Die falsche Braut für Ewan? (German Edition)
normalerweise hätte sie auch ein einfacheres Kleid gewählt. Die Armbänder waren schwer vor Diamanten und Perlen und unangenehm zu tragen. Und das Gewicht der Ohrringe forderte schon jetzt die Enge des Korsetts zu einem Wettkampf heraus, was ihr die größte Unbequemlichkeit bescheren würde. Sie hoffte, dass Tessa die Opfer, die Claire für sie brachte, eines Tages zu schätzen wissen würde!
Sie hatte auch nicht so wenig Geschmack, dass sie Williams' Meinung über die Kette und die Ohrringe infrage stellte. Aber ihr Grund, diese Schmuckstücke zu tragen, war nicht, um ihre eigene fragwürdige Schönheit zu steigern, sondern um ihren unbestrittenen Reichtum zur Schau zu stellen.
"Ich weiß deine Anteilnahme und deine Vorschläge zu schätzen, Williams." Claire erhob sich von der Frisierkommode. "Aber ich habe so selten Gelegenheit, meinen Schmuck zu tragen, dass ich es hasse, auch nur eine auszulassen."
"Ich verstehe, Miss." Das walisische Mädchen knickste. Diener wussten, dass es nicht gut war, ihren Herrschaften zu widersprechen, egal welche Dummheiten sie begingen.
Claire streckte die Hand aus. "Wenn ich jetzt bitte meinen Fächer haben könnte?"
Auch der war ein teures Stück. Jede zarte Elfenbeinlamelle war kunstvoll im gleichen Muster geschnitzt. Und der Fächer würde möglicherweise noch einen anderen Zweck erfüllen, als nur Ewan Geddes den ganzen Umfang ihres Reichtums bewusst zu machen.
"Bitte schön, Miss."
Claire öffnete den Fächer und wedelte probeweise damit, um die kribbelnde Hitze zu vertreiben, die sie jedes Mal überkam, wenn sie darüber nachdachte, was sie gleich tun würde.
6. Kapitel
Verdammt noch mal, er würde zu spät kommen! Und zwar nicht nur das akzeptable Viertelstündchen.
Ewan rannte die Treppe zum Korridor mit halsbrecherischer Geschwindigkeit hinunter, zog dabei seine Taschenuhr hervor und starrte auf das glatte Ziffernblatt, das irgendwie vorwurfsvoll wirkte.
"Schon nach sieben", murmelte er, "und ich muss mich noch umziehen!"
Wenigstens war Lady Lydiard nicht an Bord. Aber Claire Talbot wirkte ebenfalls so, als wüsste sie Pünktlichkeit zu schätzen. War er ein Narr, wenn er glaubte, auch nur die geringste Chance zu haben, einen guten Eindruck auf sie zu machen, ganz egal wie vorbildlich er sich auf der Reise benahm?
Als er sich an ihr plötzlich kühles Verhalten ihm gegenüber erinnerte und daran, was für eine schöne Zeit er auf Deck mit der Crew der Marlet verbracht hatte, fragte er sich, ob er sich in Miss Talbots Welt je wohl fühlen würde. Und ob er das überhaupt wollte.
Er stolperte auf den letzten Stufen, schaffte es jedoch noch, die paar Schritte bis zu seiner Kabine zu wanken. Er riss die Tür auf und taumelte hinein, wobei er seinen Fuß mit großer Wucht gegen einen der Bettpfosten rammte. Vor Schmerz und Wut darüber, dass er nicht aufgepasst hatte, wo er hinlief, brüllte er laut auf und hüpfte auf seinem heilen Fuß durch den Raum, wobei er eine Litanei unanständiger gälischer Flüche ausstieß, die er in seiner Jugend von Fergus Gowrie, dem Wildhüter auf Strathandrew, gelernt hatte.
Ewan war sich nicht darüber im Klaren gewesen, dass seine Kabinentür noch offen stand, bis er ein hohes Kichern hörte. Er blickte auf und sah, wie ein winziges dunkelhaariges Mädchen vorbeilief, das im vergeblichen Versuch, seine Heiterkeit zu unterdrücken, eine Hand auf den Mund presste. Wer auch immer sie war, Ewan hatte keinen Zweifel, dass sie jeden groben Fluch verstanden hatte, der ihm über die Lippen gekommen war.
Würde sie das alles vor Claire Talbot wiederholen? Ewan knallte die Kabinentür zu und begann, sich das Hemd vom Leib zu reißen, wobei er einen Knopf abriss.
Als es an der Tür klopfte, bellte er: "Was willst du? Sag Miss Talbot, ich komme gleich!"
Die Tür öffnete sich und Jockie streckte den Kopf herein. "Ich bin's nur, und ich habe eine Kanne mit heißem Wasser dabei, falls du dich waschen möchtest?"
"Ich schätze, das könnte ich gebrauchen …", Ewan nickte zum Waschtisch, "… aber es muss schnell gehen."
"Kann ich dir helfen?" fragte Jock, als er das dampfende Wasser in die Schüssel goss.
Sich von einem seiner alten Kumpel bedienen lassen? Der Gedanke ließ Ewan zusammenzucken, auch wenn er mit etwas Hilfe vermutlich schneller fertig werden würde.
"Mach dir keine Mühe, Bursche." Er durchwühlte seinen Kleiderschrank nach einem sauberen Hemd und zog das erste an, das ihm in die Hände fiel. "Ich bin es gewohnt,
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