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Die falsche Tochter - Roman

Die falsche Tochter - Roman

Titel: Die falsche Tochter - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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sie bei der Arbeit nie Lippenstift trug.
    Vor zehn Monaten hatte er sie zum letzten Mal gesehen. Und seitdem hatte er Tag und Nacht an sie gedacht, wie sehr er sich auch bemüht hatte, sie aus seinen Gedanken zu verbannen.
    »Ich habe gehört, dass du ein Sabbatical machst«, sagte er beiläufig, ohne sich etwas anmerken zu lassen.
    »Ja, aber jetzt bin ich hier. Du sollst dich um die anthropologischen Details des Projekts kümmern. Es läuft übrigens unter dem Namen Antietam Creek.«
    Callie wandte sich ab, als wolle sie einen Blick auf das Gelände werfen, aber in Wahrheit konnte sie es nur nicht ertragen, Jake anzusehen. »Ich glaube, es handelt sich um eine neolithische Siedlung. Nach der Radiokarbon-Untersuchung sind die menschlichen Knochen, die wir bereits ausgegraben haben, fünftausenddreihundertfünfundsiebzig Jahre alt, plus minus hundert. Rhyolith …«
    »Ich habe die Berichte gelesen, Callie. Das ist wirklich eine heiße Geschichte.« Er blickte sich prüfend um. »Warum gibt es keine Sicherheitskräfte?«
    »Ich habe mich schon darum gekümmert.«
    »Gut. Digger kann unser Lager hier aufschlagen. Ich hole meine Ausrüstung, und dann kannst du mich herumführen. Machen wir uns an die Arbeit.«
    Als er zu seinem Wagen ging, holte sie tief Luft und zählte bis zehn. »Dafür bringe ich dich um, Leo. Das wirst du mir büßen.«

    »Ihr habt doch früher auch schon zusammengearbeitet. Ihr beide habt als Team hervorragende Arbeit geleistet.«
    »Ich möchte Nick. Sobald er verfügbar ist, soll er herkommen.«
    »Callie …«
    »Sprich mich nicht an, Leo! Halt einfach den Mund.« Sie biss die Zähne zusammen und bereitete sich innerlich darauf vor, ihrem Ex-Mann das Gelände zu zeigen.
     
    Während Callie unter der Dusche stand, dachte sie darüber nach, dass Jake und sie tatsächlich gut zusammenarbeiten konnten. Sie liebte seinen Verstand, auch wenn er im größten Dickschädel steckte, an dem sie sich je gestoßen hatte. Aber es ärgerte sie, dass sie einander in beruflicher Hinsicht herausforderten und dadurch beide noch besser wurden. So war es immer schon gewesen. Und eine Zeit lang hatten sie einander auch im Privatleben wunderbar ergänzt. Die meiste Zeit hatten sie sich jedoch heftig gestritten. Und wenn sie nicht gerade Streit hatten, lagen sie miteinander im Bett. Ihre Ehe war ein Fehler gewesen, das sah Callie mittlerweile ein. Am Anfang war alles so romantisch, aufregend und sexy gewesen. Wie zwei verliebte Teenager waren Jake und sie durchgebrannt. Aber nur zu bald hatte die Realität im Alltag Einzug gehalten, und ihre Ehe war zu einem Schlachtfeld geworden.
    Allerdings hatte Jake auch absurde Vorstellungen von ihrem Zusammenleben gehabt, während ihre doch nur rational waren. Trotzdem haben wir nie die Finger voneinander lassen können, erinnerte sich Callie. Und auch jetzt wusste ihr Körper noch ganz genau, wie es sich anfühlte, von seinen Händen gestreichelt zu werden.
    Dabei beschäftigte Jake sich auch gerne mit anderen Körpern und war dabei nicht einmal besonders wählerisch, der Bastard. Diese Brünette in Colorado hatte das Fass zum Überlaufen gebracht, dieses vollbusige Luder mit der Babystimme. Und als Callie ihn damals mit ihren Vorwürfen konfrontierte und ihn einen Bastard und Betrüger nannte, hatte er noch
nicht einmal den Mumm besessen, alles zuzugeben. Wie hatte er sie damals noch genannt? Callie presste die Lippen zusammen, als sie daran dachte.
    Kindisch und hysterisch.
    Sie war sich nie sicher gewesen, welches der beiden Worte sie mehr aufgebracht hatte, aber damals hatte sie rotgesehen. An den Rest des Streits konnte sie sich kaum noch erinnern, sie wusste nur noch, dass sie danach die Scheidung verlangt hatte – der erste vernünftige Gedanke, seitdem sie ihn kennen gelernt hatte. Und hatte er damals etwa um sie gekämpft? Zum Teufel, nein. Hatte er sie um Verzeihung gebeten, ihr seine Liebe und Treue erklärt? Keineswegs. Er war einfach gegangen. Genauso wie die vollbusige Brünette – was für ein Zufall!
    Wütend trat Callie aus der Dusche und trocknete sich mit einem der dünnen Handtücher des Motels ab. Dann griff sie nach dem Ring, den sie an einer Kette um den Hals trug. Sie hatte ihren Ehering an jenem Tag vom Finger gezogen, als die Scheidungspapiere mit der Post kamen. Fast hätte sie ihn dort, wo sie damals gerade arbeitete, in den Fluss geworfen. Aber das hatte sie dann doch nicht fertig gebracht. Von dem Ring konnte sie sich nicht so entschieden

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