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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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meiner Bürogenossin.
»Was mir Sorgen macht, sind seine kompromisslosen politischen Ansichten.«
    Â»Sie denken, er hat irgendeinen … Entschluss gefasst?«
    Â»Sehen Sie eine andere Erklärung für sein Verhalten?«
    Unser Essen kam. Helena Guballa hatte dasselbe bestellt wie ich.
    Â»Was sonst könnte einen Menschen bewegen«, fuhr ich fort, »den
größten Teil seines Vermögens zu verschenken, alles Persönliche zu verbrennen
und sich in einem allein stehenden Haus zu verstecken, wenn nicht irgendein
verrückter und ganz bestimmt nicht legaler Plan?«
    Â»Denken Sie, dieser Plan hat mit den Wirtschaftsgesprächen zu tun?«
    Â»Prochnik hat sich sehr für die Umwelt engagiert. Die USA sind nicht
gerade ein leuchtendes Vorbild in puncto Umweltschutz. Hendersons Firma hat in
der Vergangenheit enorme Umsätze im Ölgeschäft gemacht.«
    Der Salat schmeckte mir. Jetzt erst stellte ich fest, wie hungrig
ich war.
    Der Mann am Nebentisch sprang plötzlich auf, packte sein Nadelstreifenjackett,
das unordentlich über der Stuhllehne hing, und rannte davon. Die Frau blieb mit
bebender Unterlippe und leerem Blick zurück.
    Helena Guballa bat mich um eine kurze Zusammenfassung dessen, was
wir bisher über Jürgen Prochnik wussten. Als ich den roten Kleinwagen und die
rothaarige Freundin erwähnte, blieb ihre Gabel auf halbem Weg zum Mund stehen.
»Judith fuhr Anfang der Achtziger einen roten Fiat«, sagte sie mit alarmiertem
Blick. »Und sie hatte damals Haare bis zum Gürtel.«
    Auch ich hatte aufgehört zu essen.
    Â»Damals war Judith allerdings schwarzhaarig, wenn ich mich richtig
erinnere. Andererseits war Haarefärben so etwas wie ihr Hobby. Am wildesten war
es vierundachtzig, kurz bevor sie in den Untergrund ging. Damals war sie im
Frühjahr kastanienbraun, im Sommer wasserstoffblond und im Herbst
rabenschwarz.«
    Â»Das wäre ja …«, sagte ich mit trockenem Hals.
    Â»Ihre Eltern haben oft am Bodensee Urlaub gemacht. Sie haben
Verwandte in Allensbach. Das liegt in der Nähe von Konstanz. Wegen der
Haarfarbe – das müsste ich überprüfen. Möglich, dass ich da etwas
durcheinandergebracht habe.«
    Die Frau am Nachbartisch war inzwischen ebenfalls verschwunden. Auf
dem Tisch standen zwei kaum angerührte Teller und eine fast volle Sektflasche.
Ich winkte der Bedienung und bat um die Rechnung. Helena Guballa bestand
darauf, ihre Zeche selbst zu bezahlen.
    Â»Vielleicht ist das der Grund, warum er später nach Rastatt gezogen
ist?«, spekulierte ich auf dem Rückweg zur Direktion. Die Luft war angenehm
frisch und roch nach kommendem Herbst. Am Boden kullerten die ersten Kastanien.
    Â»Damit er näher bei Judith sein konnte?«
    Â»Er wäre nicht der Erste, der wegen der Liebe seinen Wohnort
wechselt.«
    Â»Woher stammt das viele Geld auf seinen Konten?«
    Â»Was er für seine Firma erlöst hat, klären meine Leute gerade.
Bestimmt keine anderthalb Millionen.«
    Â»Vielleicht eine Erbschaft?«
    Ich kickte eine Kastanie über die Straße.
    Â»Wäre es möglich, dass Sie beginnen, mich ernst zu nehmen?«,
fragte Helena Guballa mit feinem Lächeln, als wir in meinem – in unserem – Büro
den Verdauungskaffee zu uns nahmen. Sie an ihrem sauber aufgeräumten
Schreibtisch, ich an meinem, auf dem sich die Akten stapelten.
    Â»Ich habe Sie von Anfang an ernst genommen«, behauptete ich.
    Sie drehte sich in ihrem Stuhl in meine Richtung, sah mir offen ins
Gesicht und lächelte nicht mehr. »Diesen Eindruck hatte ich nicht.«
    Â»Jedenfalls wäre es ein ziemlicher Knaller, wenn es eine Verbindung
zwischen Prochnik und Ihrer Terroristin geben würde.«
    Â»Ich bin überzeugt, dass diese Verbindung existiert.« Nachdenklich
nippte sie an ihrer Riesentasse Milchkaffee. »Vielleicht haben die beiden all
die Jahre in Kontakt gestanden. Und jetzt kommt Judith zurück, und Jürgen
Prochnik unterstützt sie bei der Durchführung ihrer Pläne.«
    Mir kam ein Gedanke. »Halten Sie es für möglich, dass sie hinter dem
Brand steckt? Es hat Streit gegeben, man ist sich wegen irgendwas in die Haare
geraten …«
    Â»Das halte ich für sehr gut möglich.« Sie sah in ihre Tasse, die sie
mit beiden Händen festhielt. »Wenn es um die Sache geht, kennt Judith kein
Pardon. Die dritte Generation der RAF hat auf

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