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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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wäre die unsicherste Lösung von allen. Außerdem wollen die beiden Fischer nicht nach Schweden zurück, sondern weiter nach Ebeltoft, hier in Dänemark.«
    Bevor Ole sich noch weiter fragen konnte, was hier eigentlich vor sich ging, kam einer der beiden stämmigen Männer von dem Kutter zu von Wellersdorff und Rausch zurück. Er hatte einen anderen, graubärtigen Mann bei sich, der ein rostiges altes Fahrrad vor sich herschob, das Ole entfernt an Tante Elfies schlecht geölten Drahtesel erinnerte.
    In bruchstückhaftem, stark dänisch gefärbtem Deutsch erklärte der Fischer, dass der Mann mit dem Fahrrad der Leuchtturmwärter des auf dem Sønderberg im Süden der Insel positionierten Leuchtfeuers sei, und von dessen luftiger Höhe aus ein kleineres deutsches Kriegsschiff gesehen habe, das von Südosten her auf die Insel zuhalte.
    Von Wellersdorff und Rausch tauschten alarmierte Blicke.
    »Wie weit ist es entfernt?«
    Der Fischer übersetzte die Frage.
    »Femtien«, antwortete der Leuchtturmwärter auf dänisch und zeigte zur Sicherheit die Zahl mit den Händen.
    »Fünfzehn Meilen!«, murmelte der Konteradmiral. »Mit Glück eine Dreiviertelstunde, bevor es um die Südspitze herumkommt. Wenn wir es vorher ums Riff herum schaffen, haben wir vielleicht noch eine Chance, ungesehen zu entwischen.«
    In diesem Augenblick kehrten Strasser und die Kadetten von ihrem Geländelauf durch die Dünen zurück.
    *
    »Auslaufen? Jetzt?«, fragte Kaleu Strasser entgeistert. »Da draußen bläst es mit sechs Windstärken. Bald werden es sieben oder acht sein, so wie der Barometerstand fällt! Abgesehen davon ist es in einer Stunde stockduster!«
    Tatsächlich war das goldene Abendlicht inzwischen einem unheilvollen, zwielichtigen Grau gewichen und die ersten Regentropfen kamen herab. Wellenkämme leckten nass über die Steinmauer der Hafenbefestigung, und in der engen Durchfahrt zwischen den beiden Molenfeuern kabbelte sich bereits eine unangenehme, kurze Welle.
    »Keine Diskussion, wir laufen aus!«, wiederholte von Wellersdorff und blitzte Strasser an. »Sorgen Sie dafür, dass die Männer umgehend Deckskleidung und Ölzeug anziehen.«
    »Herr Admiral, ich muss in aller Form protestieren«, fuhr Strasser verkniffen fort und nahm Haltung an. »Mit dem Befehl zum Auslaufen gefährden Sie das Ihnen anvertraute Schiff und seine Besatzung!«
    »Blödsinn! Wann eine Gefährdung für das Schiff besteht, entscheide ich! Und jetzt sorgen Sie gefälligst dafür, dass die Crew sich fertig macht. Ich möchte das Ablegemanöver besprechen.«
    »Nein!«
    Der klare und unmissverständliche Widerspruch verblüffte sogar den Konteradmiral. Die meisten der Kadetten waren inzwischen, von dem offenen Streit ihrer Vorgesetzten angelockt, an Deck zusammengekommen. In ihren Minen stand eine Mischung aus Sensationslust, Unverständnis und Besorgnis.
    »Befehlsverweigerung, Herr Kaleu«, sagte von Wellersdorff gefährlich leise. »Dafür werde ich Sie zur Rechenschaft ziehen!«
    Strasser rührte sich nicht, sondern starrte den Konteradmiral mit unverhüllter Feindseligkeit an. Nur das Pfeifen des Windes und das Schlagen eines Falls gegen den Großmast waren zu hören. Nach einem langen Moment nickte von Wellersdorff.
    »Kapitänleutnant Strasser, hiermit suspendiere ich Sie mit sofortiger Wirkung vom Dienst. Holen Sie Ihre Sachen und verlassen Sie auf der Stelle das Schiff!«
    »Wie bitte?«
    Das hatte selbst Strasser nicht erwartet.
    »Sie haben mich sehr gut verstanden. Sie verlassen sofort dieses Schiff! Übermorgen kommt eine Fähre. Mit der können Sie nach Grenå fahren und von dort weiter nach Flensburg. Alles weitere dann nach meiner Rückkehr. Wegtreten!«
    Die Adern im Gesicht des Kaleus schwollen rot an. Dann nahm er abrupt Haltung an, drehte auf dem Absatz um und verschwand unter Deck.
    »Womit das, verdammt noch mal, endlich erledigt wäre!«, knurrte von Wellersdorff mit grimmiger Befriedigung.
    Dann winkte er Rausch ins Cockpit.
    »Decksmeister, lass die Crew sich umziehen, Ölzeug und Rettungskragen anlegen und die Strecktaue spannen. Unter Deck muss alles schwerwetterfest gemacht werden.«
    »Habt ihr gehört, Jungens?«, rief Rausch und klatschte in die Hände. »Wir laufen aus! Womit wir endlich zu dem Teil Eurer Ausbildung kommen, der das Wort seemännisch verdient!«
    Ein paar der Kadetten lachten unsicher, aber die meisten sahen ängstlich von einem zum anderen. Weniger wegen der Aussicht, auslaufen zu müssen, als wegen der

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