Die falsche Tochter - Roman
Fähigkeiten.«
»Stimmt. Aber er kann unsere Erkenntnisse nicht einfach ignorieren, immerhin liegt ihm jetzt alles schriftlich vor, und er …«
»… wird es überprüfen«, beendete Callie lachend Lanas Satz. »Ich kann ihm seine Skepsis nicht einmal verübeln. Immerhin geht es um ein Verbrechen, das mittlerweile dreißig Jahre zurückliegt und von einem Archäologenpaar, einer Anwältin und einem Buchhändler aufgedeckt wurde.«
»Entschuldige bitte, wir sind zwei angesehene Wissenschaftler, eine brillante Anwältin und ein scharfsinniger Antiquar.«
»Stimmt, so klingt es schon besser.« Callie hob einen Stein auf und warf ihn ins Wasser. »Weißt du, ich bin dir wirklich dankbar für alles, was du getan hast. Und darüber hinaus hast du sogar noch für bezahlbare Hilfskräfte gesorgt.«
»Es gehört nicht zu meinen üblichen Aufgaben, aber ich muss zugeben, dass ich es ganz schön aufregend finde.«
»Ja.« Callie schleuderte noch einen Stein ins Wasser. »Es muss wahnsinnig aufregend sein, wenn einem jemand das Büro anzündet.«
»Es wurde ja niemand verletzt. Außerdem bin ich versichert, und die Tatsache, dass ich stinksauer bin, ist nur zu eurem Vorteil. Ich bleibe auf jeden Fall an der Sache dran. Es ist mir wichtig, weil es so viel für Doug bedeutet.«
»Hm. Hey, sieh mal, da ist eine schwarze Schlange.«
»Was? Wo?« Entsetzt sprang Lana beiseite.
»Entspann dich.« Callie hob einen weiteren Stein auf und zielte. »Da drüben«, sagte sie und warf den Stein nach dem Reptil, verfehlte es jedoch um etliche Meter. Offensichtlich verärgert glitt die Schlange am Ufer entlang und verschwand zwischen den Bäumen. »Sie ist harmlos.«
»Aber es ist eine Schlange!«
»Ich mag die Art, wie sie sich bewegen«, sagte Callie. Nach einer Weile fuhr sie fort: »Doug ist ein interessanter Mann. Er hat mir einen Elvis-Bierkrug aus Memphis mitgebracht.«
Lana seufzte unwillkürlich auf. »Warum rührt mich das eigentlich so?«
»Weil du scharf auf ihn bist.«
»Das ist wohl wahr.«
»Hör mal, das Gerede über euer Sexleben vorhin im Auto war einfach nur …« Callie drehte sich um und verscheuchte eine dicke Biene, die ihr um den Kopf summte.
Lana duckte sich unwillkürlich und erschauerte. »Hat sie dich gestochen?«
»Nein. Bienen machen für gewöhnlich nur viel Lärm, tun aber nichts. So ähnlich wie Teenager, weißt du.«
»Du warst als Kind wahrscheinlich ein halber Junge, was?«
»Ich weiß nicht, vielleicht. Was hatte ich eben gesagt?«
»Äh … du hast über mein Sexleben geredet.«
»Ach ja. Das Gerede im Auto hat wirklich nur zur Ablenkung gedient.«
Callie blickte zum Haus hinüber, aus dem laute Musik drang. Da es sich um die Backstreet Boys handelte, kam sie wahrscheinlich aus Frannies Zimmer.
»Ich glaube, Doug und ich wären als Kinder gut miteinander ausgekommen«, sagte sie nach einer Weile. »Wir hätten uns bestimmt gemocht. Deshalb fällt es mir auch nicht so schwer, mit ihm oder Roger zusammen zu sein, während ich mich in Jays oder Suzannes Gegenwart nicht so wohl fühle.«
»Und es ist leichter, nach den Verantwortlichen zu suchen und herauszufinden, wie und warum es passiert ist, als mit den Resultaten umzugehen. Das soll keine Kritik sein«, fügte Lana hinzu. »Ich finde, du gehst an diese schwierige Situation mit bewundernswert gesundem Menschenverstand heran.«
»Aber die Cullens sind natürlich trotzdem verletzt. Und wenn es stimmt, was wir vermuten, mussten zwei Menschen sterben, die überhaupt nichts mit der ganzen Angelegenheit zu tun haben, weil ich mit meinem bewundernswert gesunden Menschenverstand Antworten verlange.«
»Du könntest ja damit aufhören.«
»Könntest du es?«
»Nein. Aber ich wäre vielleicht in der Lage, mir mal eine Pause zu gönnen, um ein wenig Abstand zu gewinnen.«
Callie hielt es für eine gute Idee, das Puzzle ihrer Vergangenheit einmal aus der Distanz zu betrachten. Wie war sie dorthin gekommen, wo sie sich jetzt befand? Sie setzte sich an den Computer und begann, ihren persönlichen Lebenslauf vom Datum ihrer Geburt an zu entwerfen.
Geboren am 11. September 1974
Entführt am 12. Dezember 1974
Zu Elliot und Vivian Dunbrook gekommen am 16. Dezember 1974
Bis dahin fiel es ihr leicht. Aus dem Gedächtnis fügte sie hinzu, wann sie in die Schule gekommen war, die Daten jenes Sommers, als sie sich den Arm gebrochen hatte, das Weihnachtsfest, als sie sich ihr erstes Mikroskop gewünscht und auch bekommen hatte. Ihre
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