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Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Die Falschmünzer vom Mäuseweg

Titel: Die Falschmünzer vom Mäuseweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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den
Schalterraum für drei- bis vierwöchige Ausstellungen zur Verfügung stellte.
Kostenlos, natürlich.
    Zurzeit standen überall die zum
Teil lebensgroßen Figuren eines Holzschnitzers herum, überwiegend Heilige.
    »Sind wir hier richtig?«,
flüsterte Gaby.
    »Wieso?«
    »Sieht wie ein Museum aus«,
lachte sie.
    Der Kassierer, ein älterer
Mann, saß in seinem Glaskasten und sortierte Geldscheine.
    Frau Göttling telefonierte
gerade und sagte in den Hörer: »Aber selbstverständlich! Kommen Sie nur
vorbei.«
    Direktor Hehne trat lächelnd an
den Schaltertisch.
    Er war groß, schlank, noch verhältnismäßig
jung, trug immer Nadelstreifenanzüge und hatte ein schmales, glattes Gesicht.
Wie man sich einen dynamischen Manager vorstellte, so sah er aus.
    Freundlich erwiderte er Tarzans
Gruß. »Tag, Peter! Na, was macht der Volleyball und wie geht’s im Judo?«
    »Danke!« Tarzan lachte.
»Weltmeister bin ich immer noch nicht.«
    »Kann noch werden. Bist ja noch
jung.« Neugierig sah er Gaby an, die vor einer Statue stand und interessiert
die holzgeschnittene Leidensmiene betrachtete.
    »Das ist meine Freundin Gaby
Glockner«, stellte Tarzan vor.
    Direktor Hehne war so von ihr
angetan, dass sie gleich einen Kalender der Bank als Geschenk erhielt.
    Dann wurde Hehne ans Telefon
gerufen und Frau Göttling kümmerte sich ebenso freundlich um den Kunden Peter
Carsten.
    Tatsächlich, dachte Gaby, sie
hat Ähnlichkeit mit Tarzans Mutter.
    Frau Göttling war 38 Jahre alt,
schlank und sehr apart. Das braunblonde Haar trug sie mittellang und modisch.
Warmherzige Augen beherrschten das schmale Gesicht. Den Mund hatte sie sich
etwas zu grell geschminkt. Aber so was ist ja immer Geschmacksache.
    Tarzan sagte, dass er wegen
Weihnachten 300 Mark abheben wolle, und sie füllte das Formular aus, das er
dann unterschreiben musste.
    »Du hast eine hübsche
Freundin«, sagte sie leise.
    Gaby hörte es trotzdem, bemühte
sich aber um eine Miene, als hätte sie nichts mitgekriegt.
    An der Kasse zog Tarzan seinen
Brustbeutel aus dem Pullover.
    Das Geld erhielt er in
50-DM-Scheinen. Sie wanderten in den Brustbeutel und der nahm dann unterm
Pullover seinen diebstahlsicheren Platz ein.

    Als sie die Bank verließen,
dachte er belustigt: Mir haben sie keinen Kalender geschenkt, obwohl ich Kunde
bin.
    Dass er nicht danach fragte,
hatte nichts mit Schüchternheit zu tun. Die gab’s in seinem Wesen nicht.
Vielmehr besaß er bereits drei Kalender fürs kommende Jahr — und noch einen
einzuheimsen, aus Prinzip, wäre Verschwendung gewesen. Zwei würde er ohnehin
verschenken, einen an Karl und einen an Klößchen.
    »Gold oder Silber?«, fragte
Gaby.
    »Wie?«
    »Hast du nicht gesagt, dass du
für deine Mutti eine Kette mit Anhänger kaufen willst.«
    »Ach, das meinst du! Silber.
Sie trägt sehr gern Silberschmuck, obwohl man den putzen muss. Aber... Pfote,
was ist denn?«
    Sie waren zum Parkplatz
gegangen, wo ihre Räder an der Mauer lehnten.
    Tarzan stand mit dem Rücken zur
Straße, Gaby ihm zugewandt.
    Mit riesengroßen Augen sah sie
an ihm vorbei. Im selben Moment hörte er hinter sich knirschende Schritte im
Schnee.
    Er wirbelte herum und stand vor
— Ferdinand Marker, dem Nussknackertyp.
    Einem anderen Jungen hätten vor
Schreck sicherlich die Knie gewackelt. Aber Tarzan war kaltblütig.
    Mit unbewegter Miene sah er den
Ganoven an.
    Noch einen Schritt machte
Marker, dann berührte er Tarzan fast.
    Das Nussknackergesicht zeigte
eine ungesunde Rotfärbung. Dass der Kerl vor Wut fast platzte, blieb nicht sein
Geheimnis.
    Gekleidet war er wie gestern.
Außerdem trug er heute einen weißen Seidenschal und gelbe
Schweinslederhandschuhe.
    »Na, Freundchen!«, sagte er
durch die Zähne. »Jetzt unterhalten wir uns mal. Wie war das mit dem Geld? Im
Fundbüro hast du’s abgegeben, ja?««
    Tarzan nickte. Sogar ein
fröhliches Lachen gelang ihm.
    »Ich war leider noch nicht da.
Aber morgen hole ich meinen Finderlohn ab.«
    »Du verdammter, verlogener
Bengel! Keine Mark hast du abgeliefert.«
    »Wie bitte?«
    Jetzt, dachte er, kommt’s
darauf an! Wenn ich überzeugend schauspielere, kann ich ihn vielleicht
überlisten und das Fundbüro wird zur Falle, und die schnappt zu, und Marker
sitzt drin.
    »Soll ich’s dir vielleicht noch
erklären!«, fuhr Marker ihn an. »Du hast das Geld behalten, hast mich zum
Fundbüro geschickt und...«
    »Was? Ist das Ihr Ernst? Soll
das heißen, beim Fundbüro hätte man Ihnen das Geld verweigert? Das kann

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