich einem so sensitiven Menschen begegnet; noch nie konnte jemand meine Präsenz entdecken.” Harskari schwieg einen Moment, grübelte. „Erledige sie zuerst - und schnell.”
    „Und ob ich das werde.”
    Aleytys senkte den Kopf und starrte die in der Mitte befindliche Mittlerin an, die Jidar Zhntra. Sie hatte die Argumente beider Seiten zusammengefaßt. Als sich Aleytys wieder dem Rhythmus des Lautlosen Gesanges anglich, vernahm sie das Ende einer kleinen und sachlichen Aufzählung der möglichen Alternativen. Bereit, die Geistfesseln im Bruchteil einer Sekunde zu durchbrechen, falls dies nötig werden sollte, drehte Aleytys die linke Hand, um die Fesselranke berühren zu können.
    „Ich vermag keine Mittellösung zu sehen”, sagte die Jidar. „Töten oder Züchten, allein das steht zur Wahl.”
    „Ihr könntet mich einfach gehen lassen”, murmelte Aleytys.
    „Ich bin keine Gefahr für euch, ganz gleich, wie stark ich bin.”
    „Das sehen sie allerdings ein wenig anders”, murmelte Harskari.
    „Dies ist eine Angelegenheit, die nicht in einer einzigen Zusammenkunft zu entscheiden ist”, erklärte die Jidar. „Bald erhebt sich die Herrin am Firmament, und es gibt Pflichten, die vorher getan sein müssen, ganz gleich, wie ihr entscheidet, Zel. Schwestern und Töchter, macht die Runde und sprecht, und im Lichte des Morgens
    - wählt. Töten oder züchten. Jede Linie wird ihre Wahl aussprechen. Bleibt das Gleichgewicht bestehen, wird mein Wort entscheiden. Seht das Es an.” Sie ruckte die Trommel in Aleytys’
    Richtung vor. „Bedenkt die Worte der Miuvit - der Tranjit, der Veril, der Mielil, der Ranjit. Wägt ab und entscheidet. Zel des Centai. Das Ziel. Ah hai”
    „Das Ziel. Ah hai” Die Stimmen brandeten in einem dumpfen Schrei empor.
    Die Menge löste sich auf, und die Tranjit-Wächterinnen packten Aleytys’ Arme und führten sie in ihr Gefängnis zurück. Sie bedeuteten ihr, sich zu setzen. Die ältere Frau zog die Ranke von ihrem Arm und ließ sie wieder um Aleytys’ Fußgelenke kringeln.
    Gleich darauf wurden die Türmatten abermals zurückgeschlagen, und zwei andere Tranjiti betraten den Gefängnisbaum. Sie begrüßten Milice und Juli mit einem Gegeneinanderpreßen der Handflächen, berührten gegenseitig die Stirn der anderen; dann hatten die Neuangekommenen den Lautlosen Gesang ohne Unterbrechung oder falschen Ton aufgenommen. Juli folgte ihrer Gefährtin hinaus, konnte jedoch nicht widerstehen, Aleytys einen letzten Blick zuzuwerfen.
    Als sich die Matten hinter ihr schlossen, beugten sich die Geistformer hinab und streuten runde, bizarre Pilze entlang der Wände dessen aus, was Aleytys als ihre Gefängniszelle betrachtete. Die Pilzklumpen gaben einen kaltes, weißes Licht ab, das nur in unmittelbarer Nähe der Pflanzen wirklich hell war.
    Die Tranjiti ließen sich links und rechts neben dem Durchgang nieder. Sie schienen Zwillinge zu sein, Stimmen und Gesten waren identisch, und auch die vorsichtige Neutralität ihrer Blicke.
    Die Nacht verging langsam. Anfangs waren die Tranjiti so schweigsam wie Aleytys, doch als die Dunkelheit draußen und innerhalb des Gefängnisbaumes dichter wurde (trotz der Leuchtpilze), begannen sie sich zu unterhalten. Aleytys döste. Dann und wann hörte sie ihnen zu.
    Die Tranjit links von der Tür: Wie Feuer, dieses Haar.
    Die Tranjit rechts von der Tür: Feuer. Feuer-Dämonin.
    Links: Vielleicht. Fassa sagte, das Es sei so schwer wie ein einjähriges Inuk.
    Rechts: Sieht nicht so aus.
    Links: Nein. Mager, würde ich sagen (und damit strich sie den groben, weißen Stoff mit einem selbstgefälligen Lächeln über massige Brüste).
    Rechts: Mager.
    Links erhob sich und kam zu Aleytys herüber; sie kauerte sich neben ihr nieder, prüfte den Sitz der Fußfessel, hob mit einem Knurren der Anstrengung Aleytys’ Füße und Beine einen halben Meter vom Boden an, ließ sie fallen; dann piekte sie einen forschenden Zeigefinger in Aleytys’ Oberschenkel und Waden und kehrte zum Türdurchgang zurück - wie gehabt, ohne den lautlosen Gesang zu vernachlässigen.
    Links:

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