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Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme

Titel: Die fantastische Reise ins Koenigreich der sieben Tuerme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Ténor
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mittelalterlicher Scharfrichter. Ihre gummiartige dunkelgraue Haut machte aus ihrem Gesicht eine falten- und ausdruckslose Maske, in der sich nichts außer dem durchdringenden Funkeln ihrer Pupillen abzeichnete. Zusätzlich zur üblichen Teerrüstung trugen sie einen schwarzen Pelzstreifen auf den Schultern und um die Taille. Ich schloss daraus, dass dies vermutlich Offiziere der persönlichen Garde des Schändlichen waren.
    Nach ihrem ständigen Räuspern und ihrer stoßweisen Atmung zu urteilen, wirkte die Kozmariste ziemlich stark. Aber anscheinend nicht stark genug, da sie hier waren. Auf einmal musste ich an Lizlide denken, die oben auf dem Turm auf mich wartete, und ich wurde von tiefer Bestürzung
ergriffen. Ich fürchtete nicht um ihr Leben, da ich wusste, dass sie sich nicht schnappen lassen würde. Ich stellte mir eher vor, dass sie verzweifelt war, weil sie wusste, dass ich in der Falle saß. Also beschloss ich, der Sache schnell ein Ende zu bereiten, und lenkte meine Aufmerksamkeit wieder auf den Schändlichen. Im nächsten Moment war es vorbei mit meiner Entschlossenheit. Tränen traten mir in die Augen. Die Orks gaben ein paar Laute auf Arth-Neuhm von sich. Ihr Herrscher begnügte sich damit, als Antwort die linke Hand zu heben. Sofort wichen sie zurück, verließen den Saal und schlossen die Tür.
    »Verrate mir das Geheimnis«, verlangte der Schändliche erneut.
    Was konnte ich ihm antworten, wo ich es doch nicht kannte? Das konnte ich ihm schlecht gestehen und noch weniger mir etwas ausdenken. Ich versuchte, Zeit zu schinden, während ich nach einer Lösung suchte.
    »Warum sollte ich das tun?«, fragte ich.
    »Weil dieses Geheimnis dem Schändlichen gehört. Es muss ihm die Macht verschaffen, die ihm fehlt.«
    »Welche Macht?«
    »Die des Lebens.«
    Diese Enthüllung machte mich stutzig. Was wollte er damit sagen? Mir kam nur eine vernünftige Antwort in den Sinn: Wenn er den Tod darstellte, würde er durch die Macht, Leben zu schaffen, Gott ebenbürtig sein. Ungefähr so wie Satan in der Rangfolge der göttlichen Mächte dem Allmächtigen ebenbürtig ist - bis auf eine Kleinigkeit, die ihn auf Teufel komm raus (haha!) auf den unteren Rang verbannt. Gott ist die Sieben und er ist die Sechs. Vielleicht liegt genau dort der Unterschied: in der Erschaffung des Lebens …
    »Selbst wenn ich Euch das Geheimnis verraten würde«,
fuhr ich fort, »was würdet Ihr damit anfangen, wo Ihr doch das genaue Gegenteil des Lebens darstellt?«
    Er hob den Kopf, und die beiden schwarzen Löcher seiner Augen sahen mich fest an. Ich hatte einen wunden Punkt getroffen, sagte ich mir. Seine bohrende Stimme ließ mich das allerdings nicht lange hoffen.
    »Wie macht man das?«, fragte er erneut.
    Dieses Gespräch war ziemlich verwirrend, denn ich hatte den Eindruck, dass der Schändliche auf eine Antwort wartete, deren Inhalt ihm vollkommen gleichgültig war. Ich erklärte es mir so: Er war ein emotionales Nichts, eine Maschine, wenn auch eine biologische. Und wenn dem so war, wer bediente sie dann?, fragte ich mich.
    »Was gebt Ihr mir dafür, dass ich es Euch sage?«
    »Nichts.«
    Die Antwort fiel wie das Fallbeil einer Guillotine oder die Verkündung einer unheilbaren Krankheit. Auf einmal fühlte ich mich furchtbar niedergeschlagen. Diese Diskussion führte zu nichts. Sie war aussichtslos, sinnlos, vollkommen zwecklos. Ich fragte mich, wie ich diesen Ort lebend verlassen sollte, jetzt, wo er in der Hand der Orks war. In Gegenwart dieser Kreatur, oder vielleicht sollte ich sagen dieser Anti-Kreatur, überkam mich eine unermessliche Verzweiflung, die meine Sinne und mein Denken erstarren ließ. Ganz allmählich verlor ich die Lust zu argumentieren, den Willen zu kämpfen.
    »Natürlich«, sagte ich missmutig, »weil Ihr nichts als den Tod geben könnt.«
    »Der Schändliche gibt nichts, er weiß nur zu nehmen.«
    »Der Schändliche ist nichts, so sieht es aus!«, rief ich in einem Anflug von Aufbegehren. »Nichts als Illusion, das Gegenteil von Wirklichkeit. Deshalb könnt Ihr auch nicht ›ich‹ sagen. Ihr habt keine Seele, keine Existenz … Ihr seid
nicht lebendig, nicht mal real! Und trotzdem rede ich mit Euch«, klagte ich. »Wer seid Ihr dann? Was seid Ihr? Antwortet! Antwortet mir, dann habt Ihr Euer Geheimnis!«
    Ich blickte ihn fest an und war verwirrt von dem, was mir soeben klar wurde. Er hingegen blieb unbeweglich, still, unendlich geduldig. Ich senkte die Augen und sah auf der Quecksilberoberfläche das

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