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Die falsche Frau

Die falsche Frau

Titel: Die falsche Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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Gespräch begann in die falsche Richtung zu laufen. In wenigen
Sekunden würde die Frau auflegen, wenn es mir nicht gelang, sie auf meine Seite
zu ziehen. Ich räusperte mich.
    Â»In diesem Fall reden wir aber von Gewalt gegen Menschen«, sagte ich
ruhiger. »Mein Mitarbeiter ist verletzt.«
    Â»Falls das wirklich so ist, dann tut es mir leid.«
    Â»Das Gericht wird es wahrscheinlich als versuchten Totschlag
werten.«
    Â»Könnte es nicht sein, dass Ihr Kollege zuerst geschossen hat?«
    Â»Er hat seine Waffe noch nicht mal in der Hand gehabt.« Das war eine
reine Behauptung, denn ich hatte bisher keine Gelegenheit gehabt, mit Balke
ausführlicher zu sprechen. Aber das brauchte diese wallraffende Zicke nicht zu
wissen.
    Â»Wir verurteilen Gewalt nämlich auch, wenn sie von der Polizei
ausgeht.«
    In mir kochte allmählich eine Wut hoch, die für den weiteren Verlauf
des Gesprächs nicht gut war. Ich nahm das Handy ans andere Ohr.
    Â»Worum es mir eigentlich geht, ist ein gewisser Adrian Horstkotte.«
    Â»Adi?«
    Â»Sie kennen ihn?«
    Â»Weshalb interessieren Sie sich für ihn?«
    Â»Er steht nicht unter Verdacht. Ich möchte nur mit ihm sprechen. Es
geht um einen … um ein geplantes schweres Verbrechen, von dem er vielleicht
Kenntnis hat.«
    Â»Was wollten Sie erst sagen?«
    Â»Nichts.«
    Â»Sie sagten: ›Es geht um einen …‹ Dann haben Sie sich korrigiert.
Wollten Sie sagen, es geht um einen Terroranschlag?«
    Â»Wie kommen Sie darauf?«
    Â»Liegt ja nicht so fern in diesen Tagen. Die Stadt wimmelt von
Polizei.«
    Â»Wenn es so wäre, würden Sie einen terroristischen Anschlag denn
gutheißen? Gegen wen oder was auch immer?«
    Â»Meine Antwort lautet auch dieses Mal: nein.«
    Ich atmete tief ein.
    Â»Was wissen Sie über diesen Adrian?«
    Â»Wir haben vor Jahren hin und wieder in denselben Seminaren
gesessen. Irgendwann hat er sein Studium sausen lassen und sich ganz auf die
Musik verlegt.«
    Â»Hat er als Musiker Erfolg gehabt?«
    Â»Haben Sie jemals seinen Namen gehört?«
    Â»Ich bin nicht mehr in dem Alter, wo man die Musikszene kennt.«
    Für Sekunden hörte ich nur ihren ruhigen Atem.
    Â»Adi ist ein Spinner«, sagte sie dann. »Früher hat er hin und wieder
bei einer Band gesungen. Seine Stimme klingt ein wenig nach Bon Jovi, falls
Ihnen das etwas sagt, in Ihrem Alter. Man hat sich aber wohl zerstritten, oder
die Band hat sich aufgelöst, ich weiß es nicht. Später hat er eine eigene Band
gegründet. Die existiert auch längst nicht mehr. Ihren letzten Auftritt hatten
sie meines Wissens im April vor einem Jahr, in irgendeinem Kellerloch in
Lampertheim. Er wäre um ein Haar in einer Massenschlägerei geendet, weil die
Leute ihr Geld zurückverlangten.«
    Â»Kennen Sie die Namen der anderen Bandmitglieder?«
    Â»Ich habe mich nie sonderlich für diese Typen interessiert. Sie
machen solchen Brutalorock. Hauptsache laut und schrill. Nicht so mein Ding.«
    Â»Und wo finde ich diesen Adrian?«
    Dieses Mal zögerte sie eindeutig zu lange mit der Antwort. Erklärte
mir ein zweites Mal, sie sei kein Polizeispitzel. Aber schließlich nannte sie
mir widerwillig eine Adresse in der Kaiserstraße.
    Â»Das Haus ist ganz am Ende der Straße.«
    Am Schluss sagte sie den entscheidenden Satz: »Möglich, dass Sie
dort auch Jonas finden. Die beiden hängen in letzter Zeit öfter zusammen rum.«

29
    Am Donnerstagmorgen um halb sechs war das Haus am nördlichen
Ende der Kaiserstraße – ohne dass die Bewohner etwas von dem Polizeiaufmarsch
ahnten – umstellt. Bereits die Nacht über hatte ich es beobachten lassen, aber
niemand hatte es betreten oder verlassen, der Ähnlichkeit mit Adrian Horstkotte
hatte oder mit dem Mann, der auf Sven Balke geschossen hatte. Die beiden wurden
übrigens fast gleichlautend beschrieben: groß, kräftig, meist standesgemäß
schwarz gekleidet.
    Balke schäumte immer noch vor Wut, weshalb ich anfangs gezögert
hatte, ihn zu dem Einsatz mitzunehmen. Über seinem rechten Auge klebte ein
großes Pflaster. Es war kein Streifschuss, der ihn verletzt hatte, hatte ich
erst im Lauf der Nacht erfahren. Ein stacheliger Ast hatte ihm einen so heftig
blutenden Kratzer ins Gesicht gezogen, dass er die Verfolgung abbrechen musste.
Der Flüchtende hatte jedoch tatsächlich mit einer Waffe auf

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