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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Mackowski
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der Zunge.
    Und wenn schon.
    Das rechtfertigte doch keinen Mord. Warum sollte ausgerechnet Katzan wegen dieser Sache zum Mörder geworden sein, zum Doppelmörder sogar?
    Ein Katz-und-Maus-Spiel also, eine durch und durch geplante Demütigung. Aus Eifersucht? Aus Neid? Die Zeiten hatten sich eben geändert, dachte François.
    Sie waren nicht mehr dieselben Brüder, die alles teilten, manchmal sogar Frauen, mit denen sie es gelegentlich auch zu dritt getrieben hatten.
     
    François wusste nicht, wo Katzan in Wien untergekommen war. Sein einziger Anhaltspunkt war das kleine Haus im zweiten Bezirk, in dem früher seine Mutter gelebt hatte.
    Bis zu Katzan in die Stadionallee brauchte er genau zehn Minuten. Dann stand er vor einem grobmaschigen Zaun. Dahinter das alte abweisende Haus mit der grünen Fassade. Zuerst lauschte er nur dem Wind. Die Gegend war schon immer einsam gewesen. Keine richtige Wohngegend, eher so was wie eine Schrebergartensiedlung am Rande einer Straße, die wenig befahren war.
    François ging zur Tür und läutete. Nichts rührte sich. Er läutete noch mal. Wieder nichts. Dann legte er sein Ohr an die Tür und bemerkte, dass sie nur angelehnt war, und trat ein.
    Er stand in diesem Flur. Ein langer Schlauch, der nach hinten hin heller wurde und in einen offenen Raum ohne Decke mündete. Sollte er Licht machen? François ging ein paar Schritte und blieb abrupt stehen.
    »Katzan?«
    Keine Antwort.
    Wenigstens seine Mutter musste doch da sein.
    Sein Herz schlug Alarm.
    Im trüben Schein des Dachfensters glaubte er eine Gestalt zu erkennen, die lautlos eine schmale Stiege hinaufkroch. François schlich weiter, die Augen auf den Lichtstrahl gerichtet.
    »He!«
    Noch ehe er bei der Stiege war, war die Gestalt wieder verschwunden.
    François schüttelte den Kopf. Was war nur aus ihm geworden? Ein Angsthase, der sich vor einem Schatten fürchtete? Er würde noch in einem dieser Krüppelheime für Exlegionäre enden und den Rest seiner Zeit in einem Zimmer mit Kanarienvogel verbringen.
    Wütend zog er den Parka aus und warf ihn in eine Ecke. Früher, mit dem Geschmack von Blut im Mund, war das Leben einfacher.
    Befehle geben. Befehle ausführen. Aber jetzt?
    François atmete so vorsichtig, als könnte er Stille und Dunkelheit in seine Lungen bekommen und daran ersticken. Dann ging er zwei Schritte weiter und sah sich um. Da war nichts. Nur dieses Scheppern, das ihn plötzlich erschreckte. Sein Fuß war doch an ein Ding angestoßen? Was war das?
    François zündete sein Feuerzeug und hielt die Flamme in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Er sah auf den Boden. Eine Flüssigkeit hatte sich in zwei Rinnsaale geteilt. Sein Blick fiel auf einen Teller Suppe, der umgekippt neben einem Hocker lag.
    Katzan muss eben noch hier gewesen sein, dachte er und hätte schwören können, seinen verdammten Schädel auf der Stiege gesehen zu haben. Mit erschreckender Sicherheit, dass es so und nicht anders gewesen sein konnte, tastete er nach dem Lichtschalter.
    Und?
    Verärgert schnippte François ein nicht existierendes Staubkörnchen von seinem Ärmel und suchte nach einer Erklärung.
    Und was?
    Seine Kopfhaut kribbelte.
    An der Wand hing immer noch das alte Tastentelefon. Katzan musste also hier gegessen, telefoniert und das Haus fluchtartig verlassen haben.
    Vorsichtig wandte er sich nach links, ging an der Stiege vorbei und lief über ein Stück schief gefliesten Boden in die Küche.
    Geruch von frischem Kaffee stieg ihm in die Nase. Eine warme, halbvolle Tasse stand noch auf dem Tisch. Auf der Anrichte sah er den roten Knopf einer kleinen Kaffeemaschine leuchten. Der Knopf flackerte.
    Durch die Küche strich ein eisiger Lufthauch. Das Fenster war gekippt. François ging zum Fenster und schloss es. Irgendwo Rascheln von Papier.
    Sein Blick fiel auf die Spüle. Ungewaschene Tassen und Teller. Zuerst sah er nur einen Haufen Dreck, roch den stinknormalen Alltag, kam näher, beugte sich mit dem Kopf runter in das Becken. Spuren von Lippenstift. Eine Frau war hier, dachte er. Claire?
    Entsetzt blieb er einen Moment stehen und überlegte.
    Katzan in seinem olivgrünen Mantel. Katzan vor seiner Tür.
    »Was von Claire gehört?«
    Katzan war mit Claire zusammen, hier in Wien, dachte er.
    Warum dann diese scheinheilige Frage? Oder war das, was er vermutete, viel später passiert?
    François riss Schubladen und Schränke auf. Den Brotkasten, den Kühlschrank. Nach was suchte er überhaupt? Nach einem

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