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Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Farbe der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madison Smartt Bell
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halb verfallene Motels oben am Highway, die die Typen für diese Zwecke benutzen konnten – und D. war es lieber, dass sie die Ranch verließen, wenn harte Drogen im Spiel waren. In einem von diesen Motels wurde Eerie tot aufgefunden.
    Ted hatte sich eine Höhle oben auf dem trockenen Höhenrücken eingerichtet – ein anstrengender Fußmarsch und ein gutes Stück außer Hörweite der Gebäude, aber bloß ein Katzensprung mit den Strandbuggys, vorausgesetzt sie sprangen an. Gelegentlich erlaubte er den anderen Typen, seine Höhle zu benutzen, je nachdem. Die meisten von uns gingen nicht gern zu Ted.
    Aber wer aufgefordert wurde, ging mit.
    Ted liebte es, Lebewesen leiden zu sehen. Er riss Käfern gern die Beine aus. Er konnte ganze Nachmittage damit verbringen, Krötenechsen mit einer Luftpistole in die weichen Bäuche zu schießen und dabei zuzusehen, wie ihre Körperflüssigkeiten in den Sand ausliefen und welche Anzeichen von Schmerz sie zeigten. In seinen leeren grünen Augen lag dabei die gleiche neutrale Neugier, wie wenn er in einem neuen Zimmer Kabel verlegte oder an einem Motor herumbastelte.
    Ted war ein Sterblicher, ein Sklave des Todes, und selbst seine Grausamkeit war flach, so flach wie der Blick in seinen Augen.
    Einmal wollte D., dass ich mit Ted mitging … das war zu der Zeit, als Laurel bei O. war, glaube ich. Weiß ich. Ich weigerte mich nicht direkt, aber irgendwie kam es nicht dazu.
    D., Ted und ich standen in … irgendeinem Raum, irgendwo. Auf drei Spitzen eines Dreiecks, und die trockene Luft zwischen uns knisterte.
Glaub mir
, dachte ich.
Es würde dir keinen Spaß machen
. Ich hatte das Bajonett nicht dabei, aber ich fuhr mit dem Daumen durch die Luft, da, wo die Schneide gewesen wäre.
    Es lag nicht daran, dass ich keinen Gefallen an Schmerz fand. Ich fand bloß keinen Gefallen an Ted. Wenn du irgendwas repariert haben wolltest, war er der Richtige, aber das war’s dann auch schon.
    Ted sank in sich zusammen und ließ das Thema fallen. Schlenderte davon. Andererseits, Laurel mit in die Höhle zu nehmen, war vermutlich eine noch bessere Art, mir wehzutun.
    D.s Gründe waren … D. brauchte keine Gründe. Natürlich machte er das nicht bloß aus Bosheit. Es ging zweifellos immer darum, das Ego zu zerstören und dafür zu sorgen, dass das VOLK eins wurde. Hinzu kam, dass es D.s eigene satyrhafte Liebe aufwertete, wenn er dir jemand Unbedeutenderen aufzwang.
    In Laurels Fall hätte keiner es eine Strafe genannt. D. war nicht eifersüchtig auf O., jedenfalls nicht in dieser Hinsicht. Er war eifersüchtig auf ein Stück von O., das er für sich selbst haben wollte. Es hätte D. nicht gefallen, wenn er gewusst hätte, dass entweder Laurel oder ich O. von der Ranch fernhielt … aber wahrscheinlich wusste er es auf irgendeine Art.
    Also. Laurel war gerade erst ein paar Stunden aus Malibu zurück, als D. sie stechend ansah:
Ich will, dass du mit Ted mitgehst
. Das Blut wallte in mir auf, aber ich rührte mich nicht. Laurel senkte den Kopf und gehorchte.

55
    Ich kam zu spät nach San Francisco, weil ich in Denver aus dem Bus gestiegen war und einen Typen angequatscht hatte, der pechschwarzes Haar und cremige Haut und einen kalten Punkt in den Augen hatte, Augen, die aussahen, als würden sie bis tief in den Hinterkopf reichen. Sie zog mich an, diese Besonderheit seiner Augen, als hätte ich sie vor langer Zeit schon mal irgendwo gesehen, draußen in der weindunklen Leere des Universums. Er schlug seine Mädchen (wir waren zu viert oder fünft) oben auf die Beine, wo die Spuren nicht zu sehen sein würden; er nahm Kleiderbügel oder Verlängerungskabel. Aber sie waren dann doch zu sehen, zumindest ein bisschen, unter den Miniröcken oder Hotpants, die er uns tragen ließ. Neben dem Straßengeschäft hatte er noch einen kleinen Call-Service laufen, der sich anscheinend auf harten Sex spezialisiert hatte.
    Und so lernte ich etwas: Es gab Arten des Schmerzes, die ich mir nicht gern zufügen ließ. Die nicht mein
Ding
waren, wie man damals sagte. Wusste ich, was mein Ding war? Am Ende war es nicht schwer, da wegzukommen – er war Herr und Meister über eine Straßenzeile, aber außerhalb seines Reviers wusste er weder ein noch aus, also hatte ich keine großen Bedenken, sein Geld zu klauen. Schließlich hatte er auch meines geklaut. Die anderen Mädchen waren zu willenlos, um mit mir zu kommen, und ich vertraute ihnen ohnehin nicht genug. Vielleicht waren sie schon zu lange da, oder vielleicht gefiel

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