Die falsche Frau
Englisch aus
dem Funk, die ich nur zum Teil verstand. Offenbar war jemand unzufrieden mit
dem Abstand zwischen den Vans.
Plötzlich wurde wenige Hundert Meter vor dem Darmstädter Kreuz eine
Störung gemeldet: ein Ford Kombi älteren Baujahrs am StraÃenrand, der eben erst
gestoppt hatte. Kurzzeitig brach Hektik aus, denn das war kritisch. An dieser
Stelle würde die Kolonne langsamer fahren müssen, da wir die Autobahn wechseln
und in Richtung Heidelberg abbiegen würden. Glücklicherweise existierte eine
Alternativroute: geradeaus weiter in Richtung Mannheim und von dort auf die AÂ 656.
Ich bat die Wagen vor uns, mit der Geschwindigkeit herunterzugehen,
um den Kollegen weiter vorn Zeit zu verschaffen, den Ford zu überprüfen.
Neunzig Sekunden später die Entwarnung: eine fünfköpfige Familie auf dem Weg in
ihr Heimatland Kroatien. Einem der Kinder war schlecht geworden, und im Augenblick
war es dabei, sich über die Leitplanke hinweg zu erbrechen. Die schwarzen,
blaulichtgeschmückten Mercedes vor uns wurden wieder kleiner. Der lichte Kiefernwald,
der die Autobahn bisher links und rechts begleitet hatte, wich zurück.
Industrie kam in Sicht, links ein riesiges Einkaufszentrum. Immer noch mäÃiger
Verkehr, der bereitwillig Platz machte.
Darmstädter Kreuz noch zwei Kilometer, zeigte die Schilderbrücke an.
Wir wurden schon langsamer, da kam der Befehl: »Straight ahead!« Also doch die
Alternativroute, weshalb auch immer. Ich gab den Befehl weiter. Dummerweise
waren unsere Vorausfahrzeuge längst abgebogen und nun auf der A5 unterwegs,
während wir in Kürze auf die parallel verlaufende A67 wechseln würden.
Das Darmstädter Kreuz blieb zurück.
Die stationären Radarfallen, die dort postiert waren, hatten eine
Menge zu knipsen in diesen Sekunden.
Meine nicht allzu freundliche Anfrage, weshalb um Gottes willen man
so kurzfristig die Fahrtroute geändert hatte, blieb ohne Antwort.
Die Autobahn wurde zweispurig. Der Tacho zeigte jetzt wieder
hundertachtzig. Der Hubschrauber meldete quäkend ruhigen Verkehr voraus. Die
Mercedes fuhren weiterhin nebeneinander, wo immer es möglich war. Einmal
mussten wir scharf bremsen, weil ein Lkw einen Kollegen überholte. Der Fahrer
auf der rechten Spur war jedoch ein vernünftiger Mann und trat auf die Bremse,
als er im Rückspiegel das blaue Feuerwerk bemerkte. Augenblicke später war die
linke Spur frei, und ich wurde wieder in die Rückenlehne gepresst. Auch meinem
Fahrer schien die Sache Spaà zu machen. Endlich einmal nach Herzenslust das
Gaspedal durchtreten, ohne sich Gedanken über Geschwindigkeitsbegrenzungen und
Klimaveränderungen zu machen.
Mein Blick suchte wieder und wieder den Himmel ab auf der Suche nach
Dingen, die dort nichts zu suchen hatten. SchlieÃlich zückte ich das Handy und
wählte Balkes Nummer.
»Nichts«, sagte er zu meiner Beruhigung. »Bisher nur Nieten.«
Was keine Gewähr dafür war, dass nicht doch irgendwo, vielleicht in
den Rheinniederungen oder irgendeinem stillen Tal des Odenwalds, ein
Hubschrauber lauerte. Der Pilot schweiÃgebadet und die Mündung einer Waffe am
Hals.
Erneut ging es durch Wald. Autobahnkreuz Viernheim, fünf Kilometer.
Bald würde es ungemütlich werden, denn um Mannheim herum herrschte meist reger
Verkehr. Zudem wurde von dort plötzlich ein kleiner Stau gemeldet. Auffahrunfall
auf der mittleren Spur, Unfallstelle noch nicht gesichert. Als ich das Mikrofon
zur Hand nahm, um mich mit Richards abzustimmen, kam das Kommando: »Turn left.
Eastbound please.«
Please, immerhin.
Hatten die etwa ihre eigenen Informanten auf der StraÃe vor uns?
Oder einen zweiten Hubschrauber in der Luft, der seine Meldungen direkt an
Richards durchgab?
Blaue Schilder, Blinkerticken, eine Zweihundertsiebzig-Grad-Kurve
mit winselnden Reifen, schon schossen die Mercedes wieder davon.
Minuten später waren wir zurück auf der A5, die wir eigentlich von
Anfang an hatten nehmen wollen. Bis Heidelberg wurde alles frei gemeldet. Noch
zwanzig Kilometer, wovon die letzten drei die gefährlichsten der ganzen Strecke
waren.
Längst hatte man begonnen, uns auf der EinfallstraÃe von der
Autobahn bis zum Palace-Hilton freie Bahn zu schaffen. Am StraÃenrand parkende
Fahrzeuge wurden schon seit dem frühen Morgen misstrauisch beäugt und beim
geringsten Verdacht abgeschleppt. An sämtlichen Kreuzungen wurde
Weitere Kostenlose Bücher