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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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überlegte Ole, der ihm vertrauliche Neuigkeiten über den Stand des Krieges bringen würde, Nachrichten, die nicht durch die Filter der Propaganda gelaufen waren?
    Eine Telegrafenstation oder eine Funkstelle, mit der sich der Konteradmiral nach dem Verbleib seiner Verabredung hätte erkundigen können, gab es auf der Insel nicht. Also musste er sich wohl oder übel in Geduld fassen.
    Sehr viel länger würde er allerdings nicht mehr warten können, dachte sich Ole. Zum einen würde die Skagerrak bald wieder nach Süden segeln müssen, da ja der Ausbildungstörn in wenigen Tagen enden musste. Zum anderen würde das friedliche Sommerwetter nicht mehr allzu lange halten. Von Westen her segelten schnell und hoch aufquellende Wolkengebirge heran, untrügliche Vorboten einer baldigen Wetterverschlechterung.
    Inzwischen war es sechs Uhr. In ein oder zwei Stunden, spätestens aber bei Einbruch der Nacht, so schätzte Ole mit dem Gesicht im Wind, würde es richtig losgehen.
    Bei starkem oder gar stürmischem Westwind aber war das Ansteuern des kleinen Hafens von Anholt gefährlich und selbst das Ankern vor der Insel für ein größeres Kriegsschiff riskant, so dass es also für den Besuch des Konteradmirals, wer immer es sein mochte, knapp werden würde.
    Tatsächlich war dort auf dem Meer ein Schiff zu sehen, das sich der Insel von Norden kommend näherte. Allerdings war es nur ein weiterer Fischkutter. Bemerkenswerterweise steuerte er nicht außen um das sich mehrere Meilen von der Nordwestspitze der Insel aus ins Meer erstreckende Anholt-Riff herum, sondern hielt unbeirrt auf die berüchtigte Untiefe zu. Offensichtlich musste es dort irgendwo so etwas wie eine Passage geben. Ole kniff die Augen zusammen. Richtig, etwa eineinhalb Meilen vor dem Hafen war eine etwas dunklere Färbung des Wassers zu erkennen.
    Ein Schiff, das den normalen Weg außen um das Riff herum wählte, hatte eine fünfmal so lange Strecke vor sich. Allerdings war die Passage nicht ganz ungefährlich. Sie war schmal, durch keinerlei Tonnen oder Pricken bezeichnet und wies zu allem Überfluss in ihrer Mitte eine flache Barre auf, die wie ein Finger in den Weg ragte und in einem scharfen Knick zu umfahren war. Als der Kutter die Stelle passierte, konnte Ole erkennen, wie sich rechts und links davon die Heckwelle auf den kaum hüfttiefen Sandbänken brach.
    Vermutlich wurde der Durchschlupf nur von den ortskundigen Fischern benutzt. Und sicherlich auch nur bei gutem Wetter. Bei Dunkelheit oder auch nur bei schlechter Sicht würde er kaum auszumachen und bei Sturm aus West oder Nordwest nahezu unpassierbar sein.
    Der Kutter hatte die Passage inzwischen gemeistert und drehte mit schäumender Bugwelle auf die Hafenmole zu.
    Ole steckte sein Takelmesser in die Tasche zurück, stand auf und reckte sich. Vielleicht konnte er beim Anlegen anpacken und dafür ein paar der leckeren Jomfruen ergattern? Die schmackhaften, etwa fünfzehn Zentimeter großen Garnelen wurden gleich nach dem Fang in eigens dafür auf den Kuttern befeuerten Siedetöpfen gekocht und waren eine echte Delikatesse. Zu Hause in Kiel waren sie unter dem Namen »Kaisergranat« bekannt und wurden zu entsprechend adeligen Preisen verkauft.
    Als Ole wenig später unten am Hafen eintraf, sah er, dass es bereits zu spät war, um beim Annehmen der Leinen zu helfen. Der Kutter lag schon fest vertäut an der Pier. Allerdings schien es ohnehin keine Jomfruen zu geben, die er sich hätte verdienen können. Die drei Fischer, die vor ihrem Schiff an Land standen, machten keinerlei Anstalten, einen Fang anzulanden, und die ineinander gestapelten Holzkisten, die Ole an Deck des Kutters sehen konnte, waren leer. Stattdessen schienen die Männer auffälliges Interesse an der Segelyacht zu haben.
    Langsam näherten sie sich der Skagerrak. Die beiden größeren der Fischer blieben unschlüssig auf der Pier stehen, der dritte, er war etwas schmächtiger und trug einen schwarzen Ölmantel mit tief ins Gesicht gezogenem Südwester, klopfte an die Bordwand der Yacht. Doch dort blieb alles still. Scheinbar waren Strasser und die Kadetten noch nicht von ihrem Dauerlauf zurückgekommen.
    Stattdessen tauchte der Konteradmiral auf, der von der Außenmole herübergekommen war. Ole staunte, als er die drei Ankömmlinge sichtlich erleichtert und mit Handschlag begrüßte. Dann verschwand er mit dem kleineren der Männer an Bord der Yacht.
    Sollte dieser Kutter das Schiff sein, auf das von Wellersdorff so angespannt gewartet

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