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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe der Gier
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Arabella.
    Andrews trat wie aufs Stichwort vor und hielt ihnen ein Silbertablett mit drei Gläsern entgegen.
    »Ein Glas Champagner, Madam?«, fragte er.
    »Danke«, sagte Anna und nahm eine langstielige Flöte. Als Andrews zurücktrat, fiel ihr Blick auf eine Vase in Türkis und Schwarz, die sie nie zuvor gesehen hatte.
    »Sie ist prachtvoll«, sagte Anna.
    »Das Geschenk von Mr. Nakamura«, erklärte Arabella. »Wie peinlich – ich hoffe, dass ich keinen Faux pas begehe, wenn ich es zur Schau stelle, während Mr. Nakamura noch Gast in meinem Hause ist?«, fügte sie hinzu und schwieg dann. »Falls doch, kann Andrews sie sofort entfernen.«
    »Bitte nicht«, bat Anna. »Mr. Nakamura wird geschmeichelt sein, dass Sie sein Geschenk zu so vielen anderen Maestros gesellt haben.«
    »Sind Sie sicher?«, fragte Arabella.
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    »Oh ja. Die Vase belebt den Raum, lässt ihn sogar erstrahlen.
    Es gibt eine sichere Regel, was echtes Talent betrifft«, erläuterte Anna. »Kein Kunstwerk, welcher Art auch immer, ist fehl am Platz, solange es unter Gleichwertigem ausgestellt wird. Der Raffael an der Wand, die Diamantenkette, die Sie tragen, der Chippendale-Tisch, auf dem Sie die Vase platziert haben, der Kamin von Nash und dazu der van Gogh – alle wurden von Meistern ihres Faches geschaffen. Ich habe keine Ahnung, welcher Könner diese Vase geschaffen hat«, fuhr Anna fort und bewunderte immer noch das Türkis, das in das Schwarz zu verlaufen schien wie eine schmelzende Kerze, »aber ich zweifele nicht daran, dass er in seiner Heimat als echter Meister geehrt wird.«
    »Nicht gerade als Meister«, meldete sich eine Stimme hinter ihnen zu Wort.
    Arabella und Anna drehten sich gleichzeitig um und sahen, dass Mr. Nakamura den Raum betreten hatte. Er trug einen Smoking und eine Fliege, was Andrews für gut befunden hätte.
    »Kein Meister?«, hakte Arabella nach.
    »Nein«, erwiderte Nakamura. »In diesem Land ehren Sie jeden, der ›Hoheit erwirbt‹, um ihren Barden zu zitieren, indem Sie ihn zum Ritter schlagen oder zum Baron ernennen.
    Wohingegen wir in Japan ein solches Talent mit dem Titel
    ›nationaler Schatz‹ belohnen. Es ist angemessen, dass dieses Stück seine Heimat in Wentworth Hall gefunden hat, denn von den zwölf großen Töpfern der Geschichte stammten nach Meinung der Experten elf aus Japan. Es gibt nur eine einzige Ausnahme und das ist ein Mann aus Cornwall, Bernard Leach.
    Sie haben ihn nicht zum Lord gemacht, ihn nicht einmal zum Ritter ernannt, darum haben wir ihn zum nationalen Schatz ehrenhalber erklärt.«
    »Wie ungeheuer zivilisiert«, meinte Arabella. »Ich muss leider zugeben, dass wir seit kurzem Popstars, Fußballern und 409
    schnöden Millionären diese Ehre zuteil werden lassen.«
    Nakamura lachte, während Andrews ihm ein Glas Champagner anbot. »Sind Sie ein nationaler Schatz, Mr. Nakamura?«, erkundigte sich Arabella.
    »Ganz sicher nicht«, erwiderte Nakamura. »Meine Landsleute erachten schnöde Millionäre einer solchen Ehre nicht für würdig.«
    Arabella wurde blutrot, während Anna weiterhin die Vase musterte, als habe sie diese Bemerkung nicht gehört. »Kann es sein, dass diese Vase nicht völlig symmetrisch ist, Mr. Nakamura?«
    »Hervorragend beobachtet«, erwiderte Nakamura. »Sie hätten dem diplomatischen Corps beitreten sollen, Anna. Sie haben nicht nur geschickt das Thema gewechselt, gleichzeitig haben Sie eine Frage gestellt, die unbedingt beantwortet werden will.«
    Nakamura ging an dem van Gogh vorbei, als habe er ihn nicht bemerkt, und betrachtete die Vase eine Weile, bevor er hinzufügte.
    »Falls Sie jemals eine Keramik finden, die perfekt ist, dann dürfen Sie sicher sein, dass sie von einer Maschine gefertigt wurde. Bei einer Keramik muss man annähernde Perfektion anstreben. Wenn man sorgfältig hinschaut, findet man immer irgendeinen kleinen Fehler, der uns daran erinnert, dass dieses Teil von einer menschlichen Hand geschaffen wurde. Je länger man danach suchen muss, desto größer der Handwerker, denn nur Giotto war in der Lage, den vollkommenen Kreis zu zeichnen.«
    »Für mich ist es Vollkommenheit«, erklärte Arabella. »Ich liebe die Vase und was immer Mr. Fenston mir in den kommenden Jahren nehmen wird, ich werde ihm niemals erlauben, seine Hände auf meinen nationalen Schatz zu legen.«
    »Vielleicht wird der Fall, dass er Ihnen etwas nimmt, gar nicht eintreten.« Mr. Nakamura drehte sich zu dem van Gogh, als würde er ihn zum ersten Mal bemerken. Arabella

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