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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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nichtsdestoweniger an, so lange die Hecken noch einigermaßen Schutz gewährten. Wenn die Vertheidiger des Lagers mehr als einen Rothrock hingestreckt hatten, so blieben doch auch ihnen empfindliche Verluste nicht erspart. Von Kanonen-oder Flintenkugeln getroffen, waren ein Dutzend von ihnen gefallen und entweder todt oder doch kampfunfähig gemacht. Unter den ersteren befand sich Remy Harcher, der, von einer Kartätschenkugel mitten durch die Brust getroffen, in seinem Blute schwamm. Als seine Brüder ihn aufhoben, um ihn hinter das Haus zu tragen, war er nur noch eine Leiche.
    Hier lag auch schon André Farran mit zerschmetterter Schulter. Herr de Vaudreuil und Vincent Hodge waren, nachdem sie ihn aus dem Feuerbereiche geschafft, wieder an ihren Platz zurückgekehrt.
    Bald machte es sich aber nöthig, die erste Deckungslinie zu räumen. Die von den Kanonenkugeln zerrissenen Hecken eröffneten den Feinden Zugang zum Lager, so daß der Oberstlieutenant Whiterall Befehl gab, die Belagerten mit dem Bajonnet anzugreifen. Das wurde zur »wirklichen Schlächterei«, wie die Berichte über diese blutige Episode der franco-canadischen Insurrection sich ausdrückten.
    Hierbei fielen tapfere Patrioten, welche nach Erschöpfung ihrer Munition sich nur noch mit Kolbenschlägen wehrten, hier wurden die beiden Hébert getödtet, welche minder glücklich waren als A. Papineau, Amiot und Marchessault, denen es gelang, sich durch die Angreifer nach wüthendem Einzelkampfe durchzuschlagen. Hier unterlagen andere Parteigänger der nationalen Sache, deren Anzahl niemals bekannt geworden ist, da der Fluß eine Menge Leichen hinwegschwemmte.
    Unter denjenigen, welche im engeren Zusammenhange mit unserer Erzählung stehen, zählte man ebenfalls einige Opfer. Wenn Johann ohne Namen sich wie ein Löwe geschlagen, wenn er, immer in der ersten Reihe der Seinigen und im dichtesten Handgemenge, heute denen, die mit und die gegen ihn waren, offen gegenüberstand, so war es ein wirkliches Wunder zu nennen, daß er ohne jede Verwundung davon kam, während so viele Andere minder glücklich waren. Nach Remy wurden noch zwei seiner Brüder, Michel und Jacques, von Kartätschensplittern schwer verwundet, von Thomas und Pierre Harcher aus dem Lager weggetragen und damit dem wilden Gemetzel entzogen, mit dem die Königlichen ihren Sieg krönten.
    William Clerc und Vincent Hodge hatten sich ebenfalls nicht geschont. Zwanzigmal hatte man sie, Flinte und Pistole in der Hand, sich mitten unter die Belagerer stürzen sehen. Während des hitzigsten Gefechtes waren sie Johann ohne Namen bis zu der auf der Höhe des Hügels befindlichen Batterie gefolgt. Da wäre Johann getödtet worden, wenn Vincent Hodge nicht den Schlag abgelenkt hätte, den ein Unterofficier des Geschützes nach ihm führte.
    »Ich danke, Herr Hodge! sagte Johann zu ihm. Vielleicht haben Sie aber doch Unrecht gethan!… Jetzt wäre dann Alles vorbei!«
    In der That wäre es vielleicht besser gewesen, wenn Simon Morgaz’ Sohn hier auf dem Platze blieb, da die Sache der Unabhängigkeit auf dem Schlachtfelde von St. Charles unterliegen sollte.
    Schon hatte Johann sich wieder in das Getümmel geworfen, als er am Fuße des Hügels Herrn de Vaudreuil im Blute schwimmend auf der Erde liegen sah.
    Der tapfere Freund seines Vaterlandes war von einem wuchtigen Säbelhiebe getroffen worden, als die Reiter Whiterall’s über das Lager hereinsprengten, um die Vernichtung der Aufständischen zu vollenden.
    In diesem Augenblick erschien es Johann, als ob eine innere Stimme ihm zurief: »Rette meinen Vater!«
    Gedeckt vom Pulverdampfe – schlich sich Johann zu dem bewußtlosen, vielleicht schon gestorbenen Herrn de Vaudreuil hin; er nahm ihn auf die Arme und trug ihn längs der Verschanzungen hin; dann gelang es ihm auch, während die Reiter die Rebellen scharf verfolgten, inmitten der brennenden Häuser den höher gelegenen Theil von St. Charles zu gewinnen und mit seiner Last in die Vorhalle der Kirche zu flüchten.
    Es war jetzt um fünf Uhr Abends. Der Himmel wäre schon dunkel gewesen, wenn nicht aus den Ruinen des Fleckens züngelnde Flammen emporstiegen.
    Der bei St. Denis siegreiche Aufstand war vor St. Charles niedergeworfen worden, und man konnte nicht einmal sagen, daß das einander ausgeglichen hätte. Nein, diese Niederlage mußte schlimmere Nachtheile für die nationale Sache haben, als der Sieg ihr wirkliche Vortheile gebracht hatte. Da dieselbe auch dem ersteren nachfolgte, vernichtete

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