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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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auf. Er konnte seinen Triumph nur schlecht verbergen.
    »Wir wissen, dass Sie die Pläne bereits im letzten Sommer außer Landes schaffen wollten. Mit Ihrem angeblichen Boottransport und mit Hilfe Ihres alten Freundes hier. Und jetzt versuchen Sie es erneut!«
    »Kompletter Unsinn!«, entgegnete der Konteradmiral. »Ich weiß nichts von irgendwelchen Geheimpapieren. Und dieses Treffen hier ist rein zufälliger Natur. Professor Sønstebye und seine Freunde wollten, ebenso wie wir, das Sommerfest hier in Marstrand besuchen.«
    »Ja, der gute Herr Professor …«, sagte Strasser langsam und fixierte Sønstebye, »… der sich inzwischen weniger für seinen Lehrstuhl der Physik in Stockholm zu engagieren scheint als für eine dieser norwegischen Widerstandsgruppen, mit denen wir es neuerdings zu tun haben. Ich nehme an, die anderen beiden Herren gehören demselben Verein an?«
    Sønstebye erbleichte, und auch die beiden Angesprochenen traten unsicher von einem Bein aufs andere.
    »Der Empfänger von Hülsmeyers Plänen sollte ein anderer ihrer sogenannten Segelkameraden aus der Starbootszene sein, Mr. Loomis, nicht wahr? Ein Amerikaner. Ein Feind! Und zufälligerweise Besitzer einer der größten Waffenfabrikationen der Vereinigten Staaten.«
    Nun war es an von Wellersdorff und Rausch, erschrockene Blicke zu tauschen.
    »Sie sehen«, nickte Strasser selbstgefällig und tippte sich an seine Raubvogelnase, »wir hatten die ganze Zeit über den richtigen Riecher! Allerdings war Herr Hülsmeyer uns auch mit einigen Details behilflich.«
    »Nachdem Sie ihn entsprechend gefoltert haben, nehme ich an?«, entgegnete von Wellersdorff kühl. »Wahrscheinlich hätte er auch zugegeben, für die Flecken in Hitlers Unterhose verantwortlich zu sein, wenn Sie ihn nur danach gefragt hätten!«
    »Halten Sie den Mund, Wellersdorff!«, bellte Strasser, und die Adern in seinem Gesicht traten hervor. »Sie sind absolut nicht mehr in der Position, sich Scherze zu erlauben! Schon gar nicht über den Führer!«
    »Ich werde ihnen jetzt noch ein paar ganz andere Dinge über den Führer sagen …«, fuhr von Wellersdorff ungerührt fort, zog sein goldenes Zigarettenetui hervor und klappte es auf. »Diesen Postkarten malenden Herrn Gefreiten, der sich für den größten Schlachtenlenker seit Bonaparte hält und sich anmaßt, unsere Streitkräfte gegen den verdammten Rest von Europa zu Felde zu führen!«
    »Schweigen Sie!«, schrie Strasser außer sich, und Ole sah mit wachsendem Unbehagen, dass Strasser noch immer seine Waffe in der Hand hielt.
    Der Konteradmiral schien es nicht bemerkt zu haben. Oder wollte es nicht bemerken.
    Mit aufreizender Nonchalance nahm er eine Maisblattzigarette aus dem Etui, klopfte sie auf dem Deckel zurecht und steckte sie in den Mund.
    »Ihr Führer, Strasser«, sagte er dabei, »der nicht mal vier Wochen gebraucht hat, um die Hälfte unserer schwimmenden Verbände vor Norwegen auf den Meeresgrund zu schicken! Dessen schier grenzenloser nautischer Sachverstand sich aufs Redenschwingen bei der Taufe unserer Schlachtschiffe beschränkt …«
    Ole sah sich hilfesuchend um. Auch Lina, ihr Vater und Rausch hatten die Gefahr erkannt. Mahnend legte der Segelmacher dem Konteradmiral die Hand auf den Oberarm.
    »Lass gut sein, Paul!«, raunte er leise.
    Aber von Wellersdorff dachte nicht daran.
    »Wusstest du, Heri, dass Hitler bei seinem Besuch an Bord der Schleswig-Holstein letztes Jahr schon nach zehn Minuten so seekrank war, dass er die Offiziersmesse vollgekotzt hat? Weswegen er jetzt wahrscheinlich felsenfest daran glaubt, dass die gottverdammte U-Bootwaffe die bessere Lösung sei, weil die bei Seegang einfach abtauchen … Haben Sie mal Feuer, Strasser?«
    Plötzlich ging alles gedankenschnell.
    Im selben Augenblick, als Strasser seine Waffe hochriss, versuchte Rausch dazwischenzugehen. Allerdings war er einen Schritt zu spät, um Strassers Hand mit der Pistole zur Seite schlagen zu können.
    Der Kaleu drückte ab, und die Kugel, die für von Wellersdoff bestimmt gewesen war, traf Rausch aus kürzester Distanz in die Brust.
    Ole zuckte zusammen, als der scharfe Knall die Luft zerriss. Er sah das Feuer aus der Mündung der Waffe blecken, sah, wie der Segelmacher zurücktaumelte, den Kopf senkte und beinahe irritiert nach dem nassen roten Fleck tastete, der sich rasch auf seinem Hemd auszubreiten begann.
    Dann hörte er, wie jemand »Mein Gott!« sagte. Es war Lina. Sie hatte vor Schreck die Hand vor den Mund

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