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Die Farben der Finsternis (German Edition)

Die Farben der Finsternis (German Edition)

Titel: Die Farben der Finsternis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Pinborough
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Einzimmerwohnungen mieten wollten. Die Tür würde nachgeben – es ging gar nicht anders. Cass packte die Mülltonne aus Metall, die in dem kleinen Vorgarten stand, kippte die schwarzen Mülltüten aus und benutzte die Tonne als Rammbock gegen die Holztür. Endlich zerbrach etwas. Er warf die Mülltonne weg, donnerte mit der Schulter in die Tür und taumelte in den Flur der Wohnung.
    »Rachel? Amanda?«
    Niemand antwortete, aber er hörte Kampfgeräusche aus dem zweiten Zimmer, das von dem schmalen Flur abging. Als er den Raum stürmte, heulten draußen die Sirenen der Streifenwagen, die endlich vorfuhren. Die beiden Mädchen lagen auf der Matratze. Rachel versuchte tapfer, Amandas Hand mit dem langen Brotmesser von ihrer Kehle und ihrem Körper fernzuhalten, während die mit ihrer freien Hand auf sie niederfuhr. Rachels linker Arm war böse verletzt und das Blut auf ihrem T-Shirt könnte auch noch von einer zweiten Wunde stammen. Die beiden jungen Frauen kämpften so erbittert, dass er es sich sparenkonnte, noch mal ihre Namen zu rufen. Stattdessen nahm er mit zusammengebissenen Zähnen kurz Anlauf und trat Amanda Kemble seitlich an den Kopf, nicht zu hart, aber auch keineswegs zu zart. Das Mädchen schrie auf und rollte zur Seite – die Augen im Schock weit aufgerissen. Rachel kroch von der Matratze und Cass sicherte das Messer, das Amanda fallen gelassen hatte. Hinter ihm stürmten plötzlich immer mehr Polizisten ins Zimmer.
    »Das ist Amanda Kemble. Verhaften Sie die Ratte. Und wo bleibt der Notarzt?«
    Er ging neben Rachel in die Hocke und warf einen prüfenden Blick auf ihren Arm. Sie schwitzten und keuchten. »Geht’s? Hat sie Sie nur am Arm getroffen?«
    »An der Seite auch, glaube ich«, antwortete sie. »Aber da habe ich genug Speck, das kann nicht so schlimm sein.« Obwohl sie Tränen in den Augen hatte, rang sie sich ein Lächeln ab, und Cass drückte sie sanft. Irgendwie erinnerte ihre Stärke ihn an Claire May – und genau wie Claire May hatten diese Kraft und der Glaube an die Gerechtigkeit sie in Gefahr gebracht. Immerhin war diese junge Frau lebend wieder herausgekommen. Um Haaresbreite.
    »Das haben Sie gut gemacht, Rachel.«
    Als die benommene Amanda unsanft hochgezogen wurde und ein Polizist ihr Handschellen anlegte, sagte Rachel: »Sie ist wahnsinnig, wirklich. Total verrückt.«
    »Davon gibt es heutzutage mehr, als man denkt.« Cass stand auf, als zwei Rettungssanitäter kamen. »Die beiden werden Sie ins Krankenhaus bringen. Ich lasse Sie von einer Polizistin begleiten. Ist das okay?«
    Rachel nickte, aber ihr Blick war voller Fragen. Cass fragte sich, ob dieser Charakterzug ihr in ihrem weiteren Leben mehr Fluch oder Segen sein würde. Vielleicht beides.
    Im Flur hörte er die zweite Nachricht auf seiner Mailbox ab. Perry Jordan hatte ihm mitgeteilt, wo Dr. Shearman arbeitete. Er war Direktor eines Forschungslabors auf der Milford Lane in der Stadtmitte. Cass knirschte mit den Zähnen. Wenn er seine letzte Chance nutzen wollte, etwas über die Nacht zu erfahren, in der Luke entführt worden war, musste er jetzt gehen. Gibbs und Powell waren tot – war Dr. Shearman vielleicht der nächste? Wichtiger noch: Was wäre, wenn er doch wegen des Mordes an Powell verfolgt wurde, obwohl er am Tatort so gründlich gewesen war? Die Zeit, um diese Spur zu verfolgen, lief ab, so oder so, und er musste das Beste daraus machen.
    Er trug den Polizisten, die zu seiner Verstärkung gekommen waren, auf, Rachel Honeys Eltern anzurufen und im Krankenhaus nach ihr zu sehen. Amanda sollte eine Weile in einer Zelle schmoren, bis er wieder im Revier eintraf. Schließlich brauchten sie nicht unbedingt ein Geständnis von ihr. Cage hatte ihnen alles gesagt, was sie brauchten, außerdem war sie gerade auf frischer Tat bei einem Mordversuch ertappt worden. Sie würde nirgends mehr hingehen.
    Cass stieg ins Auto, zündete sich eine Zigarette an und fuhr in die Stadt zurück. Es war an der Zeit, etwas über seine Familie herauszufinden.

    Nachdem er den Fluss überquert hatte, musste er quer durch die City, wenn er, ohne die Einbahnstraßen zu benutzen, zur Milford Lane kommen wollte. Als er mit quietschenden Bremsen vor dem Eingang der Encore Facilities anhielt, auf die nur eine diskrete Plakette hinwies, ließ er die Sirene auf dem Dach seines Audi. Es hätte ihm gerade noch gefehlt, abgeschleppt zu werden.Cass wollte gerade durch die Drehtür in die hell erleuchtete Empfangshalle gehen, als irgendetwas an dem

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