Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
Vom Netzwerk:
ein paar traurige Töne entlockt. Ein Scheinwerfer schoss rotes Licht auf die Bühne. Eine dunkle Schönheit stieg aus künstlichem Nebel auf und stellte sich mitten ins Rot.
    Vera? So hatte er sie bisher noch nie gesehen. Dieses absichtlich oder unabsichtlich aufblitzende Stumpfband an ihrem Oberschenkel, ein Stück ihrer dunklen, wie nass glitzernden Haut. Der untere Teil ihres Gesichtes war finster, der obere hell.
    The look … of love …is in …your eyes.
    Er fühlte sich getroffen und hätte sie am liebsten geschüttelt. Für das Wort Liebe, an das er kaum gewagt hatte zu denken seit Claire. Augen. Töne. Wieder Augen. Die eindringliche Melodie, die sie mit rauer, tiefer Stimme sang und die ihn an etwas erinnerte, das er so nicht mehr wissen wollte.
    Don’t ever go … I love you so.
    Claire kam zurück, und mit ihr der Streit, in dem sie auseinandergegangen waren.
    Danach Katzan.
    »Du hast dir doch längst eine Neue besorgt. Komm schon. Ich kenn dich. Ich weiß alles«, hatte Katzan gesagt, später, im Café Charly.
     
    Applaus!
    François, verdammt sentimental geworden, torkelte hinter die Bühne, um Vera für dieses Lied zu danken. Normalerweise war das gar nicht seine Art, und er war sich nicht mal sicher, ob er nicht wegen etwas ganz anderem gekommen war. Vielleicht weil sie ihm fremd war und mit keiner der Frauen, die er gekannt hatte, vergleichbar war und es auch mit keiner aufnehmen konnte.
    Sie verbeugte sich. Einmal, zweimal, dann sah sie zur Seite und lief auf ihn zu.
    Noch bevor er wusste, wie ihm geschah, schlang sie ihre Arme um seinen Hals.
    Wie betäubt schloss er seine Augen.
    »Was soll ich hier?«
    Der Restalkohol schwappte durch seinen Kreislauf.
    Die Frau vertraute ihm, sie schien sich regelrecht Sorgen um ihn zu machen, so fest hielt sie ihn.
    »Du musst Katzan finden«, sagte sie, aber es hörte sich genaugenommen mehr an wie: »Schläfst du mit mir?«
    Diese Mischung aus geil und fürsorglich war fatal.
    »Versprichst du mir das?«
    Er legte seine Hände auf ihren Hintern. Ein anderes Kompliment konnte er ihr nicht machen.
    »Dieses Abenteuer in deinem Kopf ist nichts als ein großes, schwarzes Loch«, sagte sie. Dabei hatte sie sein rechtes Ohrläppchen zwischen die Zähne genommen.
    »Was für ein Abenteuer?«
    Sie ließ sein Ohr los.
    »Marian hält deinen Freund für einen Verräter«, sagte sie trocken, »für einen Psychopathen, der dich aus dem Weg schaffen will.«
    »Ist mir neu«, sagte François und lächelte. »Erzähl mal.«
    Vera erzählte.
    Er hatte Mühe, ihr nicht ins Wort zu fallen, so unglaublich kam ihm vor, was sie sagte.
    »Tiens, bien fou! Das ist doch vollkommen hirnrissig«, sagte er und hatte seine Zweifel, ob nicht doch was dran war. »Warum sollte Katzan ausgerechnet mich ans Messer liefern?«
    Vera zuckte mit den Schultern.
    »Neid, Eifersucht, Rache? Überleg mal. Vielleicht war da was zwischen euch, und der Typ hat nur darauf gelauert, dir eins auszuwischen.«
    »Blödsinn. Weißt du überhaupt, was du da sagst?«
    François sah zu Boden.
    Zigarettenkippen, Papierfetzen, Bierdeckel.
    Was sollte er dieser Frau sagen? Lass mich, geh weg, misch dich nicht ein? Dafür war es zu spät.
    »Komm, gehen wir woanders hin«, sagte er und bemerkte, dass er immer noch auf wackligen Beinen stand. Dieses blöde Lied kreiste in seinem Hirn. Immer dieselbe Zeile.
    Don’t ever go … I love you so.
    Das Lied kannte er doch aus dem Lager? Nicht gerade die Art von Musik, die er mochte.
    Er zerrte sie an die Theke und bestellte zwei Cola. Dann erzählte er von den Einsätzen, davon, ein Leben lang an fremden Orten aufgewacht zu sein, alle gleich.
    Don’t ever go.
    Davon, wie Kugeln in den Sand schlugen, in Metall, Stoff, Fleisch, Haut. Von monotonen Schreien, die ihm immer noch wie Peitschenhiebe in den Ohren klangen.
    I love you so.
    Aber auch vom Wüstenwind und dem Glitzern der Salzkristalle auf seiner Haut, von der sengenden Sonne. Dienst am Horn von Afrika, nicht weit von Dschibuti. Training für den Einsatz, der irgendwann irgendwo stattfindet.
    »Wir waren überall Fremde. Niemand von uns hätte den anderen ins offene Messer rennen lassen. Wir sind Brüder«, sagte François leise. »Katzan und ich.«
    Dann betete er die Gesetze der Legion runter wie andere das Vaterunser. »Jeder Legionär ist dein Waffenbruder, gleich welcher Nationalität, Rasse oder Religion. Du bezeugst ihm engste Verbundenheit, so als wäre er … als wäre er … als wäre er … dein

Weitere Kostenlose Bücher