Die falsche Tochter - Roman
soll.«
»Ich weiß.« Jake beugte sich zu ihr hinunter und gab ihr einen flüchtigen Kuss. »Warum ist mir das eigentlich früher nie eingefallen?«
Sie wandte sich erneut dem Bildschirm zu und öffnete die Datei wieder. »Ich habe mal ein paar Daten zusammengetragen, um ein eventuelles Muster erkennen zu können. Schau mal.« Sie stand auf, damit er sich auf ihren Schreibtischstuhl setzen konnte. »Die Höhe- und Tiefpunkte meines Lebens.«
Sie hockte sich auf ihren Schlafsack, während Jake las.
»Du hast mit Aiken geschlafen? Diesem schmierigen Ägyptologen? Was hast du dir denn dabei gedacht?«
»Stell nicht so blöde Fragen. Schließlich kommentiere ich auch nicht sämtliche Frauen, mit denen du etwas gehabt hast.«
»Du kennst gar nicht alle Frauen, mit denen ich etwas gehabt habe. Übrigens hast du ein paar Ereignisse vergessen.«
»Nein, habe ich nicht.«
»Du hast die Konferenz in Paris vergessen, die wir gemeinsam besucht haben. Mai 2000. Und den Tag, an dem wir geschwänzt haben. Wir sind in ein Café gegangen und haben Wein getrunken. Du hattest ein blaues Kleid an. Als es anfing zu regnen, sind wir zum Hotel zurückgegangen und haben uns geliebt. Und die Fenster standen offen, damit wir den Regen hören konnten.«
Callie hatte den Tag nicht vergessen. Sie erinnerte sich sogar so klar und deutlich daran, dass es fast ein wenig schmerzte, Jake davon reden zu hören. »Das ist kein relevantes Ereignis.«
»Es war einer der wichtigsten Tage in meinem Leben, nur, dass ich es damals noch nicht wusste. Das ist das Komplizierte am Leben: Oft weiß man erst, was wirklich wichtig ist, wenn ein Moment bereits vorüber ist. Hast du das Kleid eigentlich noch?«
Callie stützte ihre Wange in die Hand und musterte ihn. Seitdem sie mit der Ausgrabung begonnen hatten, hatte er sich noch nicht die Haare schneiden lassen. Ihr hatte es immer schon gefallen, wenn seine Haare ein bisschen länger waren. »Ja, ich glaube schon.«
»Ich würde dich gerne noch einmal darin sehen.«
»Dir war es doch sonst immer egal, was ich trage.«
»Das stimmt nicht. Ich habe nur nie darüber gesprochen.«
»Was machst du da?«, fragte sie, als er anfing zu tippen.
»Ich trage Paris, Mai 2000, ein. Und dann schicke ich die Datei auf meinen Laptop, damit ich sie mir später herunterladen und damit spielen kann.«
»Gut, toll. Tu, was dir beliebt.«
»Du scheinst ja in einem grauenhaften Zustand zu sein. Du hast mir noch nie erklärt, ich könne tun, was mir beliebt.«
Warum hätte sie in diesem Moment nur am liebsten geweint? »Du hast ja sowieso immer getan, was du wolltest«, sagte sie leise.
Er schickte die Datei an seine E-Mail-Adresse, dann stand er auf und trat zu ihr. »Das hast du immer nur geglaubt.« Er
setzte sich neben sie und streichelte ihr über die Schulter. »Ich wollte dich an jenem Tag in Colorado nicht verlassen.«
»Und warum bist du dann gegangen?«
»Du hast mir zu verstehen gegeben, dass du es so wolltest. Du hast gesagt, dass jede einzelne Minute, die du mit mir verbracht hast, ein Fehler gewesen sei. Unsere Ehe sei ein schlechter Witz, und wenn ich nicht aus deinem Leben verschwände, würdest du gehen.«
»Meine Güte, wir hatten eben einen Streit!«
»Du hast gesagt, du wolltest dich scheiden lassen.«
»Ja, und du bist blitzschnell darauf eingegangen. Dann hast du dich mit dieser großen Brünetten aus dem Staub gemacht, und zwei Wochen später hatte ich die Scheidungsklage in der Post.«
»Ich bin nicht mit ihr weggegangen.«
»Ach, dann war es also bloß ein Zufall, dass sie zur gleichen Zeit verschwunden ist?«
»Du hast mir nie vertraut, Cal. Du hast nie an mich geglaubt, und an unsere Ehe auch nicht.«
»Ich habe dich gefragt, ob du mit ihr geschlafen hast.«
»Du hast nicht gefragt, du hast mich beschuldigt, es getan zu haben.«
»Du hast dich geweigert, es zu leugnen.«
»Ja, das stimmt«, gab er zu. »Und zwar deshalb, weil es beleidigend war. Es ist immer noch beleidigend. Wenn du glaubst, dass ich mein Ehegelübde gebrochen hätte und dir untreu geworden wäre, dann war unsere Ehe wirklich ein schlechter Scherz. Es hatte überhaupt nichts mit ihr zu tun. Himmel, ich kann mich noch nicht einmal mehr an ihren Namen erinnern.«
»Veronica. Veronica Weeks.«
»Dass du ihn noch weißt, war ja klar«, murmelte er. »Es hatte überhaupt nichts mit ihr zu tun«, wiederholte er. »Nur mit uns.«
»Ich wollte, dass du um mich kämpfst.« Sie streckte ihren Rücken durch. »Nur
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