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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe der Gier
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unvermeidlichen Racquetschläger in der Hand. Jack sah die breite Rundtreppe hinauf und entdeckte noch mehr ehemalige Präsidentenbilder, die älteren Datums waren; nur der Schläger schien sich nie verändert zu haben. Er ging zum Empfangstisch.
    »Kann ich Ihnen helfen, Sir?«, fragte ein junger Mann.
    »Ich weiß nicht recht«, räumte Jack ein.
    »Versuchen Sie es«, bat der junge Mann.
    Jack nahm den nachgemachten Schlüssel aus seiner Tasche und legte ihn auf die Theke. »Haben Sie je so einen gesehen?«, erkundigte er sich.
    Der junge Mann nahm den Schlüssel zur Hand, wendete ihn, sah sich die Buchstaben eine Weile an und erwiderte dann:
    »Nein, Sir, ich glaube nicht. Es könnte sich um einen Schließfachschlüssel handeln, jedoch keinen von uns.« Er drehte sich um und nahm einen schweren Bronzeschlüssel von einem Brett hinter dem Empfang. Ein Mitgliedsname war auf dem 331
    Griff aufgebracht und die Buchstaben ›NYRC‹ in Rot über dem Schlüsselbart.
    »Irgendeine Idee?« Jack versuchte, die Verzweiflung aus seiner Stimme herauszuhalten.
    »Nein, Sir«, erwiderte der junge Mann. »Es könnte allenfalls vor meiner Zeit gewesen sein«, fügte er hinzu. »Ich bin erst seit elf Jahren hier. Vielleicht kann Abe Ihnen helfen. Er war schon in den Tagen hier, in denen mehr Leute Racquet spielten als Tennis.«
    »Und die Gentlemen spielten ausschließlich Racquet«, warf ein älterer Mann ein, der in diesem Augenblick aus einem Büro kam und neben seinen Kollegen trat. »Womit genau kann ich Ihnen behilflich sein?«
    »Es geht um einen Schlüssel«, erklärte sein junger Kollege.
    »Dieser Herr möchte wissen, ob Sie je einen derartigen Schlüssel gesehen haben.« Er reichte Abe den Schlüssel.
    Abe drehte ihn in der Hand. »Es ist ganz sicher keiner von unseren«, bestätigte er. »War es auch nie. Aber ich weiß, wofür das ›R‹ steht«, fügte er triumphierend hinzu. »Es muss ungefähr, ach, fast 20 Jahre her sein, als Dinkins noch Bürgermeister war.« Er hielt inne und sah zu Jack auf. »Ein junger Bursche kam herein, der kaum ein Wort Englisch sprechen konnte, und fragte, ob dies der rumänische Club sei.«
    »Natürlich«, murmelte Jack. »Wie dumm von mir.«
    »Ich erinnere mich, wie enttäuscht er war, als er entdeckte, dass das ›R‹ für ›Racquet‹ steht«, fuhr Abe fort und ignorierte Jacks gemurmelte Selbstkasteiung. »Ich glaube, er wusste nicht einmal, was ein Racquet ist. Wissen Sie, er konnte kein Englisch lesen, darum musste ich die Adresse für ihn nachschlagen. Der einzige Grund, warum ich mich nach all der Zeit daran erinnere, ist der, dass der Club irgendwo an der Lincoln lag.« Er betonte den Namen der Straße. Er sah Jack an, der sich vornahm, Abe kein zweites Mal zu unterbrechen. »Schließlich bin ich nach ihm 332
    benannt, nicht wahr?«, erklärte er. Jack lächelte Abe an und nickte. »Es war irgendwo in Queens, glaube ich, aber an den genauen Ort kann ich mich nicht erinnern.«
    Jack steckte den Schlüssel wieder in seine Tasche, dankte Abe und ging, bevor Abe die Gelegenheit hatte, noch weitere Erinnerungen für ihn auszugraben.

    Tina saß an ihrem Schreibtisch und tippte die Rede ab. Fenston hatte ihr nicht einmal dafür gedankt, dass sie an einem Samstag ins Büro gekommen war.
    Banker müssen stets bereit sein, Maßstäbe zu setzen, die alle legalen Anforderungen an sie weit übertreffen.
    Die Vereinigung New Yorker Banker hatte Fenston
    eingeladen, bei ihrem Jahrestreffen, das im Sherry Netherland stattfinden sollte, die programmatische Rede zu halten.
    Fenston zeigte sich von der Einladung sowohl überrascht als auch geehrt, obwohl er schon seit einiger Zeit darauf scharf gewesen war. Das Komitee war geteilter Ansicht gewesen.
    Fenston war fest entschlossen, bei seinen Kollegen von der Bruderschaft der Banker einen guten Eindruck zu hinterlassen, und hatte bereits mehrere Entwürfe der Rede diktiert.
    Die Kunden müssen sich immer auf unser unabhängiges Urteil verlassen können, voller Vertrauen, dass wir in ihrem Interesse handeln, nicht in unserem eigenen.
    Tina fragte sich allmählich, ob sie das Drehbuch für eine Sitcom über Banker tippte, bei der Fenston für die männliche Hauptrolle vorsprechen wollte. Welche Rolle würde Leapman in dieser Moralgeschichte spielen?, fragte sie sich. Und wie viele Folgen würde Victoria Wentworth überleben?
    Wir müssen uns allezeit als Wächter des Vermögens unserer Kunden betrachten – insbesondere, wenn sie einen van

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