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Die Fallen von Ibex

Die Fallen von Ibex

Titel: Die Fallen von Ibex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Lippen waren verschwollen, die Augen ebenfalls; er war ein zerschlagenes, stöhnendes Bündel Mensch und zerrte nur mehr schwach an den Riemen.
    Seine Hand- und Fußgelenke waren wund, purpurn angeschwollen, blutverkrustet.
    Shadith brachte ihre Lippen ganz nahe an Aleytys Ohr heran, flüsterte: „Ich hole den Bogen.” Sie schlängelte sich weg, bewegte sich mit geschmeidiger Leichtigkeit, und die Stimme des Sturmes war weiterhin laut genug, um jedes zufällig verursachte lautere Geräusch zu tilgen. Dennoch paßte sie auf und hielt den Kopf so tief wie möglich unten. Der Wind schüttelte das Gestrüpp über Aleytys, ließ es knarren, ächzen, schaudern, aber die dichten, kleinen Blätter hielten den prasselnden Regen dennoch ab, und so kam es. daß sie einigermaßen trocken blieb. Ein Blitz zuckte plötzlich herab, und der darauffolgende Donnerschlag war so nah, daß die Szenerie übergangslos ausgelöscht schien. Aleytys preßte die Augen zu. Sobald sie die purpurnen Flecken weggeblinzelt hatte, sah sie, daß sich die Foltergrube bereits mit Wasser füllte. Der kleine Mann schrie, bäumte sich gegen die Gurte auf; er begriff jetzt, was mit ihm geschehen sollte. Wasser plätscherte rings um ihn her.
    Er stieß reingeistige Schreie der Wut und des Schmerzes aus, forderte - ja, forderte - Hilfe. Sie bemühte sich, standzuhalten - und bewegte sich dennoch (ohne nachzudenken) mit einer solchen Heftigkeit, daß das sie umgebende Gestrüpp in raschelnden Aufruhr geriet, und dies laut genug, um selbst das Wüten des Sturmes zu übertönen.
    Die Ausgestoßenen rissen ihre Speere hoch und wankten in einem bizarren Laufen los - überquerten die Lichtung und hielten geradewegs auf sie zu.
    Aleytys richtete sich auf, tauchte aus dem Gestrüpp auf. Der erste Speer sauste heran. Sie riß den Kampfstock hoch, rammte den Speer beiseite, rannte geduckt los, dem Anführer der Ausgestoßenen entgegen. Sie war weit schneller als die verstümmelten Grotesken, und sie entging ihrer Umzingelung mit Leichtigkeit.
    Der Mutant griff an. Sie tauchte zur Seite weg, fintierte mit dem stumpfen Ende des Kampfstocks - stieß ihn dorthin, wo sie sein Zwechfell vermutete, und wirbelte den Stock herum und hoch, als er sich duckte und zurückzuweichen versuchte. Sie erwischte ihn an der Schläfe seines winzigen, kugelförmigen Schädels. Die anderen drangen auf sie ein, Speerspitzen zuckten heran. Sie wich aus, zog sich zurück, blieb stehen, pendelte den Oberkörper aus, bereit, bei der geringsten Bewegung ihrer Gegner zu reagieren; nichts geschah, dann rückten sie vor, behutsam. Sie lächelte schmal, tastete sich genauso behutsam von ihnen weg, umrundete sie ihrerseits in einem lauernden Kreis, wobei sie den Stock sorgfältig ausgewogen hielt. Der nächste Angriff. Der Speer zuckte vor -und wurde beiseite geschlagen, Holz prallte gegen Holz, und als schien dies eine Art Zeichen zu sein, stießen jetzt auch die anderen Speere vor. Sie wehrte sie ab, die Echos des ungleichen Kampfes hallten in Sturm und Regen wider, eine bizarre Musik, so verführerisch, daß sich ihr aller Bewegungen unwillkürlich daran anglichen. Sie hütete sich, den Speerspitzen zu nahe zu kommen. Zu freizügig ging man auf dieser Welt mit Giften aller Art um.
    Ein Pfeil sirrte aus dem Gestrüpp heran, verfehlte einen der Ausgestoßenen um Haaresbreite. Die Kreatur heulte auf und fuhr herum, die Speerhand hob sich, ruckte nach hinten. Ein zweiter Pfeil erwischte ihn an der Schulter, und er brach in die Knie; Schaum spritzte aus einem sich gummihaft bewegenden Mund.
    Aleytys rammte ihm den Speer mit ihrem Kampfstock aus der Hand, wirbelte den Stock herum und stieß der verblüfften Kreatur die metallumhüllte Spitze mit einer solchen Gewalt in den Bauch, daß sie zurückgeschleudert wurde und gegen seinen letzten noch lebenden Gefährten prallte. Sie sprang über die sich windenden Körper hinweg und trat zu. Der Kopf des Wesens wurde zurückgeworfen. Sein Quäken verstummte, der Körper wurde schlaff. Aleytys richtete sich auf, ließ den Kampfstock achtlos fallen und wandte sich Shadith zu. Wie unter einem Zwang wischte sie immer wieder die Hände ab. „Sammle die Pfeile ein.”
    Shadith musterte sie verblüfft. „Was ist in dich gefahren?” Mit einem leisen Knurrlaut spannte sie die Bogensehne ab und schob die Waffe in die an ihren Beinkleidern vorgesehene Lasche.
    Aleytys zuckte mit den Schultern. Sie sah auf ihre Hände hinab, rieb mit dem Daumen der linken Hand über

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