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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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erübrigte einen Moment, um das Schicksal zu preisen, das Juli abgelöst hatte.
    Die beiden Tranjiti waren zweifellos geschickte Geistformer doch in diesem speziellen Fall war das Stärke und Schwäche in einem. Wenn alles so lief, wie sie das erwartete, gab es keine Probleme - für niemanden. Geschah etwas Unerwartetes, bedeutete das Panik; eine Entwicklung, die sie genausosehr wie übertriebene Wachsamkeit verdammen würde. Sie können es nicht mit mir aufnehmen, deshalb werden sie alles daransetzen, mich zu töten. Juli war anders; Ihr Können hielt sich in Grenzen, doch ihre rohe Kraft, angestachelt von Haß und Argwohn, machte sie zu einer weitaus gefährlicheren Gegnerin. Aleytys überprüfte die Ladung noch einmal. „Höchste Zeit”, wisperte sie.
    Harskaris Augen blinzelten. „Ende des Besuchs.”
    Aleytys unterdrückte ein Kichern. „Wir wollen ihre Gastfreundschaft nicht überbeanspruchen”, flüsterte sie.
    Harskari griff hinaus, wechselte über auf die Flügel des Gesangs, verzerrte ihn, um die Frauen ruhigzustellen, verhinderte damit, daß sie in Panik gerieten oder um Hilfe riefen, wenn sie Aleytys ungefesselt aufstehen und auf sich zukommen sahen. Es wäre einfacher und sicherer gewesen, hätte Harskari ihnen Aleytys’
    Stasis auferlegen können, doch sie war skeptisch hinsichtlich der Auswirkungen auf die anderen Zel. Nur zu wahrscheinlich wäre das für alle Sensitiven gleichbedeutend gewesen mit einem Warnimpuls; das Resultat wäre ein Konterschlag des gesamten PSI-Pools der Zel gewesen. So verkrümmte sie die Wellenlinien des Lautlosen Gesangs und wiegte die beiden Tranjiti in einen Zustand gleichmütiger Euphorie. Aleytys richtete sich auf. Tief in sich spürte sie Harskaris Zufriedenheit. „Ja, Mama, du hast es gut gemacht”, lobte sie und grinste, als sie Harskaris Schnauben vernahm. Die beiden Zel beobachteten verträumt, wie sie sich über sie beugte.
    Sie legte ihre Fingerspitzen auf ihre Schläfen und betäubte zuerst die eine, dann die andere. Die Klammer um ihren Geist verschwand. FREI, dachte sie. Endlich! Aber sie wußte, noch gab es nicht allzuviel Grund, sich dieser Freiheit zu erfreuen. Sie blockte ihre Geistimpulse eisern ab.
    Behutsam schob sie die Türmatten beiseite. Die Lampen waren dunkel, die mit Ranken überwachsene Lichtung lag in vollkommener Schwärze. Aleytys’ Sensoren reagierten nicht. Da war niemand, keine zusätzliche Wache. Angespannt, ängstlich überquerte sie die Lichtung, schlängelte sich an den ersten Bäumen vorbei, huschte nach Norden, immer nach Norden, so gut ihr dies möglich war. Im Norden lag die große Hecke. Das Tor. Die Nacht war still und kühl hier unten, zwischen den Bäumen; die Luft umschmeichelte sie mit einem sanften Liebkosen. Die ganze Insel wirkte wie ausgestorben.
    Eine jähe Atemexplosion, zwei recht kleine Hände, die sich um ihre Arme klammerten, sie herumrissen. „Dämonenbrut!” kreischte Juli sie an. „Was hast du mit ihr gemacht?” Noch während sie dies hinausschleuderte, schmetterte sie den anderen Zel einen Geistalarm zu. „Was hast du mit meiner Laska gemacht?”
    Aleytys riß sich los; ihre Handkante flog hoch, traf Julis Stirn.
    Sie löste den Betäuber aus.
    Rufe im Dunkel, Rascheln, Knacken, unsichtbare Zel, die sich hastig voranbewegen, eine Hitze, die sich rings um sie her sammelt; der PSI-Pool wird aktiviert.
    Sie setzt mit einem geschmeidigen Sprung über Julis Körper hinweg, rennt zu der Tor-Barriere, zu der großen Hecke, taucht in freies Gelände hinaus, und der helle Glanz der Sterne und das Licht des zunehmenden Mondes durchdringen das Gewirr der Blätter hoch droben und verwandeln die Stämme in monströse Schatten.
    Der Weg zwischen den Stämmen ist frei. Aleytys jagt mit großen Sätzen voran, flankt über einen Pfostenzaun, stolpert. Ein erster Pfeil sirrt an ihrer Schulter vorbei. Sie fängt sich ab, bewahrt das Gleichgewicht, duckt sich tief vornüber und hetzt weiter. Weicht einem aufgeschreckt losjaulenden Tier aus. Wenig mehr als eine Schattengestalt. Weitere Pfeile prasseln ringsum herab. Knapp verfehlt - sehr knapp. Sie stürmt weiter. Sie blickt nicht zurück. Es sind jetzt Zel hinter ihr, und immer mehr strömen hinzu. Der PSI-Pool erwacht zu brodelndem Leben, zu hektisch pumpendem Rhythmus, ein wilder Takt, der ihren Geist verwirrt.
    Die große Hecke ragt vor ihr auf. Die Bäume der Wächter sind darin geborgen. Aleytys federt hoch, greift den nächsterreichbaren Ast, zieht sich mit einem

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