Die Falsche Tote
habe ihr gesagt, das ist doch so neu, das kriegst du überall. Geh mal in die Drottninggatan oder zum Sergels Torg. Sie hat den Kopf geschüttelt, als ob sie das schon versucht hätte.«
»Sie hat nicht sprechen wollen«, ergänzte Yrsa.
Liisa schüttelte den Kopf. »Es hat sie verstört, dass wir das Buch nicht hatten. Sie hat irgendwie keinen Plan B gehabt, wenn du verstehst, was ich meine. Irgendwas hat mit ihr nicht gestimmt.«
»Und die anderen Bücher?«
Yrsa nickte. »Hat sie sich mitgenommen. Bar gezahlt.«
»Schließt ihr bald?«, fragte Sofi. Es war Viertel vor sechs.
Die beiden nickten bedächtig.
»Ihr müsst mitkommen und eine ausführliche Aussage machen. Das kann ich euch nicht ersparen.«
Sofi ging mit Anderberg vor die Tür und schlenderte auf ihren Wagen zu, während die beiden Finninnen die Kasse abrechneten.
»Gut gemacht«, sagte Sofi. »Könnte etwas sein.«
Als sie den Wagen erreichten, hörte Sofi ihr Telefon im Inneren klingeln. Sie hatte es auf dem Beifahrersitz vergessen.
»Hallo? Hallo?«, sagte die junge Stimme. »Hier ist Theresa. Julander. Es ist total dringend! Ich brauche Hilfe. Ich bin in Skarpnäck. Du hast mir dieses Geschäft aufgeschrieben, aber das gibt es gar nicht mehr! Ich bin in die Bibliothek, weil ich es nicht gefunden habe. Die wissen das, habe ich mir gesagt. Also, das Geschäft gibts nicht mehr, aber die haben das Buch.«
Sofi verstand nicht recht. »Die Bibliothek?«
»Jajaja! Es ist ausgeliehen. Die Frau hier ist irgendwie bescheuert. Ich wollte die Adresse, aber die will sie mir nicht geben. Sie ist bei der Bürgerrechtsbewegung und will sogar bei den Leuten anrufen und ihnen verraten, dass ich mich nach ihnen erkundigt habe. Und jetzt machen die um sechs zu, und dann will sie gleich anrufen. Ich brauche dringend Hilfe, verstehst du?«
»Theresa war dein Name, ja?« Seitdem die Anruferin ihren Namen genannt hatte, war so viel passiert, jedenfalls kam es Sofi so vor. Sie konnte sich sogar an Theresa erinnern, weil sie bei der Besprechung am Morgen mit ihrer blonden Lockenpracht wie eine Achtklässlerin in der ersten Reihe gesessen und die ganze Zeit gelächelt hatte. Auf ihrer Liste sah Sofi, dass sie in der Norrmalm-Wache arbeitete. Damit war sie sozusagen ihre Nachfolgerin. »Du bist also in Skarpnäck in der Bibliothek.«
»Das ist hier die Ortsbibliothek. Skarpnäck Allé 25. Mittendrin. Ist so ganz hässliche Sozialdemokratenarchitektur.«
»Halte sie vom Telefonieren ab. Ich komme. Schlag sie k.o., wenn es nicht anders geht.«
»Klar, mach ich.«
»Das war nur bildlich gemeint.«
»Schon kapiert. Ich reiße das Kabel raus, wenn es nicht anders geht. Aber gewalttätig ist sie ja nicht.«
Sofi wies Anderberg an, die Finninnen am Polizeigebäude abzuliefern, und sprang in den Wagen. Diesmal war es eine Frage von Minuten. Sie raste auf der Hornsgatan zurück bis zur Götgatan. Dort gab sie richtig Gas und rief Kjell an.
»Schnell! Wie komme ich am besten nach Skarpnäck?«
»Wo bist du jetzt?«
»Götgatan nach Süden.«
»Am besten bis zum Schnellstraßenkreuz und dort auf den Tyresövägen. Da kommt dann eine Ausfahrt ›Skarpnäck Gård‹.«
Sie legte grußlos auf und sah die Götgatan an sich vorbeiziehen. Sie näherte sich dem Ringvägen und bremste aus Vorsicht etwas ab. Sie war gut im Blaulichtfahren und überquerte die Kreuzung lebend. Von da an ging es leichter. Jetzt war sie auf der Schnellstraße. Als sie am Gullmarsplan vorbeischoss, hatte sie noch sieben Minuten. Sie glaubte aber, dass Theresa alles im Griff haben würde. Wie sie am Telefon geklungen hatte, würde sie einfach das Kabel aus der Wand reißen, eine Schlinge hineinknoten und lächelnd auf die Bürgerrechtlerin zugehen.
Zehn Minuten später fuhr sie von der Schnellstraße ab. Kjells Wegbeschreibung erwies sich als richtig. Sofi fand den Weg durch das Wohngebiet und sah die Bibliothek schon von weitem. In ganz Skarpnäck war es nämlich das einzige Gebäude, das nicht aus roten Ziegeln gebaut war. Sie sprang aus dem Wagen und rannte in das blaugraue Haus. Theresa stand vor dem Schalter und diskutierte noch.
»Reichskriminalpolizei«, rief Sofi dazwischen und streckte ihren Ausweis hin. »Ihr habt das Buch, ja?«
Beide nickten.
»Ist der Katalog mit dem Onlinekatalog verbunden?«
»Nein«, sagte die Frau. Die kalkgraue Haut mit lauter Falten machte es schwer, das Alter zu schätzen.
»Ich will den Katalog sehen. Ich bin vom Gesetzgeber und vom
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