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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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gewesen war, waren zwei Anrufe eingegangen. Die Welt mochte stehend k. o. sein, aber es ging dennoch früh los.
    »Mr Jones? Hier ist Edgar Marlowe von der Anwaltskanzlei Marlowe und Beale. Ich bitte dringend um Rückruf unter …«
    Cass gab dem Mann nicht die Gelegenheit, den Satz zu beenden, sondern drückte die Löschtaste. Noch so ein Paragrafenhengst. Die Stimme kam ihm bekannt vor und er überlegte, ob der Mann früher schon mal angerufen hatte. Wahrscheinlich, denn im nächsten Monat wurden Bowman und Blackmore vor Gericht gestellt und die meisten Anrufe, die in sein Büro durchgestellt wurden, hatten etwas mit dem Fall zu tun. Aber dieser Anruf nervte ihn besonders, weil der Anwalt ihn zu Hause angerufen hatte. Wer zum Teufel hatte ihm die Nummer gegeben?
    Schon kam die nächste Nachricht: »Hast du vielleicht heute Abend Zeit für ein Pint?«
    Dieser typisch englische Satz hörte sich mit DI Ramseys amerikanischem Akzent sonderbar an, aber er brachte Cass zum Lächeln.
    »Ich treffe jemanden, den du vielleicht auch gern sehen würdest. Wir haben uns um acht im The Fox and Garter auf der Marylebone High Street verabredet.«
    Immerhin wusste Cass, dass er bei der Polizei noch ein paar Freunde hatte, und Charles Ramsey stand ganz oben auf dieser Liste. Den nervigen Anwalt hatte Cass schon vergessen, als er nach dem Autoschlüssel griff und sich auf den Weg in das zerstörte London machte, um sich diesem Tag zu stellen.

    »Kaffee, Sir?« Toby Armstrong stand bereits mit einem Becher in der Tür.
    »Danke.«
    Cass winkte seinen neuen Sergeant herein und nahm ihm das Getränk ab. Einen Augenblick lang schwiegen sie angespannt. Allem Anschein nach war Armstrong ein sympathischer Mensch und ein guter Polizist, doch auch wenn Cass weder das eine noch das andere in Zweifel zog, hatte er von Ersterem noch nicht viel mitbekommen. Sie hatten bestenfalls ein auf Höflichkeit beruhendes Arbeitsverhältnis. Sie gingen nicht zusammen in den Pub und sprachen auch nicht über ihr Privatleben.
    Cass störte das nicht. Ihm reichte es, wenn der Sergeant seine Arbeit gut machte, und er verstand auch, warum es nicht Armstrongs Idealvorstellung entsprach, dem DI zugewiesen zu werden, der die Londoner Polizei fast im Alleingang zu Fall gebracht hatte. Der Sergeant hatte zwar nichts gesagt, aber es war offensichtlich, dass er nicht mit Cass Jones über einen Kamm geschert werden wollte.
    »Der Fall Mitchell?«
    Cass hob den Blick. »Was ist damit?« Barbara Mitchell war vor einigen Tagen in ihrer Küche mit einem Wagenheber zu Tode geprügelt worden. Im letzten halben Jahr hatte Cass keinen auch nur annähernd so realen Fall bekommen, doch deprimierenderweise hatte er sein Masterhirn vor keinerlei Herausforderung gestellt.
    »Ich habe getan, was Sie gesagt haben, und die Sekretärin des Ehemanns verhaften und über Nacht schmoren lassen. Um vier Uhr heute Morgen ist sie zusammengebrochen. Sie schlug an die Zellentür, so eilig hatte sie es, zu reden. Sie hat ausgesagt, er wäre doch nicht bei ihr gewesen.«
    »Haben Sie ihn holen lassen?«
    »Schon erledigt«, sagte Armstrong. »Er hat bereits gestanden. Seine Aussage wird gerade abgetippt.«
    »Gute Arbeit.« Cass rang sich ein Lächeln ab, doch es blieb hohl. Der Fall Mitchell war von dem Moment an gnadenlos offensichtlich gewesen, in dem er das Haus betreten und die rosa geschrubbten Hände und die makellose Kleidung des Ehemanns gesehen hatte. Er hatte zitternd neben der misshandelten, blutenden Leiche gestanden und stammelnd erklärt, so habe er sie vorgefunden. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis sie das Geständnis bekamen.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte er eine kleine Gruppe von Polizisten, die sich in einer Ecke der Einsatzzentrale versammelt hatte. Er runzelte die Stirn.
    »Was ist denn mit denen los?«
    »Sie gucken die Nachrichten«, antwortete Armstrong. »In Moskau sind zur Stoßzeit mehrere Bomben in der U-Bahn explodiert.«
    »Wie bei uns?«
    »Sieht so aus.«
    »Die armen Schweine.« Das meinte er ernst. Einen Augenblick war er in Versuchung, sich zu den anderen zu gesellen und sich die Katastrophe in allen fantastischen Technicolor-Fernsehdetails anzusehen, aber er verwarf die Idee wieder. Diese Anschläge waren nicht sein Problem, sondern nur ein Puzzleteil der langsam verfaulenden Welt. Für Cass zählten jetzt nur noch die kleinen Tragödien, dieweniger auffälligen Todesfälle – für die er wirklich etwas tun konnte.
    »Ich habe eine Aufgabe für

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