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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Haus gehörte zu denen, die dem Unheil entgingen; doch hatten Bridget und Johann noch Alles von den Siegern zu fürchten, wenn die Sonne erst die traurigen Ruinen von St. Charles beleuchtete.
    Uebrigens wurden sie auch im Laufe der Nacht mehrfach erschreckt. Von Stunde zu Stunde kamen Patrouillen von Soldaten und Freiwilligen an dem geschlossenen Hause vorüber und beobachteten die Umgebung des Fleckens an der Biegung der Landstraße. Zuweilen machten dieselben Halt. Wie leicht war zu befürchten, daß Befehl zu Hausdurchsuchungen gegeben worden war, daß die Agenten der Polizei an die Thüren klopfen und die Oeffnung derselben fordern konnten. Für sich selbst zitterte Johann nicht im mindesten, wohl aber für Herrn de Vaudreuil, der fast im Sterben lag und der dann sein Leben im Hause seiner Mutter ausgehaucht hätte…
    Jene Befürchtungen sollten sich nicht erfüllen – wenigstens nicht während dieser Nacht. Bridget und ihr Sohn hatten sich neben das Kopfkissen des Verwundeten gesetzt. Alles, was sie thun konnten, war geschehen. Hier wären aber Arzneimittel nöthig gewesen – – doch wie solche beschaffen? Hier hätte es eines Arztes bedurft – doch wie einen finden, dem man mit dem Leben des Patrioten auch die Geheimnisse des geschlossenen Hauses hätte anvertrauen können?
    Sie untersuchten die bloßgelegte Brust des Herrn de Vaudreuil. Eine tiefe, von einem Säbelhieb herrührende Wunde verlief schräg über die linke Seite des Brustkastens. Es schien jedoch, daß diese Wunde nicht tief genug eindrang, um ein besonders lebenswichtiges Organ getroffen zu haben. Und dennoch athmete der Verwundete so schwach und hatte einen so großen Blutverlust erlitten, daß er unter dieser Ohnmacht hinscheiden konnte.
    Nach Reinigung der Wunde mit frischem Wasser näherte Bridget die Ränder derselben einander und bedeckte sie mit zusammengefalteten Tüchern. Johann und seine Mutter wagten aber trotzdem kaum zu hoffen, daß Herr de Vaudreuil bei den wiederholten Aufschlägen, welche Bridget ihm machte, und durch die Wärme, welche er im geschlossenen Hause genoß, wieder zu sich kommen würde, ehe Whiterall’s Truppen den Flecken verließen.
    Zwei Stunden nach seiner Hierherkunft ließ Herr de Vaudreuil, obgleich er die Augen noch nicht geöffnet, einige Worte entschlüpfen. Offenbar fesselte ihn nur noch eins – die Erinnerung an seine Tochter – an das Leben. Er rief nach ihr, vielleicht um von ihr gepflegt zu werden, vielleicht schwebten ihm auch nur die Gefahren vor Augen, von denen sie jetzt in St. Denis bedroht war…
    Bridget hielt seine Hand gefaßt und lauschte. Johann, der daneben stand, sachte die Wiederaufreißung der Wunde bei einer etwaigen schnellen Bewegung zu verhindern. Auch er bemühte sich, die von Seufzern unterbrochenen Worte des Armen aufzufassen. Wenn nun Herr de Vaudreuil gar etwas sagte, was Bridget nicht hätte hören sollen?…
    Da ließ sich unter den unzusammenhängenden Sätzen ein Name deutlich vernehmen.
    Es war der Name Clarys.
    »Der Unglückliche hat also eine Tochter? murmelte Bridget, ihren Sohn ansehend.
    – So scheint es, liebe Mutter.
    – Und er verlangt nach ihr. Er will nicht sterben, ohne sie noch einmal gesehen zu haben!… Wäre seine Tochter ihm zur Seite, so würde er ruhiger sein… Wo befindet sich aber dieselbe?… Könnte ich nicht versuchen, sie zu entdecken…. sie… ganz im Geheimen… hierher zu bringen?
    – Sie!… rief Johann.
    – Ja. Ihr Platz ist hier bei ihrem Vater, der sie, mit dem Tode ringend, ruft.«
    Da wollte sich der Verletzte, den das Wundfieber schüttelte, im Bett aufrichten.
    Dann entrangen sich seinem Munde flehende Worte, welche das, was ihn quälte, deutlich verriethen:
    »Clary… allein… da unten… in St. Denis!«
    Bridget erhob sich.
    »St. Denis?… fragte sie. Da hat er seine Tochter zurückgelassen?… Hörst Du’s, Johann?
    – Die Königlichen!… In St. Denis!… fuhr der Verwundete fort. Sie wird ihnen nicht entgehen können!… Die Elenden werden an Clary de Vaudreuil Rache nehmen.
    – Clary de Vaudreuil?« wiederholte Bridget.
    Dann senkte die Frau den Kopf und stammelte:
    »Herr de Vaudreuil… hier bei mir!
    – Ja, Herr de Vaudreuil, gestand jetzt Johann, und da er einmal im geschlossenen Hause ist, so muß auch seine Tochter hierher kommen!«
    Regungslos, neben dem Bette, auf dem Herr de Vaudreuil lag, betrachtete sie diesen Patrioten, dessen Blut für die Unabhängigkeit floß, derselbe, der zwölf Jahre vorher den

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