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Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Titel: Die Familie Willy Brandt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Körner
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versank total in seiner Arbeit, er schonte sich nicht. Eine Ärztin empfahl, er müsse mehr spazieren gehen.«
    »Hat er sich den Vater zum Vorbild genommen?«
    »Peter wollte immer nur Peter sein, und er wollte durch sich selbst gelten, durch eigene Kraft. Der Vater war aber sicher der Maßstab für seine Arbeitswut, aber Peter ging seinen eigenen Weg. Er wollte bis in die letzte Faser seines Körpers dafür einstehen, was er politisch meinte, und der Vater hat ihm dabei immer signalisiert, dass er ihn ernst nimmt.«
    Die Beziehung zerbricht Ende 1976. Das rote Jahrzehnt liegt hinter Maria und Peter, und der junge Mann arbeitet mit Hochdruck an verschiedenen Publikationen. In den achtziger Jahren beginnt er seine Habilitation, die von Professor Reinhard Rürup an der Technischen Universität (TU) betreut wird. Rürup schätzt die fachliche Kompetenz des angehenden Wissenschaftlers und setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass Peter Brandts befristete Verträge an der TU verlängert werden. Peter Brandt habilitiert sich 1988 an der TU Berlin mit einer Arbeit über die Vor- und Frühgeschichte der Burschenschaft im Rahmen der Entstehung der deutschen Nationalbewegung im frühen 19. Jahrhundert. Mit dieser akademischen Qualifikation kann sich der Historiker nun auf einen Lehrstuhl bewerben. Als Peter Brandt schließlich 1990 die Professur in Hagen übernimmt, geht eine lange Zeit beruflicher Ungewissheit zu Ende, denn die Promotion lag bereits fünfzehn Jahre zurück. Diese vergleichsweise lange Zeit zwischen Promotion (1973) und Habilitation (1988) war jedoch kein Ausdruck von mangelndem Fleiß oder Zielstrebigkeit, sondern eher das Gegenteil. Ein Karrierist ist Peter Brandt nie gewesen, auch das eint ihn mit seinen Brüdern, die sich gegen geräuschlos-glatte, gut bezahlte Laufbahnen entschieden und versuchten, dem eigenen Weg treu zu bleiben. Dieses Motiv, sich treu bleiben, sich nicht verkaufen, sich nicht anbiedern, sich auch gegen Widerstände zu behaupten, zieht sich auch durch Peter Brandts akademische Laufbahn. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit betätigte er sich immer als politischer Publizist und Aktivist, der sich vor allem für deutsch-deutsche Themen einsetzte, was ihn innerhalb der Linken auch zu einer stark befehdeten Figur machte, denn links sein und »national« denken schien und scheint gerade in Deutschland ein Affront zu allen politischen Seiten hin.
    Am 25. März 2009 wurde Peter Brandt für seinen gesellschaftspolitischen Einsatz mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. In der Begründung für diese Auszeichnung hieß es, der Geehrte habe sich weit vor 1989/90 für eine Annäherung der beiden Teile Deutschlands eingesetzt und auf verschiedenen Ebenen um die staatliche Vereinigung sowie die »innere Einheit« verdient gemacht. Darüber hinaus habe er sich publizistisch stets mit dem nationalen Selbstverständnis auseinandergesetzt und so ein Nachdenken über Deutschland angeregt. Wenn man sich die Bilder der Ordensverleihung ansieht, Klaus Wowereit heftet Peter Brandt das rote Kreuz an das dunkle Revers des betont streng geschnittenen Anzugs, dann kommt man kaum umhin, die Physiognomie der beiden Männer zu vergleichen. Der Berliner Bürgermeister lächelt vergnügt in die Kameras, ein pausbäckiger, pfiffiger Junge, die Augen lächeln mit, ein hochbetriebsamer Impresario für Berlin, der zischt und dampft in allen Gassen, ein Standortpolitiker, ökonomischer Schlank- und Fitmacher, der über den Tag hinaus kaum Träume hat noch Sorgen. Daneben Peter Brandt: Er versucht ein Lächeln, auf halbem Wege blieb es liegen, ein melancholischer Blick zu den Kameras, das Gesicht schmal, fast hager, so als laufe der Mann Marathon (was er nicht tut), so als nage eine Sorge an seinem Reservoir der Hoffnungen. Der eine ein Leicht-, der andere ein Schwermeister, der eine eine Frohnatur, der andere ein Melancholiker.
    Peter Brandt ist ein Mensch, dem vieles zu Herzen geht, dem sich vieles aufs Herz legt, dem das Leben Stricke ums Herz schnürt und daran zieht. Kein Leichtmeister. Die achtziger Jahre sind ein bleiernes Jahrzehnt für ihn. Seit 1980 ist er Mitglied der Berliner Alternativen Liste, doch eine wirkliche politische Heimat findet er hier nicht, er verlässt die Partei 1985 ohne Aufsehen. Über sein politisches Engagement sagt sein Vater einmal lakonisch: »Ich glaube, die Leute haben inzwischen verstanden, dass wir zwei verschiedene Menschen sind!« Auch im Privaten versucht Peter Brandt, eine

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