Die falsche Tochter - Roman
glaubte zu wissen, woher. Als er gerade wieder ins Haus gehen wollte, fuhr Doug vor.
»Wo ist sie?«, fragte er.
»Sie schläft. Vor einer Stunde ist sie endlich eingeschlafen. Schön, dass du so schnell kommen konntest.«
»Ist sie verletzt?«
»Nein. Außer ein paar blauen Flecken hat sie nichts.«
Doug holte tief Luft und warf einen Blick auf Jakes verbundenen Arm. »Und wie schlimm hat es dich erwischt?«
»Ein Kratzer von einem Metallteil. Die Wunde ist genäht worden. Der größte Schaden ist auf dem Gelände entstanden. Wir warten darauf, dass die Polizei es freigibt, damit wir mit dem Aufräumen anfangen können. Aber alles, was im Wohnwagen war, ist verbrannt, außerdem die Dateien auf Callies Laptop, die sie noch nicht auf Disketten gespeichert hatte. Die Täter haben uns übrigens etwas dagelassen.«
Er erzählte Doug von der Schaufensterpuppe.
»Meinst du, dass du Callie überreden kannst, das Projekt aufzugeben?«, fragte Doug.
»Oh ja, absolut. Wenn ich ihr ein Beruhigungsmittel gebe und sie irgendwo ankette. Kann ich mir vielleicht deine Handschellen leihen?«
»Sie sind leider gerade in der Reparatur.«
Einen Moment lang standen die beiden Männer schweigend da.
»Callie hat Blut geleckt«, sagte Jake schließlich. »Sie wird nicht von der Stelle weichen, bis sie gefunden hat, wonach sie sucht. Pass bloß auf dich auf, falls du immer noch nach Boston fahren willst.«
»Ja, das werde ich. Aber in der Zeit kann ich nicht auf meine Familie oder auf Lana und Ty aufpassen. Ich denke, ich werde Jay und Roger bitten, für ein paar Tage zu meiner Mutter zu ziehen. Lana ist allerdings ganz allein mit Tyler in ihrer Wohnung.«
»Was glaubst du, was sie von einem Untermieter hielte? Vielleicht könnte sich Digger bei ihr einquartieren.«
»Digger?«
Ein freudloses Lächeln umspielte Jakes Lippen. »Ja, ich weiß, er sieht so aus, als könne ihm eine Zwölfjährige den Arsch versohlen, aber lass dich davon nicht täuschen. Ich kenne ihn seit fünfzehn Jahren, und wenn ich jemanden bräuchte, der sich um meine Familie kümmert, würde ich zuerst ihn fragen. Du wirst allerdings aufpassen müssen, dass sich deine Freundin nicht in ihn verliebt. Ich weiß nicht, warum, aber die meisten Frauen fliegen auf Digger. Auf jeden Fall würde er gut auf Lana aufpassen«
»Das klingt beruhigend. Ich denke, es ist noch nicht vorbei, oder?« Doug blickte sich um. »Irgendjemand ist so verzweifelt über Callies Nachforschungen, dass er andere Menschen umbringt. Und solange wir nicht alle Fragen geklärt haben, ist die Gefahr nicht gebannt.«
»Ich glaube immer noch, dass wir etwas übersehen haben. Irgendein Detail. Also müssen wir sozusagen die ganze Erde noch einmal durchsieben.«
»In der Zwischenzeit grabe ich in Boston.« Doug stieg wieder ins Auto. »Sag Callie – sag meiner Schwester«, korrigierte er sich, »dass ich mich bemühe, etwas herauszufinden.«
Callie schlief noch, als Jake ins Schlafzimmer trat. Sie hatte sich einfach auf den Schlafsack gelegt und ein Kissen unter den Kopf geschoben. Es gefiel Jake nicht, dass sie so blass war, und offensichtlich hatte sie auch abgenommen. Er beschloss, sie für eine Weile aus Woodsboro fortzubringen. Bei der nächsten Gelegenheit würden sie für ein paar Tage zusammen wegfahren, und dann nichts anderes tun als essen, schlafen und sich lieben, bis sie wieder zu Kräften gekommen wäre. Und danach würden sie sich ein gemeinsames Leben aufbauen. In Ermangelung einer Decke deckte Jake Callie mit einem großen Handtuch zu. Dann gab er seiner eigenen Erschöpfung nach und legte sich neben sie. Er zog sie an sich und schlief auf der Stelle ein.
Ein scharfer Schmerz weckte ihn, als er sich im Schlaf auf
seinen verletzten Arm wälzte. Fluchend versuchte er, sich in eine bequemere Position zu bringen, und als er sich umdrehte, sah er, dass Callie weg war. Panik stieg in ihm auf. Die Schmerzen waren vergessen, und er sprang auf und stürzte aus dem Zimmer. Im Haus war alles still. Außer sich vor Angst rief Jake laut Callies Namen. Als sie aus seinem Büro trat, wusste er nicht, ob er über ihren ärgerlichen Gesichtsausdruck lachen oder vor ihr auf die Knie sinken und ihr die Füße küssen sollte.
»Wieso schreist du hier herum?«
»Wo zum Teufel warst du? Wo sind die anderen?«
»Du brauchst deine Medikamente.« Sie ging in die Küche, um seine Schmerztabletten zu holen. »Ich war in deinem Büro. Vielleicht kannst du dich dunkel daran erinnern, dass
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