Die Farbe des Himmels
heute ist nicht mein Tag.« Einfach dämlich, wie sie sich benahm. Aber es hätte ja das DNA-Ergebnis sein können, und das wollte sie nicht aus dem Mund ihres Chefs erfahren.
Doch Joost schien froh zu sein, den Vorfall nicht kommentieren zu müssen, und nahm den Hörer ab. Es war lediglich die Hauswache, die die Ankunft eines Zeugen meldete.
»Thea, ich glaube, du könntest einige Tage Erholung gebrauchen«, sagte Joost, nachdem er aufgelegt hatte. »Ich habe vollstes Verständnis für deine Situation. Wir alle. Und ich bin der Meinung, dass der Fall für dich eine allzu dramatische Wendung genommen hat. Wir sind zwar unterbesetzt, aber darauf können wir jetzt keine Rücksicht nehmen. Ich spreche sicher im Namen aller, wenn ich vorschlage, dich bis auf Weiteres vom Dienst freizustellen.«
Thea starrte ihren Chef ungläubig an. Die nasse Jeans hatte sie augenblicklich vergessen, ebenso ihre Oberschenkel, die wie Feuer brannten.
»Ich glaube nicht, dass ich das will«, entgegnete sie schließlich, um Fassung bemüht. »Gerade jetzt habe ich ein sehr persönliches Interesse an der Aufklärung dieses Falles.«
»Das meine ich ja. Dein Interesse ist zu persönlich. Ich fürchte, in dieser Situation kannst du nicht mehr objektiv sein.« Eine leise Spur von Mitleid schwang in seiner Stimme.
Thea glaubte nicht, was sie da hörte. »Ich bin doch Profi«, begehrte sie auf. »Natürlich kann ich objektiv ermitteln.« Sie blickte erwartungsvoll in den Kreis ihrer Kollegen. »Jetzt sagt ihr doch auch mal was.«
Doch sie sah ausnahmslos gesenkte Köpfe.
Schließlich erbarmte sich Ströbele. »Engelchen, für jeden von uns wäre eine solche Situation emotional viel zu belastend. Das trifft besonders für dich zu, schließlich bist du erst kurze Zeit bei uns. Wir können das nicht verantworten.«
»Na, herzlichen Dank für euer Vertrauen!« Thea atmete schwer. Sie wartete noch eine Sekunde, ob jemand einlenkte, doch als dies nicht geschah, rannte sie aus dem Zimmer. Mit einem lauten Knall fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.
Als Thea ihr mit Regalen und Zimmerpflanzen voll gestopftes Büro betrat, war sie außer sich vor Wut und Enttäuschung. Sie fühlte sich wie unter Strom. Das konnte doch alles nicht wahr sein. War denn das gesamte Dezernat gegen sie? Wollten sie alle aus der Ermittlungsgruppe heraushaben? Meinten die wirklich, sie könnte nicht mehr klar denken?
Es klopfte, und im selben Moment stand Messmer in der Tür.
»Hier ist es ja stockfinster«, sagte er und knipste das Licht an. »Gleich gibt es ein Gewitter. Schau, dort drüben über dem Neckartal blitzt es schon.«
»Na und?« Thea kniff geblendet die Augen zu. Im grellen Neonlicht fühlte sie sich geradezu nackt vor ihm. Überhaupt wäre sie jetzt am liebsten allein gewesen. Doch sie wagte es nicht auszusprechen. Sie traute ihrer Stimme nicht. Alles war so schwierig geworden, auch die einfachsten Dinge.
Messmer schloss die Tür und lehnte sich mit verschränkten Armen dagegen. »Ich habe auch noch gute Neuigkeiten. Vielleicht muntern die dich auf.« Er machte eine kurze Pause, aber Thea reagierte nicht. Gute Neuigkeiten gab es für sie momentan nicht.
»Ein Streifenpolizist aus Bad Cannstatt hat Lichtenberg in Baden-Baden aufgegabelt. Hast du das veranlasst?«
»Der Kollege war mir einen Gefallen schuldig«, sagte sie und drehte ihm den Rücken zu. Warum sagt er nicht einfach, dass es ihm Leid tut?, dachte sie.
»Wir haben Lichtenberg zum Betrugsdezernat überstellt. Rudolf will ihn später noch zu Franziska Linder vernehmen.«
»Wirklich gute Neuigkeiten wären es, wenn Lichtenberg die Morde gestanden hätte«, sagte Thea dumpf. »Aber er wird sie meiner Mutter in die Schuhe schieben und behaupten, sie hätte sich an Antonia und Hauser für die Aussetzung ihres Babys rächen wollen.« Sie drehte sich um. »Und er wird vermutlich damit durchkommen.«
»Wenn er unschuldig ist, wird er das.«
»Schöne Scheiße.«
»Hör mal. Rudolf hat doch Recht, du solltest wenigstens ein paar Tage pausieren. Dann kannst du über alles nachdenken und deine Gedanken ordnen.«
Thea schüttelte heftig den Kopf. »Vergiss es«, zischte sie.
Die ersten schweren Regentropfen klatschten gegen die Fensterscheiben. Das Gewitter war jetzt genau über dem Pragsattel, und der Himmel leuchtete gelblich-grau.
»Himmeldonnerwetter, was bist du stur!«, sagte Messmer.
»Ich bin nicht stur! Lass mich einfach allein.«
»Zu den anderen hier bist du immer nett und
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