Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
Vom Netzwerk:
Erdboden gleichgemacht und das U-Bahn-System lahmgelegt.«
    »Sicher, es ist hochwirksam, aber unter politischen Gesichtspunkten wirft der Gebrauch von Semtex gewisse Fragen auf. Entweder verkaufen die Tschechen alte Lagerbestände auf dem Schwarzmarkt oder sie stellen ein neues Produkt her, das man nicht zurückverfolgen kann.« Fletcher trank einen Schluck Kaffee.
    Er hatte kräftige Hände, bemerkte Abigail, mit sauberen, kurz geschnittenen Fingernägeln. Er wäre ein guter Liebhaber, da war sie sich sicher. Ein müßiger Gedanke. Noch zwei Minuten.
    »Na, toll«, sagte Lucius Dawson, der Innenminister.
    »Die ganze Welt befindet sich in einer Rezession und jeder ist bereit, den anderen in die Luft zu jagen«, sagte diePremierministerin, »also, was erwarten Sie? Die Tschechen sind nicht gerade für ihre hochklassigen Exportgüter bekannt, nicht wahr?« Sie seufzte. »Bier, böhmisches Kristall und Bomben, mehr haben sie nicht zu bieten.«
    »Wir wissen auch, dass die Bomben mit Handys gezündet wurden, und da mindestens drei Einschlagstellen unterirdisch sind, haben sie wahrscheinlich die Weckfunktion als Auslöser benutzt. Dafür muss man nur den Zündmechanismus mit der Vibrierfunktion verdrahten, fertig.«
    »Das klingt logisch, vor allem im Hinblick auf die Genauigkeit der Explosionen am Ealing Broadway. Sie waren so gestaffelt, dass möglichst viele Verluste eintraten.«
    Verluste, dachte Abigail, war ein schrecklicher Begriff, der viel zu häufig benutzt wurde, ein Trostpflaster auf allen möglichen faulenden Krebsgeschwüren. Bei der letzten Zählung ging es bei den Verlusten um die vierhundertdreiundachtzig Menschen, die am 26. September ums Leben gekommen waren, und mindestens dreißig weitere konnten stündlich dazukommen. Dabei waren die verwundeten, geblendeten und amputierten Menschen noch nicht mitgezählt. Verluste . In der Milde dieser Beschönigung lag der wahre Schrecken.
    »Das bedeutet auch, dass es keine Spur eines aktivierenden Anrufs gibt – doch auch wenn sie über Telefon gezündet worden wären, dann sicher mit Prepaid-SIM-Karten, wodurch wir auch nicht schlauer wären. Wir können nur darauf hoffen, dass irgendwo ein Verbindungsglied auftaucht.«
    »Das muss aufhören«, murmelte die Premierministerin. »Ich will nicht, dass es in diesem Land überhaupt Telefone gibt, die man nicht zurückverfolgen kann.«
    »Wenn Sie erlauben, Ma’am« – zum ersten Mal schien Fletcher zu zögern – »würde ich mich gerne über einigedieser Fakten mit meinem Kollegen in Moskau unterhalten.«
    Der Innenminister atmete hörbar ein.
    »Warum? Soviel wir wissen, stecken russische Terroristen hinter diesen Attentaten, völlig unabhängig von dem, was heute passiert ist.«
    Fletcher schüttelte den Kopf. »Im Gegensatz zu sonst hat niemand die Verantwortung übernommen. Wir haben nichts von den Tschetschenen, al-Qaida oder Roter Terror gehört. Hätten die Russen etwas damit zu tun, hätte Roter Terror sich bereits dazu bekannt.«
    »Da könnten Sie recht haben«, räumte sie ein, »und damit hätten wir es also mit einer neuen terroristischen Bedrohung zu tun?«
    »Könnte sein«, gestand Fletcher, »und wenn, dann bin ich neugierig, welche Ähnlichkeiten es zwischen den Anschlägen gibt, die vor zwei Wochen bei uns und heute in Moskau verübt worden sind. Wenn wir das wüssten, könnten wir den Grad der Bedrohung besser einschätzen und eine Vorstellung dessen entwickeln, was die Täter zu erreichen hofften.«
    »Terror«, bemerkte die Premierministerin leise. »Ich denke, sie wollten Angst und Schrecken verbreiten.«
    »Sind wir denn mit der Identifikation der Attentäter weitergekommen?«, fragte der Innenminister.
    »Nein. Wir sind noch dabei, die Bilder der Überwachungskameras zusammenzuschneiden – wie Sie sich vorstellen können, wurden viele Kameras beschädigt.«
    Abigail machte einen kleinen Schritt zur Seite, stahl sich davon und ging in Emilys Büro. Wie erwartet saß sie nicht an ihrem Schreibtisch. Emily war eine graue Maus und ein Gewohnheitstier. Sie ging jeden Tag genau zur gleichen Zeit zum Mittagessen, pünktlich wie die Maurer. Tod durch Routine.
    Während Abigail die Tür im Auge behielt, drückte sie ctrl/alt/del und lud die Log-in-Seite. Emily hatte sich pflichtgemäß ausgeloggt, aber es hatte nicht viel Mühe gekostet, ihr Passwort herauszufinden. An jenem Morgen, an dem sie die Nachricht gefunden hatte, die jemand unter ihrer Tür durchgeschoben hatte, war Abigail darum

Weitere Kostenlose Bücher