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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe der Gier
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gefahren, hochgehoben und an Bord von zwei Trägern in Empfang genommen, bevor es in den Eingeweiden der Maschine verschwand.
    Der Zollbeamte unterschrieb alle drei Kopien der
    Frachtdokumente und verabschiedete sich von Ruth, bevor er in sein Büro zurückkehrte. Unter normalen Umständen wäre Ruth ebenfalls in ihr Büro zurückgekehrt, hätte die nötigen Formblätter ausgefüllt, ihre Nachrichten abgehört und dann Feierabend gemacht. Doch es herrschten keine normalen Umstände. Sie blieb in ihrem Wagen sitzen und wartete, bis das Gepäck der Passagiere an Bord geladen worden war und die Frachttüren verschlossen wurden. Sie rührte sich nicht von der Stelle, auch dann nicht, als das Flugzeug auf das nördliche Rollfeld fuhr. Sie wartete, bis die Räder der Maschine vom Boden abhoben. Dann rief sie Leapman in New York an. Ihre Nachricht war schlicht. »Die Kiste ist auf dem Weg.«

    Jack war verwirrt. Er hatte Anna entdeckt, wie sie in die Ankunftshalle geschlendert war, einige Dollar bei Travelex umgetauscht hatte und sich dann in die lange Schlange für ein Taxi eingereiht hatte. Jacks Taxi stand bereits mit laufendem 295
    Motor auf der anderen Straßenseite, zwei Gepäckstücke an Bord, und wartete darauf, dass Annas Taxi vorbeifuhr.
    »Wohin, Governor?«, fragte der Fahrer.
    »Ich bin nicht sicher«, gab Jack zu. »Aber ich könnte wetten, zum Frachtdepot.«
    Jack nahm an, dass Anna direkt zum Frachtdepot fahren und die Kiste abholen würde, die der Taxifahrer aus Bukarest aufgegeben hatte.
    Aber er irrte sich. Anstatt nach rechts zu fahren, wo das große, blaue Schild zum Frachtdepot wies, bog Annas Taxi nach links und fuhr über die M25 nach Westen.
    »Sie fährt nicht zum Frachtdepot, Governor. Was schätzen Sie jetzt – Gatwick?«
    »Was mag nur in der Kiste sein?«, sinnierte Jack.
    »Ich habe keine Ahnung, Sir.«
    »Ich bin ja so dämlich«, meinte Jack.
    »Dazu möchte ich lieber nichts sagen, Sir, aber es würde helfen, wenn ich wüsste, wohin wir fahren.«
    Jack lachte. »Ich denke, es wird Wentworth sein.«
    »Okay, Governor.«
    Jack versuchte, sich zu entspannen, aber jedes Mal, wenn er in den Rückspiegel sah, hätte er schwören können, dass ihnen ein anderes schwarzes Taxi folgte. Eine schattenhafte Gestalt saß auf dem Rücksitz. Warum verfolgte sie Anna immer noch, wo sich das Gemälde längst im Frachtdepot befinden musste?
    Als sein Fahrer von der M25 abbog und die Straße nach Wentworth nahm, fuhr das Taxi, von dem Jack dachte, es verfolge sie, weiter in Richtung Gatwick.
    »Sie sind doch nicht dämlich, Governor, denn es sieht ganz so aus, als ob es wirklich Wentworth wird.«
    »Nicht dämlich, aber paranoid«, meinte Jack.
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    »Entscheiden Sie sich, Sir«, sagte der Fahrer, als Annas Taxis durch die Pforte von Wentworth Hall fuhr und die Auffahrt entschwand. »Soll ich ihr folgen, Governor?«
    »Nein«, sagte Jack. »Aber ich brauche ein Hotel in der Nähe.
    Kennen Sie zufällig eines?«
    »Wenn das Golfturnier stattfindet, setze ich immer viele Fahrgäste im Wentworth Arms ab. Die sollten zu dieser Jahreszeit ein Zimmer für Sie frei haben.«
    »Lassen Sie es uns herausfinden«, bat Jack.
    »Aber gerne doch, Governor.«
    Jack lehnte sich zurück und gab eine Nummer in sein Handy ein.
    »Amerikanische Botschaft.«
    »Tom Crasanti, bitte.«
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    ALS OLGA KRANTZ nach der Operation wieder zu sich kam, spürte sie als Erstes den stechenden Schmerz in ihrer rechten Schulter. Sie brachte es fertig, den Kopf ein paar Zentimeter vom Kissen zu heben, während sie versuchte, sich in dem kleinen, schmucklosen Raum mit den nackten, weißen Wänden zurechtzufinden: Es gab nur ein Bett, einen Tisch, einen Stuhl, ein Laken, eine Decke und eine Bettpfanne. Der Raum hatte keine Fenster, keine Blumen, kein Obst, keine Gute Besserung -
    Genesungskarten, aber dafür einen Ausgang mit Querbalken über der Tür.
    Sie versuchte, sich zusammenzureimen, was mit ihr geschehen war. Sie konnte sich erinnern, wie der Taxifahrer die Waffe auf ihr Herz richtete, doch dann setzte ihre Erinnerung aus. Sie hatte gerade genug Zeit gehabt, sich zur Seite zu drehen – zwei Zentimeter, mehr nicht – bevor die Kugel in ihre Schulter drang.
    Niemand war je zuvor so weit gekommen. Die nächste Kugel verfehlte sie komplett, aber da hatte er ihr schon eine weitere Sekunde gegeben, genug Zeit, um seine Kehle aufzuschlitzen.
    Er musste ein Profi gewesen sein, vielleicht ein ehemaliger Polizist, möglicherweise ein

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