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Die Farben der Freundschaft

Titel: Die Farben der Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linzi Glass
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die mich als eine der Ihren auswies. Wie würde man mich behandeln, wenn ich in dem rotbraun-goldenen Blazer meiner englischen Schule mit Loretta nach Hause ginge? Waren es unsere Farben, die uns Türen öffneten oder schlossen?
    »Ruby«, sagte Loretta schüchtern, »wie ist eure Schule so?«
    »Im Wesentlichen wie eure . Nur rotbraun-golden.«
    Sie sah mich fragend an. »Oh, nicht so viel anders?«
    »Nein. Gar nicht viel anders.«
    Loretta wartete mit mir, bis uns die Scheinwerferlichter von Vaters Wagen erfassten. Er sah, wie ich von der Mauer sprang, Loretta ihren Schulblazer zurückgab und sie zum Abschied umarmte. Ich hatte ihr angeboten, zusammen mit ihr weiter zu warten, aber sie meinte, ihr Vater komme immer zu spät und das Alleinsein mache ihr nichts aus, sie sei daran gewöhnt. In der halben Stunde, die wir etwa zusammen auf der Mauer gesessen hatten, waren wir zunächst zwischen Englisch und Afrikaans hin- und hergesprungen, doch am Ende bastelten wir unsere Sätze munter aus Bestandteilen beider Sprachen zusammen. Unsere Unterhaltung klappte problemlos, nachdem wir dieses Sprachengemisch für uns entdeckt hatten.
    Loretta und ich tauschten Telefonnummern aus, und als ich feststellte, wie weit wir auseinanderwohnten, lächelte sie ihr warmes offenes Lächeln und sagte schlicht: »’n Boer maak ’n plan.«
    Ich verstand den Satz nicht ganz und grübelte darüber nach, während ich in Vaters warmen Wagen stieg. Als wir an Loretta vorüberfuhren, winkte ich ihr noch einmal zum Abschied. Sie saß mit baumelnden Beinen auf der Mauer. Ich wollte Vater erzählen, wie mir Loretta ihre Jacke angeboten und wie aufrichtig sie sich für mein Leben interessiert hatte. Er sollte wissen, dass sich Afrikaander eben nicht nur untereinander halfen, aber dann sprudelte in einem einzigen Atemzug aus mir heraus: »Ich habe eine Afrikaanderin getroffen, die nicht so ist!«

8
    FAST genau einen Monat nach dem Tsotsie -Überfall hielt Julian zum ersten Mal wieder einen Pinsel in der Hand.
    In den Wochen davor hatte er mir sehnsüchtig von dem süßlich kräftigen Bier vorgeschwärmt, das in der Shebeen in Soweto ausgeschenkt wurde und das er dem hellen Lion-Lagerbier vorzog, das Vater ihm eisgekühlt und schäumend in großen Krügen vorsetzte. Da Julian in dieser Zeit nicht viel machen konnte, saßen die beiden Männer an den Spätnachmittagen, wenn Vater aus seinem Büro zurückkam, im Arbeitszimmer und unterhielten sich. Manchmal schlüpfte ich leise in das kühle, mit Perserteppichen ausgelegte Zimmer und hörte ihnen zu.
    Ihre Gespräche kreisten um die unterschiedlichsten Themen, und oft hatte ich, wenn ich den Raum verließ, etwas Neues erfahren. Eine ganz bestimmte Unterhaltung verwirrte mich und ging mir noch lange durch den Kopf.
    Sie begann ziemlich belanglos.
    »Wie war Ihr Tag, Sir?«, erkundigte sich Julian. Er sprach Vater hartnäckig mit »Sir« an, wie oft Vater ihn auch bat, ihn beim Vornamen zu nennen.
    »David.« Vater legte die Beine auf seinen Schreibtisch, lehnte sich auf seinem Polstersessel zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Mein Tag war … lang. Und frustrierend.«
    »Und warum, Sir?« Julian nahm einen tiefen Schluck von dem Bier, und ich setzte mich auf die Armlehne seines Sessels.
    »Ich schwimme als kleiner Hecht mühsam gegen den Strom, und zwar in rauen tückischen Gewässern, in denen sich scharenweise Haie tummeln.« Vater seufzte.
    »Die Sicherheitspolizei, oder?« Mit dem Handrücken wischte sich Julian den Schaum ab, der an seiner Oberlippe hängen geblieben war.
    »Sie haben überall Spitzel, meist verängstigte Bewohner von Soweto, denen sie mit dem Tod drohen, wenn sie ihnen keine Informationen liefern.« Vater fuhr sich mit den Fingern durch sein zerzaustes Haar. »Gerade haben sie einen der besten Männer der Untergrundbewegung verhaftet. Malufa.«
    »Ich habe von ihm gehört.« Vorsichtig stellte Julian seinen Bierkrug auf das antike Tischchen neben sich.
    »Eine Schande! Der Hinweis kam von einer seiner Nachbarinnen. Man hat ihr gedroht, sie werde ihre Kinder und den Job verlieren, wenn sie ihnen nicht alles genau berichtet, was bis in die frühen Morgenstunden hinein in Malufas Hütte vor sich geht.« Vater seufzte noch einmal und rieb sich über die Falte zwischen seinen Augenbrauen. »Er sollte als künftiger Wortführer für den Wandel aufgebaut werden.«
    »Wir sind nicht bereit für Veränderung«, sagte Julian leise.
    »Nicht bereit? Das ist absurd!«

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