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Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme

Titel: Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Ténor
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viel größer als ich, aber er wirkte riesig, übermächtig. Er stand still und unbeweglich da wie eine Statue. Im Gegensatz dazu war die Kälte, die von ihm ausging, wie eine Hand, die mich berührte, betastete, erforschte. Zuerst fiel es mir schwer, mir ein genaues Bild seiner Erscheinung zu machen. Seine Silhouette glich einem schwarzen Loch und schluckte das wenige Licht, das die weiß glühenden Blütenkandelaber abgaben. Daher erkannte ich nur eine düstere, entfernt menschliche Gestalt, deren Arme an den Seiten herunterhingen. Falls ich etwas hätte sagen wollen, hätte ich es nicht gekonnt. Meine Kiefermuskeln waren wie gelähmt und mein Brustkorb so eingeschnürt, dass ich zu ersticken drohte. Ich krümmte mich vor Schmerzen. Erst mit geschlossenen Augen konnte ich ein wenig den bösen Zauber lösen, von dem ich mich selbst, allein durch meine Angst, hatte fesseln lassen. Ich richtete mich auf, bemühte mich, so gerade wie möglich zu stehen, und zwang mich, den Anblick dieses … Dings zu ertragen. Die stille Konfrontation dauerte eine ganze Weile, in der ich kämpfte, um die Kontrolle über meinen Körper zurückzugewinnen. Und dann erhob sich plötzlich eine Stimme im Saal, während mir zugleich ein eisiger Windhauch über das Gesicht strich.
    »Bist du der Ausländer, der das Geheimnis des Schändlichen bewahrt?«
    Was mich daran überraschte, war nicht so sehr das Timbre, das weder besonders dunkel noch besonders kräftig war, sondern dass die Stimme so … allgegenwärtig war. Ich konnte nicht erkennen, woher sie kam, und war nicht mal sicher, ob sie ihren Ursprung außerhalb meines Kopfes hatte. Vielleicht hatte der emotionale Schock, den ich gerade erlitten hatte, mein Bewusstsein verändert. Jedenfalls musste
ich viel Willenskraft aufbringen, um meine Frage äußern zu können.
    »Wer seid Ihr?«
    »Was ist das Geheimnis?«, fragte er.
    »Welches Geheimnis?«
    »Der Schändliche hört dir zu.«
    Er folgte seiner Logik, ich meiner, wir waren nicht wirklich dafür geschaffen, uns zu verständigen. Ich schüttelte den Kopf und sagte dann herausfordernd: »Ihr braucht doch nur die Schale des Schicksals zu befragen!«
    Zu meiner großen Überraschung kam er tatsächlich näher, was bei mir einen ordentlichen Adrenalinstoß auslöste. Hastig machte ich ihm Platz, wie ein hasenfüßiger Diener seinem Herrn. Er stellte sich vor die Schale, wartete einen Moment und fragte dann mit verwirrender Unschuld: »Wie macht man das?«
    Verblüfft näherte ich mich der Schale und stellte mich dem Schändlichen gegenüber. Wenn ich die Hand ausstreckte, hätte ich ihn fast berühren können. Im schwachen Lichtschein der spiegelnden Quecksilberoberfläche konnte ich ihn genauer erkennen. Er trug einen eng anliegenden Teerpanzer, auf dem nach Art der römischen Brustpanzer eine kräftige Muskulatur modelliert war und der ihm bis weit über die Schultern reichte. Darunter war er mit einer Art Hemd bekleidet, das aus anschmiegsamem schwarzem Gummi zu bestehen schien, und Handschuhen aus dem gleichen unangenehm weichen Material. Ein breiter Gürtel mit einer ovalen Eisenschnalle zierte seine Taille. Ich hob die Augen, um sein Gesicht zu betrachten. Doch er hatte keines! »Der Fürst ohne Gesicht«, dachte ich und erinnerte mich, dass er in einigen Legenden so genannt wurde. Schließlich merkte ich, dass er eine farb- und glanzlose Maske aus mattem Metall trug, in der Nase und Mund nur angedeutet
waren. Die Augen bestanden aus zwei mandelförmigen Löchern. Diese ausdrucklose Prothese war wie ein abnehmbares Visier an einem schwarzen Eisenhelm befestigt, der Schädel und Hals vollkommen bedeckte. Auf diese Weise war kein noch so winziges Stück Haut zu sehen. Insgesamt weckte er in mir einen an Abscheu grenzenden Widerwillen.
    »Wie macht man das?«, wiederholte er.
    Es fiel mir immer noch schwer, zu atmen, und mir war furchtbar übel. Wenn ich hätte fliehen wollen, hätten mich meine Beine nicht getragen. Fast hätte ich um Gnade gefleht für eine Folter, die noch nicht einmal begonnen hatte.

    Wieder hallten Geräusche über die Treppe herauf: metallisches Klirren, Niesen, Knurren … Mehrere Krieger drangen in den Saal ein. Ich wurde erneut von Entsetzen gepackt, als ich feststellte, dass es Orks waren, keine Halboder Unterorks, sondern echte Humanoide, hundertprozentige Nichtmenschen. Sie sahen so aus, wie Fregainthe sie mir eines Abends am Lagerfeuer beschrieben hatte: zwei Meter große Kolosse von der Statur

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