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Die Farbe der Gier

Die Farbe der Gier

Titel: Die Farbe der Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe der Gier
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durch«, spornte sie sich an, schon etwas entschlossener. Schließlich öffnete sie die Wagentür. Sie holte tief Luft und schlenderte über den Teer zum Eingang des Gebäudes.
    Anna trat durch die Drehtür und stand einer Empfangsdame gegenüber, die sie noch nie gesehen hatte. Kein guter Anfang.
    »Ist Ruth da?«, fragte Anna fröhlich, als ob sie jeden Tag im Büro vorbeischaute.
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    »Nein, sie isst zu Mittag in der Royal Academy, um die anstehende Rembrandt-Ausstellung durchzugehen.«
    Annas Mut sank.
    »Aber ich erwarte sie jeden Moment zurück.«
    »Dann warte ich«, erklärte Anna lächelnd.
    Sie setzte sich in den Empfangsbereich, nahm eine überaltete Ausgabe von Newsweek mit Al Gore auf dem Cover zur Hand und blätterte die Zeitschrift durch. Ständig ertappte sie sich dabei, wie sie auf die Uhr über der Empfangstheke schaute und das langsame Fortschreiten des Minutenzeigers beobachtete: 15
    Uhr 10, 15 Uhr 15, 15 Uhr 20.
    Um 15 Uhr 22 trat Ruth schließlich durch die Tür.
    »Irgendwelche Nachrichten?«, fragte sie die Empfangsdame.
    »Nein«, erwiderte die junge Frau. »Aber eine Dame wartet auf Sie.«
    Anna hielt den Atem an, als Ruth sich umdrehte.
    »Anna«, rief sie, »wie schön, Sie zu sehen!« Die erste Hürde war genommen. »Ich habe mich schon gefragt, ob Sie nach der Tragödie von New York noch an diesem Auftrag arbeiten.«
    Zweite Hürde genommen. »Vor allem, als Ihr Chef mir mitteilte, dass Mr. Leapman persönlich vorbeikommt, um das Gemälde abzuholen.«
    Dritte Hürde genommen. Niemand hatte Ruth erzählt, dass Anna vermisst und für tot gehalten wurde.
    »Sie sehen etwas bleich aus«, fuhr Ruth fort. »Ist alles in Ordnung?«
    »Es geht mir gut.« Anna stand nun vor der vierten Hürde, aber zumindest stand sie noch auf ihren Beinen, auch wenn es noch weitere sechs Hürden vor der Ziellinie zu überspringen galt.
    »Wo waren Sie am 11.?«, fragte Ruth besorgt. »Wir haben das Schlimmste befürchtet. Ich hätte Mr. Fenston fragen können, aber er gibt einem ja nie die Chance, eine Frage einzuwerfen.«
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    »Ich habe einen Verkauf in Amsterdam betreut«, erwiderte Anna.
    »Aber gestern Abend hat mich Karl Leapman angerufen und mich gebeten herzufliegen und dafür zu sorgen, dass alles in Ordnung ist, damit wir das Bild nur noch ins Flugzeug laden müssen, sobald er eintrifft.«
    »Wir haben alles im Griff«, erklärte Ruth gereizt. »Aber ich fahre Sie gern zum Lagerhaus, damit Sie sich mit eigenen Augen überzeugen können. Warten Sie eine Minute. Ich muss nur schnell nachsehen, ob ich irgendwelche Anrufe hatte, und meiner Sekretärin sagen, wo ich bin.«
    Anna ging nervös auf und ab und fragte sich, ob Ruth in New York anrufen würde, um ihre Angaben zu überprüfen. Aber warum sollte sie? Ruth hatte in der Vergangenheit nie mit jemand anderem zu tun gehabt.
    Nach wenigen Minuten kehrte Ruth zurück. »Das kam eben auf meinen Schreibtisch.« Sie reichte Anna den Ausdruck einer E-mail. Anna sank der Mut. »Es wird bestätigt, dass Mr. Leapman heute Abend gegen 19 Uhr oder 19 Uhr 30 landen wird. Er erwartet, dass wir auf der Rollbahn bereitstehen, um das Gemälde unverzüglich aufzuladen, da er hofft, binnen einer Stunde wieder abzuheben.«
    »Das klingt ganz nach Leapman«, meinte Anna.
    »Dann setzen wir uns besser in Bewegung.« Ruth ging zur Tür.
    Anna nickte zustimmend, folgte ihr aus dem Gebäude und sprang auf den Beifahrersitz von Ruths Range Rover.
    »Schlimme Sache, das mit Lady Victoria.« Ruth wendete den Wagen und fuhr zum Südende des Frachtterminals. »Für die Presse ist der Mord ein gefundenes Fressen – ein
    geheimnisvoller Killer hat ihr die Kehle mit einem Küchenmesser aufgeschlitzt. Und die Polizei hat immer noch niemanden verhaftet.«
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    Anna blieb stumm. Die Worte ›aufgeschlitzte Kehle‹ und
    ›geheimnisvoller Killer‹ gingen ihr im Kopf herum. Hatte Arabella deswegen behauptet, sie sei eine tapfere Frau?
    Ruth hielt vor einem anonym aussehenden Betonbau, den Anna in der Vergangenheit schon mehrmals aufgesucht hatte.
    Sie sah auf ihre Uhr: 15 Uhr 40.
    Ruth zeigte dem Sicherheitsmann einen Ausweis, woraufhin er die sieben Zentimeter dicke Stahltür entriegelte. Er begleitete sie einen langen, grauen Betonflur entlang, in dem Anna sich immer wie in einem Bunker fühlte. Vor einer zweiten Sicherheitstür, diese mit einem Digitalschloss, blieb er stehen. Ruth wartete, bis der Sicherheitsmann zur Seite getreten war, bevor sie eine sechsstellige Zahl eingab.

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