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Die Familie ohne Namen

Die Familie ohne Namen

Titel: Die Familie ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Laprairie, westlich des Districts von Montreal, aufhielt.
    Man braucht sich nicht im Geringsten zu verwundern, daß solche Eigenthümlichkeiten noch immer in Canada angetroffen werden. Quebec hatte erst unlängst einen ehrenwerthen Amtsschreiber, der seiner Herkunft nach berechtigt gewesen wäre, den Tomahawk zu schwingen und den Kriegsschrei an der Spitze einer Irokesentruppe auszustoßen. Zum Glück gehörte Meister Nick nicht zu jenem Stamme treuloser Indianer, welche sich meist mit den Unterdrückern verbanden. Er hätte das gewiß auch sorgsam verhehlt. Nein, er als Sprößling der Huronen, welche mit den französischen Canadiern fast stets Freundschaft hielten, hatte keine Ursache zu erröthen. Auch Lionel war stolz auf seinen Brotherrn, als unzweifelhaften Sprossen der großen Häuptlinge Amerikas, und er sehnte nur die Gelegenheit herbei, deren hohe Thaten in seinen Versen zu preisen.
    In Montreal hatte Herr Nick fortwährend eine kluge Neutralität zwischen den beiden politischen Parteien bewahrt, da er ja weder französischer Canadier, noch Anglo-Amerikaner war. So schätzten ihn Alle, Alle holten sich bei ihm Rath, mit dem er nicht knauserisch feilschte. Man hätte fast glauben können, daß die angeerbten Instincte in ihm einer Veränderung unterlegen waren, denn bisher hatte er niemals etwas von den kriegerischen Neigungen seiner Race in sich aufkeimen gespürt. Er war eben nur Notar – ein vollkommener, gefälliger und gerne Frieden stiftender Notar. Uebrigens schien er nie das Verlangen empfunden zu haben, den Namen der Sagamores fortzupflanzen, denn er hatte sich bisher kein Weib erwählt, noch dachte er je an einen solchen Schritt.
    Wie erwähnt, machte Herr Nick sich fertig, die Expedition in Begleitung seines zweiten Schreibers zu verlassen. Es handelte sich nur um einen Ausflug von wenigen Stunden, und seine alte Haushälterin Dolly sollte ihn zum Mittagessen erwarten.
    Die Stadt Montreal ist auf der Südküste einer der Inseln des St. Lorenzo erbaut. Diese zehn bis elf Lieues lange und fünf bis sechs Lieues breite Insel nimmt einen ziemlich großen Raum in einer Ausweitung des Stromes, ein wenig thalaufwärts von der Einmündung des Ottawaflusses ein. Hier war es, wo Jacques Cartier das Indianerdorf Hochelaga entdeckte, welches 1646 durch den König von Frankreich der Congregation des heiligen Sulpiz eingeräumt wurde. Die Stadt, die ihren Namen von dem Mont-Royal, der sie beherrscht, herleitet, zählte, dank ihrer der Entwicklung des Handels sehr günstigen Lage, bereits im Jahre 1760 sechstausend Einwohner. Sie dehnt sich am Fuße des malerischen Hügels aus, aus dem man einen prächtigen Park geschaffen hat, welcher mit einem anderen auf dem Eilande St. Helena gelegenen Parke den Vorzug theilt, die größte Menge von Spaziergängern aus Montreal anzulocken. Eine schöne, drei Kilometer lange – 1837 aber noch nicht vorhandene – Röhrenbrücke verbindet die Stadt mit dem rechten Stromufer.
    Montreal ist eine große Stadt geworden und zeigt einen moderneren Anstrich als Quebec, wodurch es gleichzeitig an malerischem Reiz einbüßen mußte. Eines Besuches werth sind daselbst entschieden die beiden Hauptkirchen, die amerikanische wie die katholische, ferner die Bank, die Börse, das allgemeine Krankenhaus, das Theater, das Kloster Notre-Dame, die protestantische Universität Mac Gill’s und das Seminar des heiligen Sulpiz. Die Stadt ist nicht zu groß für die hundertvierzigtausend Einwohner, welche sie augenblicklich zählt und unter denen das amerikanische Element auch heute nur den dritten Theil bildet – immerhin ein Verhältniß, welches das in anderen canadischen Städten noch übertrifft.
    Im Westen erhebt sich das englische oder vielmehr schottische Quartier, welches die alten Bewohner des Landes »Die kleinen Röckchen« zu nennen pflegten, im Osten das französische. Die beiden Racen vermischten sich um so weniger, weil Alles, was mit Handel, Gewerbe oder Bankwesen zusammenhing – mindestens gegen das Jahr 1837 – einzig in den Händen von Banquiers, Gewerbetreibenden und Kaufleuten englischen Ursprungs vereinigt war.
    Die herrliche Wasserstraße des St. Lorenzo trägt wesentlich bei zur Blüthe dieser Stadt, da sie diese nicht nur mit den Grafschaften von Canada, sondern auch mit Europa in Verbindung setzt, ohne daß in New-York eine Umladung zu Gunsten der Frachtschiffe der Alten Welt nothwendig wäre.
    Nach dem Beispiele der reichen Handelsherren Londons trennen auch die

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