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Die Farbe der See (German Edition)

Die Farbe der See (German Edition)

Titel: Die Farbe der See (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan von der Bank
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offenes Ruderboot. Es musste den Besuchern des Konteradmirals gehören.
    In der anderen Richtung, den Sund hinunter, war von der Barkasse des Schnellbootes noch nichts zu sehen. Noch bestand Hoffnung!
    Ole sah sich um. Weiter vorne an der Mole entdeckte er ein Ruderboot, dessen Riemen noch in den Dollen eingelegt waren. Er lief hin, löste die Leine und sprang hinein, ohne sich um die irritierten Blicke der Umstehenden zu scheren. Dann begann er zu pullen, was das Zeug hielt.
    Minuten später war er draußen bei der Yacht. Doch im selben Moment, als er an Deck der Skagerrak sprang, hörte er hinter sich den Motor der Barkasse. Mit voller Fahrt kam sie den Sund heraufgerauscht, und Ole glaubte, Gewehrläufe in der Sonne blitzen zu sehen.
    »Meister Rausch, Herr Admiral!«, schrie er entsetzt aus voller Lunge und polterte zum Deckshaus. »Das Schnellboot!«
    Nach einem kurzen Augenblick erschien der kahle Schädel des Segelmachers unten im Niedergang und starrte Ole wütend an.
    »Was willst du?«
    »Richard hat uns verraten!«, rief Ole. »Das Schnellboot ist hier!«
    »Was redest du da?«
    Mit wenigen Sätzen war Rausch oben an Deck. Als er die Barkasse entdeckte, erbleichte er. Den Priem, den er im Mund hatte, spuckte er über Bord.
    Dann war auch von Wellersdorff bei ihnen.
    »Wir müssen fliehen! Schnell!«, rief Ole, lief zu seinem Ruderboot zurück, um die Leine, die er nur hastig um die Klampe getüddelt hatte, zu lösen.
    Doch von Wellersdorff schüttelte den Kopf.
    »Dafür ist es zu spät!«
    Tatsächlich trennten die Barkasse und die Yacht nur noch wenige hundert Meter. Jeder Versuch, mit Oles Fischerkahn oder dem Beiboot der norwegischen Segelyacht zu entkommen, musste scheitern.
    »Du kannst nichts dafür!«, brummte Rausch, als er Oles Gesichtsausdruck sah, und klopfte ihm mit seiner Pranke auf die Schulter. »Mach dir keine Vorwürfe!«
    »Die Pläne!«, sagte von Wellersdorff plötzlich. »Sie dürfen denen nicht in die Hände fallen!«
    »Gut«, nickte Rausch entschlossen. »Ich halte sie auf, so lange ich kann!«
    Der Konteradmiral verschwand wieder unter Deck, vorbei an drei weiteren Männern, die soeben heraufkamen. Die Gäste des Konteradmirals. Auch sie starrten mit schockierten Gesichtern zu der herannahenden Barkasse hinüber.
    Ole klappte vor Überraschung der Mund auf. Einer der Männer war Professor Sønstebye, Linas Vater!
    Und dann setzte Oles Herzschlag vollends aus, und ihm war, als versuchte irgendjemand, ihm die Decksplanken unter den Füßen wegzuziehen.
    Hinter ihrem Vater erschien sie selber im Niedergang: Lina!
    Leibhaftig und nicht als Wunschbild seiner Erinnerung! Oder als Meerjungfrau, wie in der letzten Nacht, als er für einen kurzen Moment aus den Tiefen seiner Bewusstlosigkeit aufgetaucht war.
    Ole wollte etwas sagen, brachte aber keinen Ton hervor. Stattdessen konnte er sie nur anstarren. Sie hatte die dunkelblonden Haare nach hinten gebunden, trug ein knielanges, helles Sommerkleid und darüber eine offene dunkelblaue Strickjacke. Sie war noch schöner, als er sie in Erinnerung hatte. Ihre Augen, im Moment von einem tiefen, unergründlichen Grün, streiften Oles Blicke nur kurz, dann trat sie wortlos neben ihren Vater, hakte sich bei ihm unter und sah gefasst der nahenden Barkasse entgegen.
    Das brachte auch Ole jäh ins Hier und Jetzt zurück, in eine Situation, wie sie bitterer und grotesker gar nicht sein konnte: Endlich sah er sie wieder, jedoch nur, um sie sofort wieder zu verlieren. Denn dass dieses Treffen nicht nur für den Konteradmiral und Linas Vater hinter Gittern enden musste, sondern vermutlich auch für Lina, das sah Ole trotz aller Gefühlswirren klar und deutlich.
    Keiner an Deck bewegte sich. Alle starrten schweigend auf das herannahende Unheil in Gestalt der Barkasse.
    Rausch und die übrigen Männer waren mit grimmiger Entschlossenheit vor dem Niedergang zusammengerückt, um von Wellersdorff die notwendige Zeit zu verschaffen, die Pläne wo auch immer verschwinden zu lassen.
    Damit standen Lina und Ole plötzlich alleine im Cockpit, und Ole merkte, dass sie ihn ansah. Der Anflug eines traurigen Lächelns spielte um ihren Mund.
    »Dich treffe ich scheinbar nur, wenn ich bis zum Hals in Schwierigkeiten stecke!«
    »Ja«, antwortete Ole lahm, weil er keine Ahnung hatte, was er sonst noch sagen konnte. »Scheinbar.«
    Lina nickte knapp, und ihr Blick ging wieder zur Barkasse hinaus.
    »Wann bist du an Bord gekommen?«, fragte Ole.
    »Auf Anholt. Ich hatte

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