Die Farbe der See (German Edition)
der Konteradmiral hinter ihm her. Dann blickte er sich suchend nach Rausch um. »Decksmeister, schick die Leute an die Leinen! Wir legen sofort ab!«
Damit bückte er sich zum Maschinenpaneel des Hilfsmotors hinunter, drehte den dort steckenden Schlüssel und drückte die Zündung.
Nichts geschah. Er drückte abermals, aber der Schiffsdiesel blieb stumm.
Von Wellersdorff und Rausch tauschten einen Blick. Rausch verschwand wortlos unter Deck und der Konteradmiral drehte sich langsam zum Ufer um.
Dort, etwa dreißig Meter entfernt, stand Strasser und blickte zu ihnen herüber, das Gesicht zu einem Grinsen verzerrt.
Von Wellersdorff verfluchte ihn lautlos.
Dann tauchte auch Rausch wieder im Niedergang auf.
»Der Schweinehund hat die Spritpumpe demoliert! Keine Chance, das mit Bordmitteln zu richten.«
»Und keine Chance, aus diesem engen Loch unter Segeln wegzukommen!«, sagte von Wellersdorff finster. »Verdammt, das wusste er natürlich! Jetzt sitzen wir wirklich hier fest!«
Er verstummte und runzelte die Stirn. Dann blickte er an der Pier entlang, wo die Kutter lagen.
Fünf Minuten später waren die Festmacher gelöst und die Skagerrak entfernte sich langsam von ihrem Liegeplatz – an einer 30 Meter langen Schleppleine hinter dem Fischkutter, der am Nachmittag von Norden hereingekommen war.
Ole, Richard und Karl waren auf dem Vorschiff damit beschäftigt, das Vorsegel zum Setzen vorzubereiten.
»Der ist doch komplett verrückt geworden!«, zischte Richard und nickte in Richtung des Konteradmirals, der am Ruder stand und Anweisungen über Deck rief. »Ich glaube fast, Strasser hatte recht, als er …«
»Dein Freund Strasser ist ein gottverdammtes Arschloch!«, fuhr Karl ihm gereizt dazwischen. »Dem weine ich keine Träne nach!«
Ole konnte nur zustimmen. Der Kaleu stand mit geballten Fäusten und hochrotem Gesicht auf der Pier und sah zu, wie sein Plan, die Skagerrak im Hafen festzuhalten, doch noch vereitelt worden war.
»Meinetwegen! Ist Strasser eben ein Arschloch«, brummte Richard missmutig, »aber das hier ist doch nicht normal! Wenn wir wenigstens wüssten, was der Alte vorhat? Oder wo er mit uns hin will?«
»Marstrand! Wenn’s dir dann besser geht!«
Die Antwort war Ole einfach so herausgerutscht. Aus irgendeinem Grund ärgerte er sich jedoch noch im gleichen Augenblick, dass er seine Vermutung nicht für sich behalten hatte.
Richard und Karl sahen Ole überrascht an. Nach einem Augenblick begann Karl zu grinsen.
»Na klar, Marstrand!«, sagte er in spöttischem Ton. »Warum nicht gleich ans Nordkap?«
Richard hingegen lächelte nicht.
»Verfluchte Schlamperei!«, rief der Konteradmiral in diesem Augenblick aus dem Cockpit. »Das verdammte Dingi ist noch draußen!«
Bei Segelbedingungen, vor allem bei so harten wie den hier zu erwartenden, bestand die Gefahr, dass das Beiboot im Schlepp hinter der Yacht voll Wasser schlug oder in einer Welle kenterte. Daher wurde es vor jedem Auslaufen routinemäßig mit einer Talje an Deck gehoben und kopfüber festgelascht. Heute war dies jedoch in der Eile des Aufbruchs vergessen worden.
»He, ihr drei!«, rief Rausch ihnen zu. »Karl, Ole, Richard! Das Beiboot mittschiffs bringen und das Heißgeschirr anschlagen! Aber mit ein bisschen Beeilung, wenn ich bitten darf!«
Gehorsam wollte Ole sich auf den Weg nach achtern machen, um das Dingi zu holen. Aber Richard hielt ihn am Arm zurück.
»Ich mach das! Hilf du Karl mit der Talje.«
Damit verschwand Richard eilig nach achtern.
Während Ole gemeinsam mit Karl das Heißgeschirr vorbereitete, blickte er Richard irritiert hinterher.
Die plötzliche Hektik, mit der er sich an ihm vorbei zum Dingi gedrängt hatte, passte nicht so recht zu der überlegenen Selbstsicherheit, mit der sich Richard ansonsten über Deck bewegte. Und jetzt kniete er achtern über der Klampe und fummelte umständlich an der Vorleine des Beibootes herum, als habe er noch nie einen Kopfschlag gesehen.
Auch Rausch wurde ungeduldig.
»Verdammt, Korfmann! So schwer kann das doch nicht sein?«, bellte er. »Hole, hole! Das Dingi muss an Deck sein, bevor wir die Molenköpfe passieren!«
Die Yacht wurde bereits durch den Vorhafen geschleppt. Die Hafenausfahrt war keine fünfzig Meter mehr entfernt. Und draußen war die See bereits ziemlich ruppig.
»Ja ja!«, rief Richard zurück.
Umständlich holte er die Vorleine ein und streckte die Hand aus, um das Beiboot von der Bordwand abzuhalten. Doch dann schrie er plötzlich
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