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Die Farben der Freundschaft

Titel: Die Farben der Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linzi Glass
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allerdings ein Muss.
    Mein Vater verabscheute Rugby wegen seiner Brutalität, doch für viele Männer in Südafrika war es die höchste aller Sportarten. Ein Nationalsport, der von »echten Männern« betrieben wurde und von Jungen, die auf bestem Wege waren, ebensolche zu werden. Fünfzehn harte Burschen pro Team kämpften tretend und stoßend um den Besitz eines tränenförmigen schweinsledernen Balls, der am Gegner vorbei in dessen Malfeld befördert werden musste. Blutige Nasen, Prellungen und Knochenbrüche waren dabei an der Tagesordnung. Ich sah in diesem Sport einen modernen Zeitvertreib mit Anklängen an die Gladiatorenkämpfe längst vergangener Zeiten, bei denen Jungfrauen an den Seitenlinien der Arena standen und verzweifelt ihre Brüste umschlangen, wenn die tapferen Männer fielen.
    An unserer Schule galt bei Rugbyspielen allgemein Anwesenheitspflicht, ob man nun gern zuschaute oder nicht. Jeder Schüler wurde von den Vertrauensschülern namentlich aufgerufen, und danach betraten alle ordentlich in Reih und Glied das jeweilige Sportgelände, ob ein auswärtiges oder unser heimisches. Seit ich Vertrauensschüler war, hatte ich es nicht gewagt, auch nur ein einziges Spiel zu versäumen.
     
    Unsere Rugby-Schulmannschaft gehörte zu den besten der englischsprachigen Highschools. Mit Stolz trugen die Spieler unsere Schulfarben, rotbraun und golden. Imposant und strahlend machten unsere handverlesenen starken Jungs die Barnard-Highschool zu einer Macht, mit der man rechnen und die man auf dem Rugbyfeld fürchten musste. Selbstverständlich war Desmond einer der fünfzehn Auserwählten, er spielte auf der wichtigen Position des Gedrängehalbspielers. Normalerweise traten wir gegen andere englischsprachige Schulen an wie die King-Edwards-, die Marist-Brothers- und die Parktown-Highschool, und meistens siegten wir; gegen afrikaanssprachige Schulen, deren Mannschaften als starke Gegner berüchtigt waren, spielte unser Team eher selten.
    Neben der erzwungenen Trennung von Schwarzen und Weißen existierte eine fast ebenso scharfe Abgrenzung zwischen den afrikaans- und den englischsprechenden Weißen unseres Landes, nur war dies die Folge eines knapp achtzig Jahre zurückliegenden Krieges. Im Zweiten Burenkrieg von 1899 bis 1902 hatten Buren gegen Engländer um Territorien und die Ausrichtung des Staates gekämpft. Diese Feindschaft pflegten ihre Nachkommen noch immer – und das in unserem ohnehin durch die Rassentrennung so konfliktreichen Land.
     
    »Ein vertaner Freitagnachmittag, wenn du mich fragst«, brummte Vater auf der Fahrt durch Newberry Park, ein Viertel, das uns fremd war. Ab und zu warf er einen kurzen Blick auf die Schulbroschüre, in der der Weg zu der bekannten Privatschule Steunmekaar, einer afrikaanssprachigen Highschool, beschrieben war.
    »Das gehört eben zum Schulleben dazu, und ich kann mich nicht einfach drücken, erst recht nicht als Vertrauensschülerin.« Ich spielte an meinem Elefantenhaar-Armband herum, das mir Thandi bei meinem letzten Besuch in der Galerie geschenkt hatte.
    »Steunmekaar … das bedeutet: einander helfen, füreinander da sein«, sagte Vater und fuhr zwischen den massigen Backsteinpfosten hindurch, die den Zugang zum Schulgelände markierten. »Aber helfen tun die sich nur untereinander .«
    Vor dem Eingang der Sporthalle, wo sich die Schüler unserer Schule vor Spielbeginn treffen sollten, brachte er den Wagen zum Stehen.
    »Es muss doch auch Afrikaander geben, die nicht so sind«, sagte ich und schnappte mir meinen Rucksack vom Rücksitz des blank gewienerten Citroëns.
    »Lass es mich wissen, wenn du einen triffst, Ruby.« Die Verbitterung in seiner Stimme war nicht zu überhören. Ich beugte mich durch das Fenster der Fahrerseite, und Vater küsste mich zum Abschied auf die Wange. Für einen Wintertag war der Nachmittag angenehm warm, und ich war froh, dass ich meine dicke Jacke zu Hause gelassen hatte. Ich heftete mein Vertrauensschüler-Abzeichen neben den V-Ausschnitt des rotbraunen Pullis, den ich über meinem blauen Schulkleid trug.
    Es war ein komisches Gefühl, dass überall um mich herum Afrikaans gesprochen wurde. Obwohl ich es seit der Grundschule lernte, hatte ich es noch nie von so vielen Menschen auf einmal sprechen hören. Ich hatte zwar ein A in Afrikaans, aber die Satzfetzen, die ich hier und da auf meinem Weg zur Zuschauertribüne aufschnappte, wurden so schnell gesprochen und wimmelten nur so von Kehllauten, dass ich höchstens jedes zweite

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