Die Familie ohne Namen
in der Grafschaft Montreal obliegt. Er ist ein wirklicher Volkstribun der Kanzel von hinreißender Beredsamkeit, der keine Rücksichtnahme auf die eigene Person kennt und der sich keinen Augenblick überlegen würde, unserer Sache Freiheit und Leben zu opfern.
– Er ist noch jung, sagten Sie, dieser Geistliche? fragte Johann.
– Kaum dreißig Jahre alt.
– Zu welchem Orden gehört er?
– Zu dem des heiligen Sulpice.
– Und sein Name?
– Der Abbé Joann.«
Sebastian Grammont hätte glauben mögen, daß dieser Name in Johanns Geiste eine Erinnerung wachrief, denn der junge Mann verhielt sich einige Augenblicke schweigend. Dann nahm er Abschied von dem Advocaten, obgleich ihm dieser anbot, bis zum nächsten Tage unter seinem Dache zu rasten.
»Ich danke Ihnen, mein lieber Grammont, sagte er, es liegt mir aber daran, meine Genossen vor Mitternacht wieder zu treffen. Wir müssen mit steigender Fluth abfahren.
– So gehen Sie mit Gott, Johann, antwortete der Advocat. Ob Ihr Unternehmen nun gelingt oder nicht, in jedem Fall sind und bleiben Sie einer Derjenigen, die für unser Land das Meiste gethan haben!
– Nichts werde ich gethan haben, so lange dieses noch unter dem Joche Englands seufzt, rief der junge Patriot, und wenn mir dessen Befreiung, selbst mit dem Opfer meines Lebens, nicht gelingen sollte…
– So würden Sie doch dessen ewige Dankbarkeit verdienen, fiel ihm Sebastian Grammont ins Wort.
– Nein, dann würde ich gar nichts verdienen!«
Hiermit trennten sich die beiden Freunde. Nachdem Johann den eine Kabellänge vom Ufer verankerten »Champlain« wieder erreicht hatte, segelte dieser mit der Strömung nach Montreal zu weiter.
Siebentes Capitel.
Von Quebec nach Montreal.
Um Mitternacht hatte der Kutter bereits einige Meilen stromaufwärts zurückgelegt. In dieser vom Scheine des Vollmonds erhellten Nacht steuerte Pierre Harcher mit voller Sicherheit daher, obwohl er von einem Ufer zum anderen laviren mußte, denn der Wind wehte als frische Brise genau aus Westen.
Der »Champlain« hielt erst kurz vor Anbruch des Morgenroths an. Leichte Dunstmassen huschten da über die Wasserfläche der beiden Ufer. Bald tauchten dann im Hintergrunde stehende Bäume aus diesem Nebelschleier auf, den die Sonne aufzulösen begann, und der Lauf des Stromes wurde wieder sichtbar.
Schon waren viele Fischer bei der Arbeit, indem sie Netze und Angelschnuren hinter ihren kleinen Booten her schleppten, welche nur den Oberlauf des St. Lorenzo und seine Nebenflüsse zur Rechten und zur Linken befahren. Der »Champlain« verlor sich bald unter dieser Flottille, welche ihrer nationalen Beschäftigung zwischen den Ufern der Grafschaften Port-Neuf und Lotbinière nachging. Auch die Brüder Harcher begannen sofort ihre Arbeit, nachdem sie an der Nordseite den Anker versenkt hatten. Sie brauchten noch einige Körbe Fische, um diese in den Dörfern zu verkaufen, sobald die Fluth gestatten würde, trotz des Gegenwindes den Strom wieder hinauf zu gelangen.
Während des Fischfanges legten mehrere Rindenboote am »Champlain« an. Es waren zwei oder drei jener leichten »Skifs«, die man auf die Schulter nehmen kann, wenn es sich darum handelt, Untiefen, also Stellen, an denen der Fluß nicht schiffbar ist oder wo ihn Felsen sperren, ebenso längs der Stromschnellen und Wasserfälle, welche ihn da und dort unterbrechen, zu passiren.
Die Leute in den Canots gehörten meist der indianischen Race an. Sie kamen, um Fische zu kaufen, welche sie dann sogleich nach den Flecken und Dörfern des Inneren beförderten, wohin, auf den kleinen Wasserläufen des Landes, nur ihre leichten Boote vordringen konnten. Zu wiederholten Malen legten auch Canadier an den »Champlain« an. Einige Minuten unterhielten sie sich mit Johann und steuerten dann wieder zum Ufer zurück, um die ihnen gegebenen Aufträge auszuführen.
Hätten die Brüder Harcher an diesem Morgen geschäftsmäßig oder nur zum Vergnügen gefischt, so wäre ihnen eine reiche Beute zugefallen. In den Netzen und an den Schnuren fing sich eine große Menge Hechte, Barsche und jener in den canadischen Gewässern so zahlreich vorkommenden Maskinongis und Turadis, welche von den Feinschmeckern Nordamerikas so hochgeschätzt werden.
Daneben singen sie auch viele »Weißfische«, welche ihres zarten vortrefflichen Fleisches wegen ebenfalls allgemein beliebt sind. Die Leute vom »Champlain« durften also in den Uferwohnungen auf den besten Empfang rechnen, und dieser ward ihnen
Weitere Kostenlose Bücher