Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
auflegte, »wer hat Sie in der Nacht angerufen? Adrian
Horstkotte war es ja wohl nicht.«
    Â»Adi?«, fragte sie verdutzt. »Wieso denn Adi?«
    Â»Es war sein Handy.«
    Â»Logo«, murmelte sie unglücklich. »Klar.«
    Â»Wenn er es nicht war, wer dann?«
    Â»Ich … Ach … Shit.«
    Â»Was ist Ihr Problem? Wenn Sie etwas wissen, müssen Sie es mir
sagen. Es geht um ein schweres Verbrechen.«
    Â»Um … Um Mord, sagen Sie?«
    Â»Sie erinnern sich an den Anruf?«
    Â»Ich brauch jetzt erst mal ’ne Denkpause. Sie hören wieder von mir,
okay? Ich melde mich. Versprochen.«
    Auch Helena hatte ihr Telefonat inzwischen beendet.
    Â»Die Karten gehen heute noch per Kurier nach Stuttgart«, sagte sie
mit dem Rücken zu uns.
    Â»Falls sie doch in Deutschland sein sollte, wo würde sie sich
verstecken?« Ich nahm die Brille ab, legte sie auf den Schreibtisch. Ob es mir
gefiel oder nicht – es war Zeit, auch diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.
»In einem Hotel wohl eher nicht.«
    Â»Natürlich nicht.« Helena war schon wieder mit ihrer Tipperei
beschäftigt und unterbrach sie keine Sekunde. »Ich denke, sie würde sich
möglichst wenig in der Stadt aufhalten. Irgendwo im Umkreis von zwanzig,
dreißig Kilometern vielleicht.«
    Â»Und wie bewegt sie sich fort?«
    Â»Ein Auto würde ich ausschließen. Zu unflexibel, zu leicht zu
identifizieren und zu verfolgen. Judith hat in der Vergangenheit immer Maos Rat
beherzigt: Der Revolutionär soll sich in den Volksmassen bewegen wie ein Fisch
im Wasser. Sie wird die Straßenbahn nehmen, ein Rad. Das fällt am wenigsten
auf, und in der Altstadt einen Radfahrer zu verfolgen, ist praktisch unmöglich.«
    Â»Wo würde sie wohnen?«
    Â»Ein WG-Zimmer ist aus meiner Sicht zu gefährlich. Viele dieser
Wohnungen stehen zurzeit unter Beobachtung, und das weiß sie natürlich.
Vielleicht eine möblierte Wohnung? Eine Ferienwohnung? Niemand verlangt einen
Ausweis oder eine Verdienstbescheinigung, wenn man eine Ferienwohnung anmietet.
Wenn man es geschickt anstellt, dann bekommt man den Vermieter nicht einmal zu
Gesicht.«
    Falls die Terroristin wirklich in der Nähe war, dann war jetzt
vermutlich der letzte Zeitpunkt, mit der Suche nach ihr zu beginnen. Erst
einmal mit gebremstem Schaum natürlich. Meine Leute hatten zurzeit mehr als
genug zu tun. Andererseits wollte ich mir später nicht den Vorwurf anhören
müssen, einem wichtigen Verdacht nicht nachgegangen zu sein.
    Vielleicht war das wieder einmal eine Aufgabe für Rolf Runkel. Er
war nicht der kreativste meiner Mitarbeiter. Aber darin, akribisch lange Listen
abzuarbeiten, war er Meister.
    Auf dem Parkplatz unten heulten Motoren auf. Autotüren wurden
geknallt, Martinshörner eingeschaltet. Die Tür flog auf.
    Â»Schon wieder eine illegale Demo«, sagte Sönnchen. »Sie sollen bitte
runter ins Lagezentrum kommen.«
    Zweihundert bis zweihundertfünfzig Teilnehmer seien es diesmal,
wusste Sönnchen. Die meisten vermummt und äußerst gewaltbereit.
    Unten heulten immer neue Martinshörner los. Ich lief zum Führungs-
und Lagezentrum, das sich ein Stockwerk tiefer befand. Erste
Schaufensterscheiben waren schon zu Bruch gegangen, erfuhr ich dort. Ein
Souvenirgeschäft in der Nähe der Alten Brücke brannte. Die Feuerwehr wurde
massiv behindert. Bereits jetzt gab es Verletzte auf beiden Seiten und erste
Festnahmen. Ein Polizeihubschrauber schwebte über der Altstadt und gab pausenlos
Meldungen durch über die Bewegungen der Demonstrantengrüppchen, die sich sehr
geschickt verhielten, offenbar untereinander in Verbindung standen und sich
gegenseitig über die aktuelle Strategie der Polizei auf dem Laufenden hielten.
Der Hubschrauber hatte eine fest installierte und eine bewegliche Videokamera
an Bord, deren Bilder wir online auf zwei Monitoren verfolgen konnten.
    Auf einer großen Projektionsleinwand war ein Plan der Innenstadt zu
sehen, wo sich rote Kreise und grüne Kreuzchen hin und her bewegten, sodass
jeder im Raum ständig einen Überblick über den Stand der Dinge und die
Verteilung unserer Kräfte hatte. Grün stand für die Polizei, Rot für die Bösen.
    Im Raum herrschte ruhige Betriebsamkeit. Knappe Befehle und kurze
Informationen wurden konzentriert und ohne Aufregung in Mikrofone gesprochen.
Die Antworten dagegen klangen gehetzt,

Weitere Kostenlose Bücher