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Die Farben der Magie

Die Farben der Magie

Titel: Die Farben der Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Weise, ebenso wie die vierte. Nummer Drei fiel auf ihre Kante und zitterte, weigerte sich jedoch, zur einen oder anderen Seite zu kippen. Die fünfte verwandelte sich in eine gelbe Raupe und kroch fort. Die sechste verschwand mit einem lauten Ploing, als sie den höchsten Punkt ihrer Flugbahn erreichte. Kurz darauf donnerte es.
    »He, die war aus Silber!« rief Hrun, stand auf und blickte nach oben. »Bring sie zurück!«
    »Ich weiß überhaupt nicht, wo sie sich jetzt befindet«, erwiderte Rincewind müde. »Wahrscheinlich beschleunigt sie noch immer. Die Münzen, mit denen ich heute morgen experimentiert habe, kamen nicht wieder herunter.«
    Hrun sah noch immer gen Himmel.
»Was?« fragte Zweiblum.
Rincewind seufzte. Dies hatte er gefürchtet.
»Wir sind hier in einem Gebiet mit hohem magischem Index«, sagte er.
    »Fragt mich bitte nicht nach dem Grund. Irgendwann einmal muß hier ein sehr starkes thaumaturgisches Kraftfeld entstanden sein, und wir fühlen die Nachwirkungen.«
    »Genau«, bestätigte ein vorbeiwandernder Strauch.
Hruns Kopf ruckte nach unten und zur Seite.
    »Soll das heißen, dies ist einer jener Orte?« erkundigte er sich. »Dann sollten wir ihn sofort verlassen.«
    »Ganz meine Meinung.« Rincewind nickte. »Wenn wir denselben Weg zurückkehren, schaffen wir es vielleicht. Wir können nach jeweils einer Meile anhalten und eine Münze werfen.«
    Er stand auf und begann sein Zeug in den Satteltaschen zu verstauen. »Was?« wiederholte Zweiblum.
Rincewind wandte sich zu ihm um. »Verlang jetzt bitte keine langen Erklärungen. Komm einfach mit.«
»Aber hier scheint doch alles in Ordnung zu sein«, meinte der Tourist. »Dieses Gebiet ist nur ein wenig unterbevölkert…«
    »Ja«, brummte Rincewind. »Seltsam, nicht wahr? Komm jetzt.«
    Hoch über ihnen erklang ein Geräusch – es hörte sich an wie ein Lederriemen, mit dem jemand auf feuchten Stein schlug. Etwas Gläsernes und Undeutliches sauste über Rincewinds Kopf hinweg und wirbelte Asche an der Feuerstelle auf. Die Reste eines Wildschweins lösten sich vom Spieß und rasten davon.
    Sie neigten sich zur Seite, um einigen Bäumen auszuweichen, flogen dann eine enge Schleife, nahmen mittwärtigen Kurs und ließen einen Schweif aus heißen Fetttropfen zurück.

    » W as tun sie jetzt?« fragte der alte Mann. Die junge Frau blickte in die Kristallkugel. »Sie reiten randwärts und haben es offenbar sehr eilig«, antwortete sie. »Übrigens: Die Truhe mit den Beinen folgt ihnen noch immer.«
    Der alte Mann lachte leise – ein eigenartiges, beunruhigendes Geräusch in der dunklen staubigen Gruft. »Intelligentes Birnbaumholz«, murmelte er. »Bemerkenswert. Ja, ich glaube, wir holen uns die Kiste. Bitte kümmere dich darum, meine Liebe – bevor die Fremden aus dem Einflußbereich deiner Macht entkommen.«
    »Schweig! Oder…«
    »Oder was, Liessa?« fragte der Alte. Er saß auf einem steinernen Stuhl, und das matte Licht gab seiner Haltung etwas Sonderbares. »Du hast mich schon einmal getötet, erinnerst du dich?«
    Die junge Frau schnaubte abfällig, erhob sich und warf verächtlich das Haar zurück. Es glänzte rot, und an einigen Stellen zeigten sich blonde Strähnen. Aufgerichtet bot Liessa Wyrmgebieter einen beeindruckenden Anblick. Sie war fast nackt, abgesehen von einigen dünnen Streifen Kettenhemd und Reitstiefeln aus schimmernder Drachenhaut. In einem davon steckte eine ungewöhnliche Reitpeitsche: Sie war fast so lang wie ein Speer, und ihre Spitze wies kleine stählerne Stacheln auf.
    »Meine Macht genügt bestimmt«, sagte sie kühl.
    Die undeutliche Gestalt nickte oder wackelte zumindest. »Das behauptest du immer wieder«, sagte der Alte. Liessa schnaubte erneut und verließ die Kammer.
    Der Vater sah seiner Tochter nicht nach. Es hätte ihm ohnehin einige Probleme bereitet – er war inzwischen seit drei Monaten tot, und deshalb ließ der Zustand seiner Augen eher zu wünschen übrig. Hinzu kam folgendes: Als (wenn auch toter) Zauberer der fünfzehnten Stufe hatten sich seine Sehnerven längst daran gewöhnt, in Sphären und Dimensionen zu blicken, die mit der normalen Realität kaum in Verbindung standen, und aus diesem Grund eigneten sie sich nicht besonders gut dafür, das rein Weltliche zu beobachten. (Früher hatten andere Leute des öfteren den Eindruck gewonnen, daß seine Pupillen achteckig waren und an die Facettenaugen von Insekten erinnerten.) Außerdem: Da er jetzt in der schmalen Nische zwischen der Welt der

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