Die falsche Tochter - Roman
nicht, führte Doug aber nach einem prüfenden Blick auf ihre Armbanduhr den Flur entlang zu einem kleinen Büro, wo sie sich sofort hinter den Schreibtisch setzte. »Was wollen Sie?«
»Ich habe Beweise dafür, dass Marcus Carlyle eine Organisation leitete, die von betrügerischen Adoptionen profitierte, indem sie Säuglinge kidnappte und an kinderlose Ehepaare verkaufte.«
Dr. Yardley zuckte angesichts dieser Anschuldigung nicht einmal mit der Wimper. »Das ist völlig absurd«, sagte sie.
»In seiner Organisation arbeiteten auch Ärzte und Pflegepersonal mit.«
»Mr Cullen, wenn Sie glauben, Sie könnten mich der Teilnahme an einem Kinderhandelsring beschuldigen und mich so einschüchtern, dass Sie mich erpressen können, dann haben Sie sich sehr geirrt.«
Doug konnte sich lebhaft vorstellen, dass diese Frau ihn im Ernstfall mit einem einzigen Hieb zu Boden hätte strecken können. »Ich will kein Geld«, sagte er. »Und ich weiß nicht, ob Sie an dem Babyhandel beteiligt waren oder nicht. Was ich jedoch weiß, ist, dass Sie eine Affäre mit Marcus Carlyle hatten, dass Sie Ärztin sind und mir vielleicht Informationen geben können, die mir helfen könnten.«
»Ich habe ganz gewiss keine Informationen für Sie. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe zu tun.«
Doug wich nicht von der Stelle, als sie sich erhob. »Meine
Schwester wurde entführt, als sie drei Monate alt war, und ein paar Tage später wurde sie in Carlyles Bostoner Kanzlei an ein Ehepaar verkauft. Ich habe Beweise dafür, dass ein anderer Bostoner Arzt in die Ereignisse verwickelt ist. Die entsprechenden Informationen und Beweise sind bereits in Händen der Polizei. Man wird letztendlich auch auf Sie stoßen, Dr. Yardley. Aber Sie werden verstehen, dass meine Familie schon jetzt die Antworten auf viele Fragen haben möchte.«
Langsam setzte sie sich wieder hin. »Welcher Arzt?«
»Henry Simpson. Er und seine jetzige Frau haben ihr Haus in Virginia Hals über Kopf verlassen, nachdem meine Schwester mit ihren Nachforschungen begonnen hatte. Dr. Simpsons Frau war Krankenschwester und hatte in der Nacht, als meine Schwester geboren wurde, Dienst auf der Entbindungsstation des Krankenhauses in Maryland.«
»Ich glaube Ihnen kein Wort«, erwiderte Dr. Yardley.
»Möglich. Aber ich möchte etwas über Ihre Beziehung zu Carlyle wissen. Wenn Sie sich weigern, mit mir zu sprechen, werde ich die Informationen, über die ich bis jetzt verfüge, an die Öffentlichkeit bringen.«
»Das ist eine Drohung.«
»Ja, das ist eine Drohung«, bestätigte Doug freundlich.
»Ich möchte nicht, dass mein Ruf beschädigt wird.«
»Wenn Sie an den illegalen Aktivitäten nicht beteiligt waren, brauchen Sie sich deswegen auch keine Sorgen zu machen. Ich möchte lediglich wissen, was für ein Mensch Marcus Carlyle war, wer seine Partner waren. Sie müssen es wissen, Sie hatten schließlich eine Affäre mit ihm.«
Dr. Yardley ergriff einen silbernen Füller und tippte leicht gegen die Schreibtischkante. »Mein Mann ist über meine Beziehung zu Marcus unterrichtet. Sie können mich nicht erpressen.«
»Ich bin nicht an einer Erpressung interessiert«, wiederholte Doug.
»Ich habe vor dreißig Jahren einen Fehler gemacht und möchte jetzt nicht noch dafür bezahlen müssen.«
Doug griff in seine Aktentasche und zog eine Kopie von Callies Geburtsurkunde und ein Foto von ihr als Säugling heraus. Er legte beides auf Dr. Yardleys Schreibtisch, dann holte er die gefälschten Adoptionspapiere und das Foto, das die Dunbrooks zur Verfügung gestellt hatten, heraus.
»Sie heißt jetzt Callie Dunbrook. Sie möchte wissen, was damals genau geschehen ist. Und meine Familie auch.«
»Wenn es stimmt — wenn auch nur ein Bruchteil davon stimmt –, dann verstehe ich trotzdem nicht, was meine Affäre mit Marcus damit zu tun haben sollte.«
»Ich sammle alle Informationen über Carlyle. Wie lange waren Sie zusammen?«
»Fast ein Jahr.« Seufzend lehnte sich Dr. Yardley zurück. »Er war fünfundzwanzig Jahre älter als ich, und ich fand ihn faszinierend. Er war attraktiv, charismatisch und ungemein charmant. Ich hielt es für schick und modern, eine Affäre zu haben, die uns anscheinend beide befriedigte und niemanden verletzte.«
»Haben Sie jemals mit ihm über Ihre Arbeit oder Ihre Patienten gesprochen?«
»Natürlich. Ich bin Kinderärztin, und Marcus befasste sich vor allem mit Adoptionen. Wir beide liebten Kinder, das war einer der Gründe, die uns
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