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Die Farbe Der Leere

Die Farbe Der Leere

Titel: Die Farbe Der Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cynthia Webb
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die Revolverblätter und die Lokalzeitungen der Bronx rissen sich förmlich darum. Mit Massen von blutigen Einzelheiten. Was machte die Leute bloß so scharf darauf, was über Serienmörder zu lesen?
    Es hatte in den letzten Jahren mordsmäßig schlechte Presse für die Polizei gegeben. Erst wegen dem Kerl, den diese Arschlöcher zusammengeschlagen hatten, die kein Recht hatten, sich Cops zu nennen. Dann wegen dem anderen, der vor seinem Hauseingang erschossen wurde, als er nach seiner Brieftasche griff. Auf der anderen Seite ließ die konstant jährlich abnehmende Verbrechensrate die Truppe gut aussehen, bis hinunter zum Streifenpolizisten auf der Straße. Aber ein Fall wie dieser, wo sich die Leichen türmten und nicht mal ein guter Verdächtiger präsentiert werden konnte, steigerte die Nervosität in Sachen Arbeitsplatzerhaltung in allen Etagen. Nicht dass Russo das Sorgen machte. Ihn kümmerte nicht, wie sich der Fall auf seine Karriere auswirkte. Jedenfalls jetzt noch nicht. Später wohl schon. Aber im Augenblick war das Einzige, was ihn interessierte, den Bastard zu erwischen, bevor er es wieder tat.
    Über vierzig Anwälte arbeiteten im Büro in der Bronx unter Diane, daher war es ihr gelungen, die meisten von Katherines Fällen anderen zu übertragen. Aber im Fall Terry war der Gerichtstermin schon für diesen Morgen angesetzt, und so schnell hätte man niemanden auf den Stand bringen können. Diane hatte den Richter angerufen, die Umstände erklärt und um eine Vertagung gebeten. Sein einziges Zugeständnis war eine Verlegung vom Morgen auf den Nachmittag.
    Steve Green, der Sozialarbeiter im Fall Terry, begrüßte Katherine, als sie im Gerichtsgebäude eintraf. Er berichtete, die beklagte Mutter wolle sich der Vernachlässigung schuldig bekennen. Das war die Lösung, auf die sie hingearbeitet hatten.
    Das betroffene Kind, Ravena Terry, war ein vier Jahre altes Mädchen mit blitzenden schwarzen Augen, adretten Cornrow-Zöpfchen und schwerem Chlamydienbefall. Die alleinerziehende Mutter, Sylvia Terry, wirkte außerordentlich gewissenhaft: Ravena war gut erzogen, gepflegt und wohlgenährt und ging auf eine private Vorschule, was ein ziemliches Loch in das Budget der bei einer Verwaltung angestellten Mutter reißen musste.
    Als Ravena anfing, über Jucken am Po zu klagen, hatte Mrs. Terry sich bei der Arbeit krankgemeldet und sie zum Kinderarzt gebracht. Da der Laborbefund Chlamydien nachwies, hatte der Arzt, wie das Gesetz es vorschrieb, die Abteilung für Kindesmissbrauch angerufen. Schließlich musste Mrs. Terry einsehen, dass ihrer Kleinen etwas zugestoßen sein musste. Sie war entsetzt und fassungslos.
    Der Punkt, an dem Steves Mitgefühl für Mrs. Terry sich erschöpfte, war ihr Freund. Sie weigerte sich, auch nur in Erwägung zu ziehen, was nach Erfahrung von Steve und Katherine die wahrscheinlichste Erklärung für Ravenas Geschlechtskrankheit war: nämlich dass ihr Freund ihre Tochter sexuell missbraucht haben könnte. Steve glaubte in diesem Fall nicht, dass die Mutter des missbrauchten Kindes bewusst wegsah, um ihren Partner nicht zu verlieren. Aber solange Mrs. Terry die wahrscheinlichste Erklärung nicht wahrhaben wollte, lief sie Gefahr, das Sorgerecht für ihre geliebte Ravena zu verlieren, und zwar zu einem Zeitpunkt, da das Kind ihre Unterstützung dringend brauchte.
    Mrs. Terrys Freund weigerte sich, sich untersuchen zu lassen. Steves persönliche Meinung war, dass sie den Wichser rauswerfen sollte.
    Bei der Fallaufnahme hatte Katherine Steve gefragt, ob Mrs. Terry irgendeine Erklärung für Ravenas Chlamydien hatte.
    »Nein, sie hat lediglich eine Andeutung gemacht, dass es vielleicht der Nikolaus war.«
    »Sie machen Witze.«
    Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. »Ich wünschte, es wäre so. Aber sehen Sie, ich bin ein Profi. Ich hab nach Einzelheiten gefragt. Sie hat keine kleinen Hufe auf dem Dach gehört und keinen lustigen alten Mann gesehen, und sie hat auch keinen Kamin.«
    Katherine ermahnte ihn, mit dem Quatsch aufzuhören, musste aber lachen.
    »Wirklich, ganz zu Anfang hat sie den Nikolaus bezichtigt. Seitdem hat sie eigentlich nichts Verrücktes mehr gesagt. Ich glaube, das war der Schock. Ich meine, ich hatte ihr gerade erzählt, dass ihr kostbares kleines Mädchen sexuell missbraucht worden ist.« Extra für sie walzte Steve den Witz noch etwas aus. »Aber man sieht es doch förmlich vor sich, oder? Der Nikolaus setzt sich das Kind auf den Schoß

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