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Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madison Smartt Bell
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hinwegzukommen, um den Schaden zu überwinden, den er ihr zugefügt hatte.
    Aber ich hatte bereits meinen Teil getan, um ihr zu helfen. Meinen Teil, der wahrscheinlich auch sein Teil war. Wo hätte die Stimme denn sonst herkommen sollen? Die eine Stimme, die jetzt lauter zu mir sprach und länger und detaillierter als sonst. Die mir sagte, was ich Laurel übermitteln musste.
    Dass nämlich nichts von so sterblicher Art eine von uns berühren konnte – nicht dort, wo wir ewig lebten. Denn wir waren eins mit D.s Maske, wir mussten bloß unsere Unsterblichkeit erkennen.
Zoë
– das große Rad unseres Fortgangs und unserer Wiederkunft. All diese Kräfte gehörten uns bereits, wir mussten es bloß sehen. Wir mussten unsere Erkenntnis nur mit einem Opfer besiegeln.

59
    Wenn ich jetzt durch das Loch im Zaun schlüpfte, war es immer zu hell, ganz gleich, wie weit ich auf die Ferne zuging, wie eine Spinne, die verzweifelt über leuchtenden Linoleumboden kriecht. Während lärmende Rotoren und ein kahles Auge irgendwo hoch oben kreisten …
    Ich wusste schon, dass alles zu Ende ging.
    Wieder. Alles … wieder.
    Manchmal wünschte ich mir ewige nächtliche Dunkelheit und nicht diese erschöpfte Blässe der Wüste.

60
    Wie ich schon sagte, er war eine entbehrliche Person, und er musste nicht groß überredet werden. Das ließ ich Laurel erledigen: Ein verschlagenes Lächeln und ein Hüftschwung, ein Locken und Verlocken, das köderte ihn.
    Wir brachten ihn zu Teds Höhle auf dem Berg, damit Ted hinterher sauber machen musste. Ich wusste, er würde es nicht wagen, irgendwas zu sagen.
    Die gestreifte Dschellaba war unter uns ausgebreitet. Ein Schatten von Polsterung und ein Schlängeln von Farben auf dem Steinboden der Höhle. Er begriff, dass ich ihn würgte, um seine Lust zu steigern, und er wehrte sich nicht dagegen. Ich glaube, ich nahm dafür einen Makrameegürtel, es könnte sogar seiner gewesen sein.
    Ich hatte nicht mit Laurels Leidenschaft gerechnet. Jedes bisschen von ihm pulsierte, trieb abwärts und presste sich in sie hinein. Die Gesamtheit seines Lebens und Todes stieß in sie hinein.
    Omeingott
, sagte Laurel.
O. Mein. Gott
.
    Im allerletzten Moment glitt sie von ihm weg, flink wie ein Wiesel. Der Kris bewegte sich wie Wasser. Es war, als wüsste ich nicht, woher er kam. Was für eine unvorstellbare Ejakulation – Blut und Milch.

61
    In meiner Pause ging ich in die Diner-Imitation, wo ich einen Whiskey pur trank und ein Stück blutiges Fleisch aß. Wie immer versuchte Tammy, nicht auf meinen Teller zu sehen. Dann, als wäre es ihr just in dem Moment eingefallen:
    »Hat Marvin dich gefunden?«
    »Gefunden? Wozu?« Ich verstand es nicht. Marvin hätte mich in den vergangenen drei Stunden jederzeit finden können, weil ich genau da gewesen war, wo ich, wie er wusste, immer war, im grünen Filzhufeisen meines Tisches.
    Tammys Augen wollten nicht auf meinem Gesicht verharren. Seit der Nacht, in der ich sie nach Hause gefahren hatte, war sie ein bisschen ausweichend, fast so, als hätte ich sie abblitzen lassen; aber hatte sie eine Ahnung, wie es gewesen wäre, wenn ich Ja gesagt hätte? Sie steckte eine Strähne ihres wässrig roten Haars hoch und schielte zum Fernseher rüber, der irgendwas von Heimatschutz brabbelte, glaube ich.
    »Da war jemand …« murmelte Tammy.
    »Was für ein Jemand?«
    Tammy schüttelte den Kopf, ohne mich anzusehen. Die Videopokerspiele unter der gläsernen Theke sandten ihr rote und blaue Blitze auf die papierdünne Haut, die um die Mundwinkel schon leicht erschlafft war. Der Fleischklumpen, den ich geschluckt hatte, fiel bleiern auf den Grund meines Magens.
    »Tammy«, sagte ich.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie. Ihr Kopf wackelte, als hätte sie einen Tremor. »Ich hab ihn nicht richtig gesehen. Ich hab nicht mit ihm gesprochen. Er hat mit Marvin geredet.«
    Und siehe da, Marvin erwartete mich, als ich zurück Richtung Saal ging. Es war, als wollte er mir etwas sagen, aber dann auch wieder nicht.
    »Was ist?« sagte ich.
    »Da hat einer nach … jemandem namens Mae gefragt.«
    »Ein Kerl.«
    »Vielleicht ein Bulle.« Marvins Augen waren in dieser Nacht ebenso rutschig wie Tammys.
    »Mit Dienstmarke und Revolver?« Schau mich an, Marvin.
    »Nein.« Marvin zuckte die Achseln. »Bestimmt nicht.« Er schaute zur Tür. »Ein ganz stinknormaler Anzug. Aber die Schuhe. Er hatte Schuhe wie ein Bulle.«
    FBI. Ich wusste es. Ich hatte gewusst, dass es so kommen würde.
    »Er hat nach einer Mae

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