Die Farben der Magie
mir nicht.«
»Reg dich ab, Stren!« Ymor grinste. »Es besteht kein Anlaß zur Sorge.« Der zweitgrößte Dieb schnaubte abfällig und verließ das Zimmer, um seine Leute zu schikanieren. Ymor beobachtete weiterhin den Touristen.
Seltsam: Der kleine Kerl schien überhaupt nicht zu begreifen, in welcher Lage er sich befand. Ymor hatte mehrmals gesehen, wie er durchs Zimmer schritt und dabei sehr zufrieden wirkte. Schon seit einer halben Ewigkeit sprach er mit Breitmann, und nun wechselte ein Zettel den Besitzer – woraufhin der Wirt dem Fremden einige Münzen gab. Höchst sonderbar.
Als Breitmann aufstand und an Ymors Stuhl vorbeiwatschelte, schoß der Arm des Diebesherrn wie eine Stahlfeder vor und hielt den Dicken an der Schürze fest.
»Was hat das alles zu bedeuten?« fragte Ymor leise.
»N-nichts weiter. Eine private Angelegenheit.«
»Freunde sollten keine Geheimnisse voreinander haben, Breitmann.«
»Ja, äh, nun, eigentlich bin ich selbst nicht ganz sicher«, erwiderte der Wirt nervös. »Es ist eine Art Wette. Man nennt so etwas Fähr-sicher-ungen. Wir haben, äh, gewettet, daß die Gebrochene Trommel nicht niederbrennt.« Ymor hielt den Blick des Dicken fest, bis Breitmann aus Furcht und Verlegenheit zu zittern begann. Dann lachte der Diebesherr. »Meinst du den wurmstichigen alten Zunderhaufen?« erkundigte er sich. »Der Bursche muß verrückt sein.«
»Ja, aber er ist ein Verrückter mit viel Geld. Er erklärte mir folgendes: Jetzt, da er die – ich weiß nicht mehr wie das Wort heißt, aber es beginnt mit Prä; es handelt sich gewissermaßen um den Einsatz – bekommen hat, sind seine Vorgesetzten im Achatenen Reich dazu verpflichtet, für ihn zu bezahlen. Falls die Gebrochene Trommel zu Asche verbrennt. Was ich natürlich nicht hoffe. Daß sie in Flammen aufgeht, meine ich. Die Gebrochene Trommel. Ich meine, sie ist wie ein Heim für mich, die Trommel…«
»Eigentlich bist du gar nicht so dumm, wie?« Ymor stieß den Wirt von sich.
Die Tür flog auf und prallte an die Wand.
»He, das ist meine Tür!« ereiferte sich Breitmann. Dann sah er, wer auf der Treppe stand – und duckte sich gerade noch rechtzeitig hinter einen Tisch, um einem schwarzen Pfeil zu entgehen. Das Geschoß raste über ihn hinweg und bohrte sich hinter ihm in fleckiges Holz.
Ymor hob vorsichtig die Hand und schenkte Bier nach.
»Setz dich zu uns, Zlorf«, sagte er ruhig. »Und steck das Schwert ein, Stren. Zlorf Flanellfuß ist ein Freund von uns.«
Das Oberhaupt der Gilde der Meuchelmörder drehte geschickt sein kurzes Blasrohr und schob es mit einer geschmeidigen Bewegung ins Halfter.
»Stren!« knurrte Ymor.
Der schwarzgekleidete Dieb zischte und ließ sein Schwert in die Scheide gleiten. Doch Withels recht Hand verharrte auf dem Heft, und er behielt den Meuchelmörder mißtrauisch im Auge.
Was ihm nicht sehr leicht fiel. Die Mitglieder der Gilde der Meuchelmörder wurden aufgrund von Auswahlprüfungen befördert, wobei dem praktischen Teil eine besondere, eigentlich sogar die einzige Bedeutung zukam. Aus diesem Grund bestand Zlorfs breites Gesicht überwiegend aus Narben – die unmittelbare Folge vieler direkter Begegnungen mit Konkurrenten und Rivalen. Wahrscheinlich war es nie sehr ansehnlich gewesen. Es hieß, daß Zlorf deshalb einen Beruf gewählt hatte, der dunkle Kapuzen, schwarze Mäntel und nächtliche Streifzüge erforderte, weil in seinen Adern auch das Blut von Trollen floß, die sich vor dem Tageslicht fürchteten. Wer so etwas in Zlorfs Hörweite behauptete, durfte seine Ohren anschließend im Hut nach Hause tragen.
Der Meuchelmörder schlenderte die Treppe herunter, gefolgt von einigen anderen Halsabschneidern. Direkt vor Ymor verharrte er und sagte: »Ich bin gekommen, um den Touristen zu holen.«
»Glaubst du wirklich, er geht dich etwas an, Zlorf?«
»Ja. Grinjo, Urmond – packt ihn!«
Zwei Meuchler näherten sich. Stren versperrte ihnen den Weg, und sein Schwert schien einen Zentimeter vor ihren Kehlen zu materialisieren, ohne vorher die Luft zwischen ihm und den beiden Männern zu durchdringen.
»Wahrscheinlich kann ich nur einen von euch töten«, grollte er. »Aber fragt euch selbst: Wer von euch muß dran glauben?«
»Sieh mal nach oben Zlorf!« schlug Ymor vor.
Mehrere gelbe, unheilvoll blickende Augen starrten von den Dachsparren herab.
»Noch ein Schritt, und du verläßt diesen Raum mit weniger Augen, als du hereingetragen hast«, verkündete der Diebesherr. »Setz dich und
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