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Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madison Smartt Bell
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Smiley-Gesicht und zuckte zusammen.
    »Warum tust du dir so was an?«
    Es war so leicht, sie mit Blicken einzuschüchtern, dass ich die Augen kaum von der Straße nehmen musste. Sie verbrachte den Rest der Fahrt damit, mir Geschichten von bösen Ex-Lovern zu erzählen, die einzige Sorte Mann, die sie kannte. Ich hätte ihr ihre eigene Frage zurückschleudern können, verkniff es mir aber.
    Tammy wohnte in einem kleinen Dorf mit Häusern aus unechten Adobe-Ziegeln; der Ort war erst vor ein paar Jahren aus der Wüste gestampft worden und wirkte schon jetzt ein bisschen heruntergekommen. Ein dürrer Zitronenbaum stand neben der Haustür. Ich stieg gleichzeitig mit ihr aus dem Wagen und zog mir das Tuch von den Schultern.
    »Danke, dass du mich vorhin gedeckt hast«, sagte ich. Meine Wortwahl kam mir etwas merkwürdig vor. Tammy sah mich an, die Lippen leicht geöffnet. Vielleicht wollte sie mich ins Haus bitten, auf eine Tasse Tee oder ein Bier oder ein bisschen Koks. Ihre verblichenen roten Haare hatten sich von den Haarnadeln gelöst, die Wangen erschlafften schon ein klein wenig, Krähenfüße saßen in den Augenwinkeln von den vielen Stunden, die sie damit verbracht haben musste, die Pöbeleien, die sie erduldete, mit einem Lachen abzutun ...
    Tammy war das, was man einen guten Menschen nennt, weich, ein bisschen bittersüß, eine gewöhnliche, hilflose Sterbliche. Ich schlang das Tuch um ihren Hals und zog sie so nah an mich, dass sie die Wärme meines Atems spüren konnte. Ich wusste, sie würde mich alles mit ihr machen lassen, nicht weil sie sich das wünschte, sondern weil ich stark war und sie schwach; sie würde mir alles geben, was ich wollte. In ihr war keinerlei Widerstand. In jeder anderen Nacht hätte ich da hineingestoßen wie ein Messer, aber diesmal ließ mich mein Vorsatz irgendwie im Stich, er ließ mich leer zurück, leer wie Luft.
    Sie hat bei sich zu Hause nichts außer einer Katze, dachte ich. Der Gedanke machte mich traurig. Ich strich das Tuch auf ihrem Schlüsselbein glatt und ließ sie dort stehen.

32
    Mein Bruder legte seine Hände auf die kleinen Schwellungen, die einmal meine Brüste sein würden, und erzählte mir mit rauchiger Singsangstimme, dass die Indianer früher da, wo seine Hände feucht und warm auf den verschrumpelten Erbsen meiner Nippel lagen, je zwei Schnitte gemacht und durch die Schlitze Lederriemen gezogen hätten, die an einem Pfahl befestigt waren, und mich dann gezwungen hätten, so lange zu tanzen, bis ich mir das eigene Fleisch abriss. Zu der Zeit wusste Terrell nicht genau, welche Indianer welche waren, und er hatte total konfuse Vorstellungen davon, was sie so gemacht hatten. Der Sonnentanz vermischte sich mit Foltermethoden der Shawnee und Irokesen, dann wurde er wieder den Cherokee zugesprochen, die früher ungefähr in unserer Gegend gelebt hatten. Dabei hatten die Indianer niemals Frauen gefoltert, aber das ganze Durcheinander änderte nichts an dem, worauf wir zusteuerten. Die Fantasien mussten nicht plausibler sein als Träume, und wir trauten uns nicht, sie real werden zu lassen. Terrell verletzte mich nur innen, wo man es nicht sah.
    Schon damals war er seltsam fasziniert von jenen indianischen Gefangenen, die stolz darauf waren, ihre Strafe hinzunehmen, ohne mit der Wimper zu zucken. Krieger, die sich, ohne dazu gezwungen oder auch nur gefesselt zu sein, auf einen Feuerrost setzten und seelenruhig ihre Pfeife rauchten, während das eigene Fleisch verschmorte. Mit dem Bild vor meinem geistigen Auge lernte ich, dem Schmerz wie eine Kämpferin zu begegnen.
    Meistens rauchten wir hinterher die Newports, die wir von Mom klauten. Das waren die einzigen Male, dass ich Tabak rauchte. In anderen Situationen verspürte ich nie den Drang dazu. Zwei oder drei Mal die Woche hatten wir nach der Schule ein paar Stunden allein zu Hause, ehe Dad von der Arbeit kam; das Mom-Ding war dann auf irgendeiner Versammlung oder so ... Dann lagen wir da, bedeckt von dem muffigen Schlafsack, und Rauchfäden stiegen aus unseren Nasenlöchern, wanden sich zwischen die Schlangenhäute, die zitternd von den Dachsparren hingen, erst blau, dann grau, bis sie sich schließlich in der drückenden Luft auflösten. Mein Kopf fügte sich allmählich wieder zusammen, nachdem er durch das, was wir gemacht hatten, auseinandergeflogen war, denn immer, wenn Terrell tat, was er tun wollte, verließ ein Teil von mir meinen Körper und schwebte hoch am Himmel, weit über der welligen Dachpappe, aber

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