Die Farben der Finsternis (German Edition)
staunte, wie viele Details bedacht werden mussten, damit diese ihre Welt sich drehte, sogar jetzt, da sie auf Knien lag. Jemand bewegte irgendwo Geldmittel. Sein Widersacher bereitete sich seit mindestens fünfzehn Jahren darauf vor. Das alles war langfristig angelegt, und Mr Bright wusste besser als viele andere, dass Langfristigkeit einen teuer zu stehen kam – all die geleerten Ordner und die eine aktuelle Datei im Erlösungsordner konnten das bezeugen. Auch sein Gegner würde viel Geld ausgeben. Mr Bright hatte noch einen Blick auf die Ordner der drei Frauen geworfen und auf einmal begriffen, dass er einen Umweg machte. Er hatte auf die Bäume geschaut statt auf den Wald, was eigentlich gar nicht zu ihm passte.
Danach hatte er sich direkt die Konglomerate angesehen, für die die Väter der jungen Frauen gearbeitet hatten und wo sie vor etwa fünfzehn Jahren »ganz zufällig« so schnell aufgestiegen waren. Jemand wollte sicherstellen, dass die damals jugendlichen Mädchen allerbeste Chancen hatten. Mr Bright verfolgte den Eigentümer dieser Mischkonzerne durch das Netz von Konten und weltweiten Investitionen, bis er endlich die Spur entdeckte.
Er lehnte sich zurück und lächelte. So – jetzt hatte er denNamen. Da war jemand doch nicht so schlau, wie er dachte. Er würde es bald selbst merken. Mr Bright sah auf die Uhr; die Zeit verging und er hatte noch eine Menge zu erledigen. Rasch tätigte er zwei Anrufe und machte jedem der beiden Angerufenen klar, dass sie eine Entscheidung treffen mussten. Er hatte den Jungen und den Ersten – diese Fakten würden auch sie berücksichtigen. Sie würden eine kluge Wahl treffen. Außerdem war es den meisten lieber, wenn alles so blieb, wie es war, und selbst in dieser Zeit der Angst und des Wandels bot er die entschieden sicherere Alternative.
Nachdem er diese Anrufe erledigt hatte, ging er in Mr Solomons Büro zurück, wo er zu seinem Entsetzen feststellen musste, dass der Gestank sich womöglich noch verschlimmert hatte. Aber das spielte im Grunde keine Rolle, da er nicht vorhatte, lange zu verweilen. Er trat nicht näher an den Mann auf dem Stuhl heran, sondern schloss leise die Tür und beobachtete ihn in aller Ruhe. Red hatte die Augen weit aufgerissen und zitterte wie Espenlaub. Sein schneller Atem war das einzige Geräusch in dem üppig eingerichteten Raum. Castor Bright konnte förmlich sehen, dass er Angst wie eine Hitzewelle ausstrahlte. Das war auch die Quelle des Gestanks. Glücklicherweise nicht mehr lange.
Die braunen Augen waren vor Schreck geweitet, aber dahinter lag noch immer ein hoffnungsvoller Schimmer. Das war bedauernswert, jedenfalls für Mr Red. Er würde gleich enttäuscht werden. Mr Bright war immer wieder überrascht, wie sehr die Hoffnung doch trügen konnte, und Red machte da keine Ausnahme. Vielleicht gehörte es zum Menschsein dazu und vielleicht war es die Hoffnung gewesen, die demjenigen Unterstützung verschafft hatte, der meinte, gegen ihn antreten zu müssen. Der Blick indie Konten hatte eindeutig ergeben, dass er all diejenigen angesprochen hatte, die zu sterben glaubten. Er schüttelte den Gedanken ab. Mr Bright war nie ein großer Philosoph gewesen und wollte jetzt sicher nicht mehr damit anfangen.
»Ich weiß, wer Ihr geheimnisvoller Partner ist. Wenn man weiß, wo man suchen muss, dauert es nicht lange, bis man fündig wird.«
»Wer? Wer ist es?«
»O nein.« Mr Bright bewegte seinen gepflegten Finger hin und her. »Ich glaube, das ist für Sie nicht mehr von Belang. Außerdem halte ich es nur für gerecht, wenn ich Sie im Ungewissen lasse.« Er lächelte, aber obwohl seine Augen funkelten, lag darin keine Belustigung.
»Angesichts dieser Entwicklung werden Sie verstehen, dass ich auf Ihre Dienste nicht mehr angewiesen bin. Ich glaube, es ist an der Zeit, unseren Vertrag zu beenden, Mr Asher Red. Ich baue auf Ihr Verständnis.«
Asher Red zuckte mit dem Mund, als wollte er Worte durch die zerschlagenen Zähne schieben.
»Ich werde mich beeilen müssen«, fuhr Mr Bright fort, »was uns sicher beiden entgegenkommt. In etwa einer Stunde habe ich eine Besprechung mit dem Architekten« – bei diesem privaten Scherz gestattete er sich eine Prise Humor – »auf der Baustelle des neuen Gebäudes und ich möchte nicht zu spät kommen. Bringen wir es also hinter uns, oder?«
Asher Red gab auf dem Stuhl ein wimmerndes Geräusch von sich, als er das letzte Quäntchen Hoffnung verlor. Dann wurde die Luft ganz still, als hielte auch
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