Die Farben der Finsternis (German Edition)
säubern.«
Der Mann zeigte sich nicht erstaunt, und als Mr Craven ihm folgte, wurde er immer wütender. Anscheinend war es allgemein bekannt, sogar unter den Lakaien, dass er noch immer die Gepflogenheiten seiner Jugend praktizierte. Gab es denn gar keine Geheimnisse mehr? War nichts heilig?
Mr Bellew und Mr Dublin waren bereits eingetroffen, als Mr Craven ankam. Seine nackten Füße klatschten auf den Marmorboden und das Geräusch sandte ein leises Echo über die gewölbten Mauern und Decken des alten Tunnels.
»Schon wieder nur wir vier?«, fragte er. »Wie süß.«
»Schön, dass Sie sich so herausgeputzt haben.« Mr Dublin war wie immer tadellos, aber lässig gekleidet und wirkte mit seiner ockerfarbenen Hose, dem beigefarbenen glatten Hemd und dem aschblonden Haar fast wie ein Geist.
»Jemand ist bei ihm«, sagte Mr Bellew. Er musterte Mr Craven von oben bis unten, ohne seinen Widerwillen zu verhehlen.
»Und wir sind dazu verdonnert, hier draußen zu warten?«, höhnte Mr Craven verkniffen. »Ist Mr Bright der Erste oder habe ich was verpasst?«
»Nur weil man Sie so offensichtlich bei Ihren Vergnügungen gestört hat, müssen Sie nicht das trotzige Kleinkind raushängen lassen.« Mr Bellew lehnte an einer Säule vor der aus dem Stein gehauenen Flügeltür, aber er ließ Mr Craven nicht aus den Augen. Keiner der drei nahm auf einem der vielen Sofas oder Lehnsessel Platz, die im Vorraum verteilt waren.
»Es passt nicht zu Ihnen, Mr Brights Partei zu ergreifen«, erwiderte Mr Craven.
»Ach, Sie beide, seien Sie doch bitte einfach still. Immer dieses Hickhack, wie in alten Zeiten.« Mr Dublin sah Mr Craven an. »Wir sind auch gerade erst gekommen; er weißnoch gar nicht, dass wir da sind. Deshalb dachten wir, wir könnten auch noch warten, bis Sie da sind. Und da wir jetzt vollzählig sind, Gentlemen, gehen wir doch am besten hinein, nicht wahr?«
Als sie ihre jeweiligen Plätze an den Kompasspunkten des Tisches einnahmen, sorgte ein kleiner Mann im hinteren Teil des Raums für Unruhe, indem er hin und her tigerte und die Hände rang.
»Was macht der denn hier?« Mr Craven richtete die Frage an Mr Bright. »Er gehört nicht zum Inneren Zirkel.«
»Wie es scheint, haben wir ein Problem.« Mr Bright schenkte vier Gläser Brandy ein. Dem besorgten Mann am anderen Ende bot er keinen Drink an. Dann drückte er auf eine silberne Fernbedienung, woraufhin hinter ihm ein Rollo hochgefahren wurde und ein großer Flachbildschirm auftauchte.
»Das sind Aufnahmen, die von der Sicherheitspolizei und der ATD im Rahmen der Videoüberwachung im Zusammenhang mit den Bombenanschlägen in London entdeckt wurden.« Bilder zuckten über den Bildschirm. Mr Bright drückte noch mal auf die Fernbedienung. »Und die hier stammen von den Attentaten in Moskau.«
Die Männer am Tisch starrten auf den Bildschirm, bis Mr Bright die Vorführung beendete.
»Ich würde sagen, unser Problem ist offensichtlich.« Er setzte sich und legte die Hände auf den Tisch.
»Aber das ist …« Mr Craven warf dem untersetzten rastlosen Mann, der gerade eine Ecke des Raums ansteuerte, einen Blick zu. »Wie konnte das passieren, DeVore?«, fragte er streng und vorwurfsvoll. »Wie konnte es entkommen?«
»Ich weiß es nicht.« Der Mann namens DeVore erschauerte sichtlich. »Ich verstehe es nicht.«
»Wie es entkommen ist, spielt fast keine Rolle«, mischte sich Mr Bellew ein. »Was tut es da?«
»Und hören Sie auf zu zittern.« Mr Dublin sah DeVore an. »Über diese Art von Angst sind wir erhaben. Sie sollten sich schämen. Reißen Sie sich zusammen und setzen Sie sich zu uns.«
DeVore gehorchte und setzte sich auf seinen angestammten Platz zwischen dem südlichen und dem westlichen Punkt, während Mr Bellew im Süden und Mr Dublin im Osten saßen. Er sackte auf den Stuhl.
»Wie konnte es passieren, dass Sie sein Verschwinden nicht bemerkt haben?«, fragte Mr Craven.
Obwohl es in dem Raum kalt war, glänzte DeVores Stirn vor Schweiß.
»Wir wissen, dass sie gerne an verschiedenen Orten gleichzeitig auftauchen«, antwortete Mr Bright an seiner Stelle, »das müssen wir fairerweise zugeben. Wir machen es uns andauernd zunutze. DeVore hat erst gemerkt, dass er nicht das Original hatte, als die Spiegelung heute Mittag verschwand. Zur selben Zeit starb der eigentliche Interventionist unter einer U-Bahn.«
»Und genau in dem Augenblick verschwand er auch aus der Gedankenkammer.«
»Überprüfen Sie sie nicht?« Mr Craven ließ nicht
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