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Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Die Familie Willy Brandt (German Edition)

Titel: Die Familie Willy Brandt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Körner
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verkörpern, aber beim besten Willen nicht spielen können. Am Anfang wirkt der Jüngere noch frisch und halbwegs authentisch; doch wenn dann ›Mahlkes Aufstieg beginnt‹, beginnt bei Lars nichts. Und sein älterer Bruder, der die späteren Phasen vorzuführen hätte, steht nur nett und unbeträchtlich herum.«
    Eine Filmkarriere lockte beide Brüder nicht. Zwar flog Lars auf Einladung des italienischen Regisseur Roberto Faenza nach Rom, um dort Probeaufnahmen für zwei Filme zu machen, doch der Fünfzehnjährige schlug das Angebot aus, nachdem die Eltern ihm die Entscheidung überlassen hatten, ob er die Schule beenden oder nach Rom gehen wolle.

Peter Brandt, Claudia Bremer und Lars Brandt bei der Uraufführung des Films »Katz und Maus« am 7. Februar 1967 in Berlin
[picture alliance/Konrad Giehr]
    Peter und Lars Brandt standen bereits vor ihrer Mitwirkung in »Katz und Maus« im Blickpunkt der Medien, doch zumeist waren sie bis dahin nur passiver Bestandteil des inszenierten Familienbildes gewesen. Für Homestorys, Radio- und Fernsehreportagen, für Zeitungsporträts und Wahlkampf-Spots waren sie zumeist adrette Mustersöhne ohne weitere Auffälligkeiten. Doch vor allem Peter verließ nun dieses medial komponierte Familienbild, er fing an die Ruhe zu stören, so wie 1964, als er zu denen gehörte, die bei einer Mai-Feier den Bundeskanzler Erhard auspfiffen. Das waren nur erste Fingerübungen des Protestierens gewesen, denen weitere folgen sollten. Mit »Katz und Maus« erlangten Peter und Lars bundesweite Beachtung, sie waren jetzt nicht mehr nur die Söhne, sondern die Söhne, die in »Katz und Maus« mitgespielt hatten, auf eigene Faust, ohne den Auftrag des Vaters, ohne Mandat der Partei. Sie mussten von nun an selbst entscheiden, ob jemand sie instrumentalisieren, ob jemand ihre Prominenz als Kinder des prominenten Politikers ausbeuten oder ob jemand sie als Türöffner zur politischen Sphäre benutzen wollte.
    Im Frühjahr 1967 zog die Familie von Berlin nach Bonn, Peter blieb in Berlin, um sein Abitur zu machen, Lars folgte widerwillig und mit Bauschmerzen, Matthias allein war jung genug, um Berlin einen recht schmerzlosen Laufpass zu geben, er war in seiner Geburtsstadt noch nicht tief verwurzelt.

    »Was haben Sie denn mit Ihrer Gage gemacht? 1000 Mark, das war doch damals eine Menge Geld?« Peter Brandt wühlt mit beiden Händen in der Kiste Erinnerung. »Vielleicht hab ich davon mein erstes Auto gekauft, einen gebrauchten VW, aber genau kann ich es Ihnen nicht mehr sagen.« Und auch in Lars Brandts Alltag scheint die Gage keine tieferen Spuren hinterlassen zu haben. Auf meine Anfrage per Mail erwidert er elektronisch-lakonisch: »Ausgehen, Zigaretten, Kino, Bücher.«

Roter Peter
    Genosse Maus, ein Jugendfreund von Peter Brandt, war das unverzichtbare Beelzebüblein der Revolution. Er paffte mit Willy Brandt »Rothändle«, er sengte – nur so aus Daffke – dem schlafenden Peter Brandt mit einem Feuerzeug den großen Zeh an, er spielte in »Katz und Maus« den »Pilenz«, er spannte Wolfgang Neuss Joan Baez aus, woraufhin der schmollend mit Unterhosen warf, Henri Nannen leierte er für die Schülerzeitung »Roter Turm« ein halbes Dutzend Schreibmaschinen aus dem Kreuz, und Rudolf Augstein überließ dem quengelnden Akquisiteur alle »Spiegel«-Ausgaben, prächtig gebunden, um den Informationshunger der Berliner Gymnasiasten zu stillen, was Genosse Maus jedoch nicht hinderte, die Info-Gabe für sich zu bunkern; er schlich sich in Peter Brandts Zimmer, telefonierte unter dessen Namen oder rief bei einer Boulevardzeitung an, um mitzuteilen, wo der rote Peter heute wieder Flugblätter verteilte, er quatschte und quasselte, bis man sich ihm ergab, ihm was schenkte oder sich aus dem Staub machte. Genosse Maus, der schnorrende Sidekick, der Groupie der Revolte, der Münchhausen aus Charlottenburg, schaffte es auch diesmal wieder, er schaffte das Unmögliche.
    Als die Rolling Stones am 15. September 1965 in der Berliner Waldbühne spielen, beschwatzt er die Ordner so lange, bis man ihm, Peter und anderen Freunden als »Journalisten« freien Eintritt gewährt, obwohl die Waldbühne mit 22000 Fans bereits restlos ausverkauft ist. Kaum haben die Stones die Bühne betreten, erobern einige Draufgänger die Bühne, die Polizei treibt sie zurück, während die Band flüchtet und Schutz sucht. Das Konzert wird unterbrochen. Nach einer kurzen Pause kehren Mick Jagger, Keith Richards und die anderen zurück,

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