Die falsche Frau
kleinkriegen«, erklärte Marian. »Und er hat uns erzählt, dass da neuerdings ein gewisser François Satek mitmischt.«
»Sie meinen, die ganze Aktion am Mexikoplatz diente nur dazu, François hochgehen zu lassen?«
»Genau, das war alles minutiös geplant«, sagte Marian.
Der Fettsack sah sie fragend an.
»Nun machen Sie doch nicht so ein Gesicht, Schätzchen.«
Dann wollte er sie betatschen.
»Finger weg!«
Vera starrte auf den Monitor. Das Orchester verbeugte sich schon zum dritten Mal, der Fette hatte sie inzwischen bei der Hand genommen.
»Ich dachte, dass François wichtig für ORTIS ist.«
»Was dann aber nicht gestimmt hat«, ergänzte Vera. »Ich sagte Finger weg!«
Marian grinste.
»Langsam kommen Sie auf den richtigen Trichter, Kleine. ORTIS hatte in der letzten Zeit öfter Probleme, die wollten keinen Chef akzeptieren und ihr eigenes Ding machen. Katzan hat behauptet, dass François den Laden managen wollte und dass die Leute ihn mochten.«
Marian legte eine Pause ein und glotzte sie mit Riesenaugen an.
»Anstatt mir den echten ORTIS-Händler auszuliefern, hat Katzan mir diesen Satek unter die Nase gerieben. Katzan ist ein Psychopath! Ein Mörder!«
Vera war perplex.
»Was, glauben Sie, steckte dahinter?«
»Frauen natürlich. Eifersucht, Neid«, sagte Marian. »Katzan nimmt sich alle Weiber vor, die auf François scharf sind und lässt sie dann hops gehen. Wer weiß, meine Kleine, vielleicht sind Sie ja die nächste?«
»Äußerst interessant«, sagte Vera. »Wenn Sie nicht sofort meine Hand loslassen …!«
Der Mann lockerte seinen Griff.
» … dann mach ich …«
»Na?«
»Ach«, sagte sie.
»Eben«, sagte Marian und ließ ihre Hand los.
»Eifersucht ist ein starkes Motiv«, sagte Marian. »Katzan war doch an diesem Abend mit meinem Sohn im Hotel Orient verabredet. Der muss auf Hundertachtzig gewesen sein, als er François mit Irene zusammen gesehen hat. Stellen Sie sich das mal vor. Die sind aufs Zimmer, während sich die kleine Französin, auf die er seit Monaten heiß war, bei ihm zu Hause die Augen ausgeheult hat.«
»Welche kleine Französin?«
Marian machte ein gelangweiltes Gesicht. »Die Französin ist unwichtig.«
»Meine Tochter«, sagte er. »Und mein Sohn und seine Mitarbeiter werden von der Polizei gesucht.«
Zum Glück hatte das Boxergesicht inzwischen wieder seinen Kopf durch die Tür gesteckt und der Heuchelei ein Ende gemacht.
Marian setzte schlagartig ein blasiertes Grinsen auf.
»Noch zwölf Minuten bis zu ihrem nächsten Auftritt«, sagte das Boxergesicht.
Die Tür fiel wieder ins Schloss. Marian streckte wichtig seine Hand aus, als würde ein Handschlag von ihm ein Vermögen wert sein.
»Vera«, sagte er mit betroffener Stimme. »Sie sollten Ihren Freund verständigen.«
»Welchen Freund?«, dachte Vera laut.
»François Satek.«
»Woher wusste er … er konnte doch nicht wissen, dass …«
»Ich sagte doch: Satek ist gelinkt worden, Schätzchen, und ich bin sicher, er wird sich rächen. Nun gucken Sie doch nicht wieder so! Satek wird uns den Mörder schon liefern. Wenn Sie mich fragen …«
»Ich frag aber nicht«, sagte Vera pampig und flitzte raus auf die Toilette.
Dann schaltete ihr Hirn auf Kino um. Das war ja richtig Hollywood. Marian, der Boss der Mafia, hatte sie herbestellt, ihr einen Drink in die Hand gedrückt und sie in seine schräge Familientragödie eingeweiht.
Vera zog ihre Puderdose raus und fing an, ihre Nase zu bearbeiten.
Das mit Irene war komisch. Seine Tochter, eine Hure, die für ihren eigenen Vater arbeitet? Was bedeutete das? Den Eindruck eines besorgten Paschas machte Marian jedenfalls nicht gerade. Irene war ihm doch vollkommen schnuppe. Der hatte bloß Angst um seine Kohle und war hinter Katzan her.
Vera klappte die Dose wieder zu. Dann zückte sie ihr Handy. François ist da in was reingeschliddert, dachte sie, und tippte hektisch seine Nummer ein.
33
E IN S CHLAG .
Rieseln wie von feinen Sandkörnern.
Noch ein Schlag.
Dann fiel die Tür hinter ihm ins Schloss, und das eindringliche Rieseln wurde lauter.
Blaue Spots auf leeren Tasten. Ein Mann bearbeitete mit zwei Schlägeln eine Trommel.
François blieb auf der Stelle stehen.
Zu viel Bier und zu viele Zigaretten. Danach vier Tassen Espresso im Café Drechsler. Langsam begann er wieder klar zu sehen. Er war im Porgy. Vera wollte was von ihm.
Ein Klavierspieler mit einem Vogelgesicht hatte sich inzwischen auf die Bühne geschlichen und seinem Instrument
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